Die McDermotts 01 - Niemals
konnte. Wir haben miteinander geschlafen und ein paar Tage später haben sie und Adrian sich getrennt. Er weiß bis heute nicht, was damals passiert ist, ich habe nie den Mut aufgebracht, es ihm zu sagen. Ich war gerade einundzwanzig, ich war jung und dumm, aber mir war durchaus bewusst, was ich da tue. Ich war zu dem Zeitpunkt schon genau der gleiche Scheißkerl, der ich immer noch bin.«
Er klang so unendlich traurig und gequält, dass ihr die Tränen in die Augen stiegen.
»Callan, das ist lange her. Ich bin mir sicher, dass du so etwas nicht noch einmal tun würdest.«
»Nein, ganz bestimmt nicht, da hast du recht. Ich schlafe lieber mit Frauen, die ich nicht kenne und deren Männer ich nicht kenne, das bekommt meinem Gewissen besser«, sagte er zynisch.
Sie drehte sich ein Stück zu ihm um, schaute ihn prüfend an. »Mich kanntest du, und du hast trotzdem mit mir geschlafen.«
»Ja, das habe ich und es war ein großer Fehler. Ich begehre dich wie keine andere Frau zuvor, und es ist mit dir so schön, wie ich es noch nie erlebt habe, doch ich hätte das nicht tun dürfen. Das war der Anfang vom Ende.«
»Wovor hast du solche Angst?«, fragte sie leise. »Du hast mir jetzt alles erzählt und ich bin immer noch hier, ich bin nicht schreiend davongelaufen.«
Er stupste ihr liebevoll mit dem Zeigefinger auf die Nase. »Ich weiß, dass du mich liebst, Sprosse«, sagte er zärtlich. »Aber manchmal ist das nicht genug, du wirst mit mir nur unglücklich werden und das will ich nicht. Es würde nicht gut gehen, niemals.«
Einen Augenblick schaute sie ihn schweigend an, dachte an das Kind in ihrem Bauch, dachte daran, wie sehr sie ihn liebte. Dann dachte sie an ihr Versprechen vom Vorabend und nickte resigniert. »In Ordnung McDermott. Da du ja offenbar nach wie vor davon überzeugt bist, das Ende unserer Geschichte bereits zu kennen, werde ich jetzt wie versprochen gehen.«
Sie stand auf, ging ins Haus, zog sich an, kehrte wieder zurück und betrachtete ihn einen Moment, wie er reglos auf der Treppe saß. Es kostete sie alle Kraft, ihm nicht um den Hals zu fallen und ihn anzuflehen, seine Meinung zu ändern.
Mit mühsamer Beherrschung beugte sie sich zu ihm, küsste ihn sanft auf die Wange. »Vielleicht hast du recht, vielleicht ist Liebe nicht genug, zumindest nicht ausreichend, als dass du bereit wärst, es zu versuchen.«
Sie wandte sich ab, lief ein paar Schritte den Weg entlang, drehte sich dann noch einmal um. Sekundenlang glaubte sie, Tränen in seinen Augen glitzern zu sehen. Doch es war sicher nur die Reflexion des Sonnenlichts und so lächelte sie ihm zu. »Machs gut McDermott, ich werde dich nie vergessen.«
Hastig eilte sie davon, war keine Minute später um die Wegbiegung verschwunden.
»Ich dich auch nicht, Sprosse«, flüsterte er mit brüchiger Stimme und wischte sich mit dem Handrücken über die Augen, »niemals.«
39
Irgendwie hatte Joyce es geschafft, die Strecke zur Ranch zurückzulegen. Blind vor Tränen war sie über die staubigen Wege gefahren, ohne wirklich zu registrieren, wo sie sich überhaupt befand. Als das Haus in Sichtweite kam, stoppte sie einen Moment und trocknete sich das Gesicht ab. Zwar war ihr klar, dass ihre Großmutter sie mit Fragen bestürmen würde, doch weder die Gäste noch die Männer mussten sie so aufgelöst sehen. Langsam legte sie die letzten Meter zurück, stellte den Wagen ab und ging ins Haus.
Drinnen war alles ruhig, von Rose war weit und breit keine Spur. Rasch nahm Joyce den Hörer vom Telefon und wählte die Nummer der Fluggesellschaft, um sich ein Ticket für die nächste Maschine nach New York zu reservieren. Sie wusste genau, dass sie es nicht tun würde, wenn sie zu lange wartete, also war es besser, das gleich zu erledigen.
Die heutigen Flüge vom San Antonio International Airport waren alle ausgebucht. Nach längerem Herumtelefonieren gelang es ihr, einen Platz in einer kleinen Chartermaschine zu ergattern, die in vier Stunden vom Crystal City Municipal Airport startete.
Gut, dachte sie traurig, dann bleibt mir nicht viel Zeit, zu überlegen. Entschlossen betrat sie ihr Zimmer, nahm den Koffer vom Schrank und begann, ihre Sachen einzupacken.
»Du willst also gehen«, hörte sie auf einmal Roses Stimme hinter sich.
Sie drehte sich um. »Ja«, nickte sie, »ja, ich fliege nach Hause.«
Rose warf einen Blick auf ihr blasses Gesicht und die rot geränderten Augen. »Soll ich meinen Colt nehmen und ihn erschießen?«
Trotz ihrer Verzweiflung
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