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Die meerblauen Schuhe meines Onkels Cash Daddy

Die meerblauen Schuhe meines Onkels Cash Daddy

Titel: Die meerblauen Schuhe meines Onkels Cash Daddy Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adaobi Tricia Nwaubani
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Egusi-Suppe mit ihren großen Stücken Hühnerfleisch, Okporokofisch und Beinfleisch vom Rind in die Nase stieg, spürte ich, wie hungrig ich war. Die Haustür ging auf, und es wurde so laut, als wäre auf dem Markt plötzlich ein Streit ausgebrochen.
    »Hey, Kings!«, rief Godfrey auf seinem Weg nach oben.
    »Hallo«, sagte ich.
    Godfrey war fast immer von Freunden umgeben. Jeden Tag tauchte er mit neuen auf. Die beiden Jungs, mit denen er gekommen war, begrüßten mich ebenfalls und folgten ihm nach oben. Sie waren mitten in einem lautstarken Gespräch über ein Fußballspiel in der europäischen Champions League und grölten dabei fast so laut wie die Zuschauer im Stadion. Mein Bruder hatte kürzlich sein Leben dem Arsenal Football Club geweiht. Er ließ sich keines seiner Spiele im Fernsehen entgehen, kannte die Namen und Geburtsdaten sämtlicher Spieler und besaß ihre Mützen, Schals, T-Shirts … Ach, wenn mein Bruder doch bloß verantwortungsvoller mit seiner Zeit und seinem Geld umgehen würde.
    Mein Handy klingelte. Es war Merit.
    »Hast du daran gedacht, die Doku über Cash Daddy zu gucken?«, fragte ich.
    »Nein.«
    »Schade. Es war wirklich ganz interessant. Die Leute aus seinem Dorf haben sogar ein Lied komponiert, mit dem sie seine guten Werke preisen.«
    Ich sang ein Stück davon und lachte. Mag sein, dass sie mitlachte, vielleicht auch nicht.
    »O dighi onye di ka nna anyi Cash Daddy, onye Chineke nyere anyi gozie anyi«, sang ich weiter.
    Ich lachte. Sie lachte nicht.
    »Merit, ist alles in Ordnung?«
    »Kingsley, warum hast du mich belogen?« Der Ton in ihrer Stimme hätte Goliath niederstrecken können.
    »Was meinst du damit?«
    »Ich bin so sauer auf dich. Ich kann nicht glauben, dass du mich so eingewickelt hast. Hast du wirklich geglaubt, ich würde nicht dahinterkommen? Womit verdienst du dein Geld?«
    Ich war wie vom Donner gerührt.
    »Womit verdienst du dein Geld?«
    »Ich makle Verträge und Investitionen«, erwiderte ich ruhig, obgleich in meinem Kopf Sirenen heulten. »Das habe ich dir doch schon gesagt.«
    »Kingsley, hör auf ! Wie lange wolltest du mich noch belügen?«
    »Merit, ganz ehrlich, ich weiß nicht, wovon du redest.« Sie schwieg.
    »Merit, ich …«
    »Ich bin nicht die Sorte Frau, okay? Ich will mit Typen wie dir nichts zu tun haben. Lass mich von nun an in Ruhe. Bitte.«
    Sie hängte ein.
    Ich war wie benommen. Ich starrte auf mein Display und lauschte Merits Worten nach und fragte mich, wann ich aus diesem jüngsten Albtraum erwachen würde. Wie konnte eine Beziehung, die dabei war, sich so gut zu entwickeln, so plötzlich schiefgehen?
    Ich ließ mich auf meinem Stuhl zurücksinken. Es war alles meine Schuld. Ich hätte wissen müssen, dass sie früher oder später etwas hören würde. Vielleicht wäre Merit nicht so böse gewesen, wenn ich es ihr selbst gebeichtet hätte. 419er oder nicht, war und blieb ich nicht immer noch Kingsley? War ich nicht der Mann, der meine Familie gerettet hatte, nachdem mein Vater gescheitert war? War ich nicht der Mann, der zugunsten meiner Mutter und Geschwister auf seine eigenen Träume verzichtet hatte? War ich nicht der Mann, der sich noch immer dauernd um meine Mutter bemühte, obwohl sie mich stets verurteilte und sich so uneinsichtig zeigte?
    Ich warf das Handy auf den Tisch und zischte. Am liebsten hätte ich laut geschrien und sämtliches Geschirr auf dem Tisch an die Wand geschmissen. Stattdessen stützte ich den Kopf in die Hände und stellte die Ellbogen auf den Esstisch.
    Die Welt war einfach zu mies. Andere arme Leute fanden Frauen, die sie heirateten, andere 419er waren von verzweifelten Mädchen umlagert. Vielleicht war ich derjenige, der vom Pech verfolgt war – umgeben von Undankbaren und Utopisten. Doch wie dem auch sei, meine Geschwister würden die beste Ausbildung bekommen, die ich bezahlen konnte. Und ich würde nie mehr zu einem Leben der Armut und des Mangels zurückkehren. Für keinen Toten und für keinen Lebenden.
    Vielleicht würde Merit das verstehen. Bis morgen früh würde ihr Zorn verraucht sein, und dann würde ich ihr alles erklären. Ich war nicht kriminell. Ich hatte mit 419 angefangen, damit meine Mutter unbeschwert leben konnte und meine Geschwister eine gute Ausbildung bekamen. Ja, ich hätte es ihr erzählen müssen, aber ich wusste nicht, wie ich das Thema hätte anschneiden sollen, und ich schämte mich sehr, dass ich nicht die Wahrheit gesagt hatte. Außerdem würde sich das alles demnächst

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