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Die meerblauen Schuhe meines Onkels Cash Daddy

Die meerblauen Schuhe meines Onkels Cash Daddy

Titel: Die meerblauen Schuhe meines Onkels Cash Daddy Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adaobi Tricia Nwaubani
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musste. Es wäre nett gewesen, die ganzen verrückten Geschichten auszutesten, die Cash Daddy vom Rotlichtviertel in Amsterdam erzählt hatte.
    Nachdem ich in Amsterdam im Hotel eingecheckt hatte, traf ich meine Partner in einem Café in der Nähe. Der eine wie der andere hätte jener Typ namens Jude sein können, der mit Mister Hooverson kommuniziert hatte.
    Sie lachten, als ich meinen Mantel nicht ablegen wollte.
    »Du hättest einen leichteren Mantel anziehen sollen«, sagte Amuche. »Der, den du anhast, ist nur für den tiefsten Winter gedacht.«
    »Wer dich sieht, weiß sofort, dass du gerade frisch vom Boot gekommen bist«, fügte Obideozor hinzu.
    »Ich glaube, ihr könnt euch gar nicht vorstellen, was ich hier durchmache«, sagte ich und schlotterte.
    Beide Männer wollten sich ausschütten vor Lachen.
    Nach lebenslangem Schwitzen in der brennenden Hitze des tropischen Westafrika war ich in keiner Weise auf die Kellertemperaturen dieses meines allerersten Winters im Leben vorbereitet. Plötzlich ergaben allerlei rätselhafte Beobachtungen einen Sinn. Ich verstand endlich, was es mit der Krawatte auf sich hatte, einem Kleidungsstück, das mir bis dahin völlig absurd erschienen war. Ich begriff, dass Stiefel mehr waren als ein modisches Accessoire. Sie waren Lebensretter. Und mit der kalten Novemberluft, die durch meine großen Nasenlöcher einströmte, fiel mir etwas ein, das mein Vater einmal gesagt hatte.
    »Die kleinen Nasenlöcher und die spitzen Nasen der Weißen haben nicht nur den Sinn, ihnen zu einem nasalen Tonfall zu verhelfen«, hatte er gesagt. »Sie schützen sie auch vor der Kälte.«
    Ich rieb mir kräftig die Hände und wünschte, meine Nase wäre spitzer. Meine beiden Partner amüsierten sich weiter. Obideozor und ich tranken unseren Tee aus und machten uns auf den Weg.
    »Ich warte auf euren Anruf«, sagte Amuche.

    Wir hatten alles bis aufs i-Tüpfelchen geplant. Ich musste anklopfen. Das Gesicht, das durch den schmalen Türspalt lugte, war genau dasselbe wie auf dem JPEG, das Edgar Hooverson mir geschickt hatte.
    »Mister Hooverson?«
    »Ja?«, erwiderte er streng wie eine Postangestellte am Schalter.
    »Aluta Continua!«
    Sein Lächeln ging auf wie ein Schirm. Er machte die Tür ganz auf. Mister Hooverson war ein großer, nicht unansehnlicher Mann, der aussah, als ob er in jüngster Zeit begonnen hätte, zu oft und zu gut zu essen. In seinem adretten altmodischen Aufzug hätte er ohne weiteres als Baptistenpfarrer durchgehen können. Sein Alter zu schätzen fiel mir schwer. Er sah ein wenig älter aus als ein Schuldirektor, aber viel jünger als ein Großvater. Mir fiel auf, dass seine Fingernägel bis auf die Nagelhaut abgekaut waren.
    »Ich bin Shehu Musa Abacha. Das ist Dr. Wazobia. Er ist Chemiker und war der Vertraute meines verstorbenen Bruders.«
    Mister Hooversons Lächeln verrutschte. Er wusste nicht, was er von dieser neuen Person halten sollte. Sein Mund ging auf, um eine Frage zu stellen; ich drückte ihn heftig an mich.
    »Danke«, sagte ich mit Tränen in der Stimme. »Vielen, vielen Dank für alles, was Sie für meine Schwester und meine Familie getan haben.«
    Es ist erstaunlich, was wir alles über uns selbst nicht wissen, was Situationen und Umstände uns für Fähigkeiten entlocken. In meinen ganzen sechs Jahren auf der höheren Schule ist nicht ein einziges Mal jemand auf den Gedanken gekommen, mich beim jährlichen Theaterwettbewerb mit einer Rolle zu bedenken. Es hieß, ich sei charakterlich zu starr, es hieß, ich könne nicht schauspielern. Und jetzt legte ich hier eine Vorstellung hin, die Denzel Washington auch nicht besser gekonnt hätte.
    »Aber gern doch«, erwiderte er und umarmte mich seinerseits.
    Ein paar Sekunden lang hielten wir uns in den Armen. Die Szene hätte den Vereinten Nationen alle Ehre gemacht.
    »Meine Schwester Mariam bittet Sie, ihr zu verzeihen, dass sie nicht persönlich kommen konnte«, sagte ich, als wir ins Zimmer traten.
    »Oh, dafür habe ich volles Verständnis. Die schreckliche Situation in Ihrem Land ist mir durchaus bewusst. Es ist wirklich ein Trauerspiel.«
    Ich ging zur Phase zwei über.
    »Als meine Schwester gestern die Sicherheitsfirma anrief, um sich zu vergewissern, dass alles in Ordnung ist, erhielt sie die Auskunft, das Einzige, was jetzt noch fehle, sei eine Bescheinigung der nichtterroristischen Verwendung.«
    »Was?! Davon hat mir niemand etwas gesagt!«
    »Ich glaube, das ist eine neue Bestimmung, die sie gerade erst

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