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Die Mechanik des Herzens: Roman (German Edition)

Die Mechanik des Herzens: Roman (German Edition)

Titel: Die Mechanik des Herzens: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mathias Malzieu
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ein schnurrbärtiges Kind.
    »Mach dir keine Sorgen, dein Uhrwerk läuft wie geschmiert. Was willst du denn über die Liebe wissen?«
    »Also, es ist so: Doktor Madeleine, die mir die Uhr eingesetzt hat, sagt, mein zusammengeflicktes Herz sei zu schwach für die Liebe. Sie ist davon überzeugt, dass es einen so schweren emotionalen Schock nicht überstehen würde.«
    »Ach ja? So so …«
    Er kneift die Augen zusammen und reibt sich das Kinn.
    »Das sagt sie also … Aber du musst ihr ja nicht glauben, oder?«
    »Nein, das muss ich nicht. Aber als ich der kleinen Sängerin zum ersten Mal begegnet bin, war es, als würde meine Uhr von einem schweren Erdbeben erschüttert. Die Zahnräder ächzten und knirschten, die Zeiger drehten sich immer schneller, ich bekam keine Luft mehr, mir schwirrte der Kopf, alles geriet aus dem Takt.«
    »Und, hat es dir gefallen?«
    »Es war großartig!«
    »Aha! Und dann?«
    »Dann bekam ich es mit der Angst zu tun. Ich befürchtete, Madeleine könnte doch recht haben.«
    Georges Méliès nickt wissend und streicht sich über den Schnurrbart. Er wählt seine Worte wie ein Chirurg das Besteck.
    »Je mehr Angst du davor hast, dich zu verletzen, desto wahrscheinlicher wirst du dich verletzen oder verletzt werden. Nimm nur mal die Seiltänzer im Zirkus. Glaubst du etwa, sie denken oben auf dem Drahtseil daran, dass sie in die Tiefe stürzen könnten? Nein, sie nehmen das Risiko in Kauf und genießen das berauschende Gefühl, der Gefahr zu trotzen. Wenn du dein Leben lang allen Gefahren aus dem Weg gehst, um dich ja nicht zu verletzen, wirst du dich schrecklich langweilen. Es gibt nichts Aufregenderes, als unvorsichtig zu sein! Siehst du! Ich sage ›unvorsichtig‹, und deine Augen leuchten! Ja, ja! Wenn jemand mit vierzehn Jahren beschließt, quer durch Europa zu reisen, um nach einem Mädchen zu suchen, das seit Jahren verschwunden ist, dann hat dieser Jemand einen gewissen Hang zur Unvorsichtigkeit, meinst du nicht?«
    »Schon. Aber gibt es nicht irgendeinen Trick, mit dem ich mein Herz stärker machen kann? Einen Zaubertrick?«
    »Sicher! Hör mir gut zu. Bist du bereit? Also: Um die Frau deiner Träume zu verzaubern, musst du dich auf dein eigenes Herz verlassen. Nicht auf die Uhr, die man dir bei der Geburt eingepflanzt hat, sondern auf dein echtes Herz, dein Herz aus Fleisch und Blut. Auf dieses Herz musst du hören. Vergiss deine mechanischen Probleme, dann verlieren sie von selbst an Bedeutung. Sei unvorsichtig! Wenn du liebst, musst du bedingungslos lieben. Du musst dich ganz und gar hingeben!«
    Méliès hat eine ausdrucksstarke Mimik, sämtliche Muskeln sind in Bewegung, wenn er spricht. Und wie bei einer Katze scheint sein Schnurrbart direkt mit seinem Lächeln verbunden zu sein.
    »Es klappt natürlich nicht immer, eine Garantie gibt es nicht. Leider. Ich selbst scheiterte vor Kurzem mit diesem Zaubertrick bei der Frau, die ich für die Liebe meines Lebens hielt. Kein Trick funktioniert immer.«
    Großartig! Da erteilt mir der geniale Zauberkünstler erst eine Lektion in Liebesmagie, nur um mir dann zu sagen, dass ihm sein Trick beim letzten Versuch misslungen ist. Aber seine Worte und das Herumschrauben an meinem Uhrwerk tun mir trotzdem gut. Er ist feinfühlig und kann zuhören. Und er scheint sich mit Menschen auszukennen. Vielleicht hat er die Mechanik der menschlichen Psyche durchschaut. Wir unterhalten uns stundenlang, wie alte Freunde.
    »Ich sollte ein Buch über dich schreiben, mittlerweile kenne ich deine Lebensgeschichte so gut wie meine eigene«, sagt Méliès irgendwann.
    »Warum nicht? Aber wenn Sie wissen wollen, wie die Geschichte ausgeht, müssen Sie mich nach Andalusien begleiten!«
    »Glaub mir, das Letzte, was du auf deiner romantischen Pilgerreise brauchst, ist ein depressiver Zauberkünstler.«
    »Ich würde mich sehr freuen, wenn Sie mitkämen.«
    »Aber sei gewarnt: Ich schaffe es sogar, Wunder zum Scheitern zu bringen.«
    »Sie übertreiben.«
    »Ich werde eine Nacht darüber schlafen, abgemacht?«
    »Abgemacht.«
    Als fahles Morgenlicht durch die Fensterläden von Georges Méliès’ Werkstatt sickert, dringt plötzlich lautes Geschrei an meine Ohren: » ¡Andalucia! ¡Anda! ¡Andalucia! ¡Anda! ¡AndaaaaAAAH! «
    Ein Irrer im Schlafanzug, der geradewegs einer Oper entsprungen zu sein scheint, stürzt auf mich zu.
    »Abgemacht, kleiner Mann. Ich muss aufbrechen, und zwar im buchstäblichen wie im übertragenen Sinn. Ich kann nicht ewig in Melancholie

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