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Die Maya Priesterin

Die Maya Priesterin

Titel: Die Maya Priesterin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Gößling
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durchdrangen?
    Drei Schritte vor ihm glitt Julkin durch den Gan g . Wi e seine Augen gestrahlt hatten, als sie vorhin auf der Straße fast zusammengestoße n war e n . Da s wa r siche r kein e zuf ä llige Begegnung , dacht e Dieg o . De r jung e Bücherprieste r stellt e ihm regelrecht nac h . Di e Begeisterun g i n seine n Auge n . Di e Gier, mi t de r e r jede s Wort , jed e Gest e de s Pferdegottpriesters aufzusaugen schie n . Unheimlich , dacht e D i eg o . Doch zugleich erinnerte ihn Julkin immer wieder an seine eigene Novizenzeit. Wi e seh r hätt e e r sic h damal s eine n Vertraute n gewünscht . Eine n Prieste r ode r Mönch , älte r al s e r selbst , de r ih m den rechte n We g gewiese n hätte . Durc h di e Wüste n seine r Zwe i fel, die Sümpfe der Begierden, die Nebel der Unwissenheit. Nun schie n Julki n i n ihm , de m ältere n Priester , eine n solchen Leitstern zu sehe n . Abe r waru m gerad e i n ihm ? Waru m nich t in Ajna'a t j u'um, dem obersten Priester des Kultes, dem er selbst angehörte?
    H inter Julkin trat er aus dem Gang zwischen den Steinregale n . Ei n weite r Raum , erfüll t vo n feierliche r Stille . Luke n i n den Wände n ließe n gedämpfte s Tageslich t ei n . A n niedere n Tischen saße n Dutzend e Schreibe r i n jadegrüne n Gewändern , Federkiele i n de n Hän d en , übe r Schriftrolle n gebeug t . Becher und Schalen stande n au f de n T i s c hen , mi t leuchtende n Tinkture n gefüllt . Weiter e Bücherprieste r saße n au f Sessel n ode r lage n au f Matten a m Bode n . Bedächti g wendete n si e di e Seite n ihre r Faltbücher, di e mi t bunte n Zeic h en und Bildnissen bedeckt ware n . Außer de m Kratze n de r Federn , de m Wende n de r Blätte r und gelegentlichem Räuspern eines Priesters war kein Laut zu höre n . Bi s Ajna'a t j u'u m sic h au s seine m Sesse l erhob .
    De r oberst e Bücherprieste r thront e au f eine m Podes t übe r den Schreiber n un d Leser n . Schnaufen d stemmt e e r sic h vo n seinem Thron empor, einem prachtvollen Schnitzwerk mit Intarsien aus Jade .
    Sei n Bauc h wogt e unte r de r Robe , al s e r di e Stufe n von seine m Podes t hinabschritt . »Di e Götte r möge n Euc h erleuchten, Br u der Pferd.«
    »Di e Götte r seie n mi t Euch , Brude r Buc h .« Di e Götte r und di e Göttinne n . Unbeholfen erwiderte Diego die Gebärde des Bücherpriesters . Di e Händ e vo r de r Brus t zusammengelegt , den Kop f wei t zurückgebeugt .
    Lang e verharrt e Ajna'a t j u'u m i n de r fromme n Gebärde. Diegos Nackenmuskeln begannen zu schmerze n . Er unterdrückte einen Seufzer. Notfalls , dacht e er , würd e e r noch ganz andere Verrenkungen auf sich nehme n . Sic h beispielsweise au f all e vier e niederlasse n wi e da s göttlich e Pferd , desse n Kult e r verkör perte. E r mußt e da s Vertraue n de s obersten Bücherpriester s gewinnen , u m jede n Prei s . Nur wenn er freien Zugan g z u seine r Satansbibliothe k erhielt , konnt e e r hoffen , das Schriftstüc k z u finden , vo n de m sei n Lebe n abhin g . Einen heilige n Tex t de r Maya , de r b e i geschmeidiger Auslegung bewies , da ß di e Götte r unte r gewisse n Umstände n vo n ihrer Forderun g absehe n würden , ei n Neue s Reic h z u errichte n .
    Unte r welche n Umständen ? Nun , da s würd e sic h zeige n . Als katholische r Prieste r verstan d e r sic h zumindes t au f die s i nnreich e Auslegun g heilige r Texte . E s wa r da s einzige Handwerk , da s e r wirklic h gelern t hatte . Di e Frag e wa r nur , ob e s i n diese m Teufelsarchi v überhaup t ei n Schriftstüc k gab , das sic h fü r seine n Pla n verwende n ließ . Un d o b e s ih m gelingen würde , diese n T e x t z u finden , eh e di e vo n de n Götter n gesetzte Fris t verstriche n war . Noc h f ü nfunddreißi g Tag e . Eigentlic h nur noch achtundzwanzig. Spätestens dann würden die Boten der Gesandtschaft mit der furchtbaren Nachricht zurückkehre n . Tausende weißer Männer, bewa f fne t mi t Flinte n un d Kanonen, versperrte n de n Zugan g zu r Stätt e de s Neue n Reichs .
    Endlic h lie ß Ajna'a t j u'um Kopf und Hände wieder sinke n . Der Pferdegottpriester tat es ihm nac h . »Verzeih t meine Wißbegierde, Bruder Buc h .« Verstohlen rieb er sich den Nacke n . »Nirgendw o fan d ic h jemal s solch e Schätz e der Weishei t aufgehäuf t wi e hie r . I n keine r de r Welten , i n di e mich di e Götte r bishe r entsandte n .«
    Julki n war f ih m eine n begeisterte n Blic k z u . De r oberste

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