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Die meerblauen Schuhe meines Onkels Cash Daddy

Die meerblauen Schuhe meines Onkels Cash Daddy

Titel: Die meerblauen Schuhe meines Onkels Cash Daddy Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adaobi Tricia Nwaubani
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Schienen.«
    »Der Zug?« Er lachte.
    »Nicht der Zug. An seinem Tod ist seine Dummheit schuld. Oder seine Taubheit. Eins von beiden. Hat er den Zug nicht kommen hören? Ich bin enttäuscht. Ich bin sehr, sehr enttäuscht. Ich wusste, dass Azuka ein Pechvogel war, aber ich wusste nicht, dass er so dumm war. Ich kann nicht glauben, dass ich einen solchen Dummkopf in meiner Firma angestellt hatte. Wie kann er seine Beine in die Hand nehmen und in den Iran fahren?«
    Ihm zuzuhören war irgendwie erleichternd. Cash Daddy hatte recht. Azuka hatte eine Dummheit begangen, wie kam ich darauf, dass es meine Schuld war? Wieso machte ich mir Sorgen, dass unsere Geschäfte gefährlicher waren, als ich bislang angenommen hatte, und dass ich mich eines Tages unvorhergesehenen Schwierigkeiten gegenüber sehen würde? Es war alles eine Frage von Können und Köpfchen.
    Und ich war ganz gewiss nicht so dumm wie Azuka. Wie die Spinne, die ihr Netz webt und immer weiß, auf welche Fäden sie treten darf und welche die klebrigen sind, mit denen sie ihre Nahrung fängt, beherrschte ich meisterlich die Arbeit meiner Hände. Eine der Inderinnen begann Cash Daddys Zehengelenke knacken zu lassen.
    »Man muss gewitzt sein, das ist das Wichtigste in diesem unserem Geschäft«, fuhr Cash Daddy fort. »Es gibt Mugus in Amerika, England, Deutschland, Russland, Argentinien, Frankreich, Brasilien, der Schweiz, Spanien, Australien, Kanada, Japan, Belgien, Neuseeland, Italien, den Niederlanden, Dänemark, Norwegen, … Kings, sag schnell, wo noch?«
    »Spanien.«
    »Nein. Das habe ich schon genannt.«
    »Japan.«
    »Das auch.«
    »Öhh, … Israel.«
    »Gut! Sogar in Israel. Es gibt Mugus überall auf der Welt. Und Azuka fährt ausgerechnet zu seinem in den Iran. Weiß er etwa nicht, dass die Leute da gar keine richtigen Oyibos sind? Ihr Mugu-Niveau ist weniger hoch. Die sind beinahe so gewitzt wie wir. Ich – ich habe vor niemandem Angst, aber ich weiß, wohin ich meinen Fuß setze und wohin nicht. Das ist eines der Geheimnisse meines Erfolgs. Azuka war einfach dumm.«
    Er zischte und schwieg.
    »Aber Cash Daddy, können wir denn gar nichts tun?«
    »Doch, sicher. Warum nicht? Du kannst gleich morgen früh zur iranischen Botschaft gehen und ihnen sagen, dass du einen Bruder suchst, der nach Teheran gefahren ist, um einen Mugu abzuziehen. Sag ihnen, ihr arbeitet zusammen, dein Bruder ist noch nicht wiedergekommen und er fehlt dir in der Firma.« Er hielt inne. »Oder du kannst in den Iran fahren und versuchen, den Mugu zu finden. Du hast doch die Adresse von dem Mann, oder nicht?«
    Ich saß da und hielt mich an den Armlehnen meines Sessels fest. Mir schwamm der Kopf, meine Hände schwitzten, und mein Herz raste. Azuka war weg. Verschwunden. Einfach so. Und es gab nichts, was wir tun konnten. Nicht einmal Cash Daddy, der sonst für jedes Problem eine Lösung hatte.
    Allein der Gedanke, wie frohgemut Azuka in sein Unglück gerannt war. Wie die Motte, die tanzend in die Flamme fliegt. Was war, wenn mich plötzlich die Katastrophe ereilte, während ich völlig ahnungslos war? Oder wenn mich demnächst das FBI oder Interpol erwarteten, wenn ich irgendwo auf einem Flughafen landete? Oder wenn auf einmal ein wütender Mugu meine Spur nach Nigeria verfolgte und meiner Familie etwas zuleide tat? Ich spürte förmlich, wie meine Haare vor Angst ergrauten.
    »Oder nicht?«, fragte Cash Daddy noch einmal. Ich erschrak.
    »Doch«, antwortete ich bedächtig.
    »Gut. Dann kannst du morgen fliegen. Wenn du früh genug nach Lagos aufbrichst, kannst du den ersten Flug in den Iran erwischen. Aber bevor du fährst, diktier mir bitte ganz genau die Geschichte, die ich deiner Mutter erzählen soll, wenn du nicht wiederkommst. Dabei fällt mir ein: Warum hast du Probleme mit deiner Mutter?«
    »Was für Probleme denn?«, fragte ich überrascht. Ich hatte nie mit ihm über meine Mutter gesprochen.
    »Neulich hat diese Frau angerufen. Wie heißt sie noch? Die Verrückte, die ihren Mann verlassen hat.«
    »Tante Dimma?«
    »Ja, richtig. Ich konnte nicht mit ihr sprechen, aber sie hat Protocol Officer eine Nachricht für mich hinterlassen. Sie hat gesagt, deine Mutter macht sich große Sorgen um dich und ich sollte dich gefälligst gehen lassen, damit du eine Arbeit finden kannst. Wo liegt das Problem? Was ist da los?«
    Tante Dimma und ihre ungebetene Meinung, wie so oft. Doch irgendetwas in der Atmosphäre, irgendwas, das damit zu tun hatte, dass Azuka vermutlich für

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