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Die meerblauen Schuhe meines Onkels Cash Daddy

Die meerblauen Schuhe meines Onkels Cash Daddy

Titel: Die meerblauen Schuhe meines Onkels Cash Daddy Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adaobi Tricia Nwaubani
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einen Verlobungsring draufgegangen. Ola hatte ihn bis zum letzten Jahr getragen, als sich das Metall grün verfärbt hatte. In letzter Zeit schien sie nicht mehr sehr um einen Ring besorgt zu sein, aber ich hatte ihr versprochen, dass ich ihr, sobald ich eine Arbeit hätte, einen kaufen würde, der so funkelte, dass sie eine Sonnenbrille von Dior dazu tragen musste.
    Wenn wir zusammen spazieren gingen und redeten, legte ich meistens den Arm um sie und steckte meine Hand in die Gesäßtasche ihrer Jeans. Doch in Umuahia berührte ich sie nie in der Öffentlichkeit, damit keiner glaubte, sie wäre ein loses Mädchen. Und Ola trug auch nie Hosen, wenn sie in Umuahia aus dem Haus ging. Mädchen, die Hosen trugen, galten als verrufen. Männer machten anstößige Bemerkungen, Frauen äußerten sich abfällig, Kinder blieben stehen und gafften. Aber an der Uni konnten wir uns benehmen, wie wir wollten. Dort gab es mehrere offene Felder und Sträuchergärten. Und für Straßenlaternen hatte die Universität zum Glück kein Geld.
    Als ich zu Olas Haus kam, klopfte ich. Ezinne spähte durch die klare Glastür, schloss sie schnell auf und schlang ihre Arme um meine Mitte.
    »Guten Tag, Bruder Kings.«
    »Meine lieber kleiner Schatz, wie geht’s dir?«
    »Gut, danke.«
    Ich gab ihr Küsschen auf die Wangen.
    Ezinne war die jüngste von Olas fünf Schwestern. Sie war eine kleine Ausgabe ihrer großen Schwester, sowohl im Aussehen als auch im Charakter. Und sie hatte mich auch genauso natürlich ins Herz geschlossen. Wir besaßen einen besonderen Draht zueinander.
    »Bist du heute gar nicht zur Schule gegangen?«, fragte ich.
    »Nein, Bruder. Ich hab gestern zu viel Chilisuppe gegessen und musste deswegen die ganze Nacht laufen. Meine Mama hat gesagt, ich soll heute zu Hause bleiben, damit ich in der Schule nicht dauernd zur Toilette muss.«
    »Und wie geht es dir jetzt?«
    »Schon viel besser, danke.«
    Olas Mutter saß auf einem der Holzstühle im spärlich möblierten Wohnzimmer. Der einzige Polstersessel hatte dem Herrn des Hauses gehört. Auf dem Tisch in der Mitte des Raums stand eine Aluvase mit grellbunten Plastikblumen. Die Tischbeine waren schief, sie bildeten einen Winkel von 120 Grad zur Platte, gut zehn Grad mehr als bei meinem letzten Besuch. Ich hatte von Männern gehört, die darauf aus waren, Mädchen aus reichen Familien zu heiraten, aber ich empfand es als äußerst angenehm, eine Verlobte zu haben, deren Familie es noch wesentlich schlechter ging als meiner.
    Mein Leben lang hatte ich meine Mutter Dinge sagen hören wie: »Wenn dein Vater nicht wäre, hätte ich niemals studiert«; »wenn dein Vater nicht wäre, würde ich noch heute barfuß im Dorf herumlaufen.« Ich träumte von einer Frau, die ähnlich nette Dinge über mich sagen würde, einer Frau, die mich als ihren Erlöser betrachtete. »Wenn dein Vater nicht wäre, hätte ich niemals in einem Haus gewohnt, in dem wir keine Miete zahlen«; »wenn dein Vater nicht wäre, hätte ich nie in einem Doppelhaus mit einem hohen Zaun und großem Garten wohnen können«; »wenn dein Vater nicht wäre, wäre ich nie mit einem Flugzeug geflogen und wäre überhaupt nie aus Nigeria herausgekommen«.
    Dieser letzte Punkt war mir besonders wichtig, wenn ich an meine künftigen Kinder dachte. In der Schule waren wir ständig von Kindern schikaniert worden, deren Eltern das Geld hatten, in den Ferien mit ihnen nach England oder Amerika zu reisen. Wenn sie wiederkamen, war ihre Haut um einige Brauntöne heller geworden, und in ihrem frisch erworbenen, hochgestochenen Akzent plapperten sie in einem fort von ihren Erlebnissen in Übersee. Sie prahlten mit exotischen Schreibgeräten und gewannen mehr Freunde, als ihnen von Rechts wegen zustanden. Von den Lehrern wurden sie unverhohlen bevorzugt. Meine Kinder sollten einmal mehr als genug haben, um den Neid ihrer Altersgenossen auf sich zu ziehen. Und Ola wollte ich die Welt zeigen.
    »Guten Morgen, Mama«, grüßte ich.
    »Ezinne, schließ die Tür ab und geh nach drinnen«, sagte Olas Mutter, ohne in meine Richtung zu sehen.
    Obgleich sie die Last einiger überschüssiger Kilo Fett zu tragen hatte, war Olas Mutter gewöhnlich genauso schön wie ihre Töchter. Doch heute hatte sie eine finstere Miene aufgesetzt. Ich nahm auf dem Stuhl neben ihrem Platz und fühlte mich ein wenig wie beim Zahnarzt.
    Mit einem tiefen Seufzer stellte sie den Ellbogen auf ihre Stuhllehne und stützte das Kinn auf ihren Handrücken. Sie trug

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