Die meerblauen Schuhe meines Onkels Cash Daddy
hatte bei uns gewohnt, als ich klein war. Damals hatte er auf einer Matratze im Wohnzimmer geschlafen und in der Küche von einem Plastikteller gegessen, den er auf seinen Knien hielt, wie Odinkemmelu und Chikaodinaka. In der Schule war er mehrmals sitzengeblieben und schließlich ohne Abschluss abgegangen. Und doch hatte Onkel Boniface genau gewusst, was ihm die Zukunft bringen sollte. Und hatte damit nie hinter dem Berg gehalten.
»Kings, setz dich hin und guck mir zu«, hatte er gesagt.
»Ich will dir zeigen, wie sich ein reicher Mann benimmt.« Er straffte die Schultern und schlenderte durchs Wohnzimmer. Anschließend blieb er stehen, runzelte die Stirn und guckte mit trübem Blick in die Luft. Dann setzte er sich in Vaters Lieblingssessel, schlug die Beine übereinander und erteilte unsichtbaren Dienstboten Befehle.
»Komm und trag diese Teller raus«, bellte er einem zu. Und einem anderen: »Hör gefälligst auf, meine Zeit zu verschwenden! Meinst du, ich zahle dir so viel Geld für nichts und wieder nichts?«
Angewidert betrachtete er ein Bündel Nairascheine in seiner Hand und warf sie zu Boden.
»Kings, sammle sie auf und wirf sie in den Müll«, sagte er.
»Diese Scheine sind zu schmutzig für mein Portemonnaie.« Damals hätte ich mich über das Spiel totlachen können.
Doch das war vorbei, denn trotz seiner schwachen schulischen Leistungen war Onkel Boniface unermesslich reich geworden. Es gab unzählige Gerüchte über seine vielen Autos und Immobilien und ständigen Auslandsreisen. Und ich saß hier neben Olas Mutter und war eine totale Enttäuschung.
Die Angst schloss sich fester um mein Herz. Meine Schwiegermutter in spe hatte offensichtlich alle Geduld mit mir verloren. Ich musste schnell handeln. Sobald sich die Dinge wendeten, würde sie wieder meine beste Freundin sein. Etwas Ähnliches hatte ich schon einmal erlebt. Als ich nach fünf Jahren Auf und Ab noch immer das einzige Kind war, hatten die Verwandten meines Vaters die Schuld bei meiner Mutter gesucht. Und wie Olas Mutter hatten auch sie ihren Kummer vollkommen schonungslos geäußert.
»Du musst endlich mehr zunehmen«, sagte eine. »Wie soll dein Unterleib in einem so dürren Körper richtig funktionieren?«
»Ich frage mich, wie du überhaupt mit dem Haushalt fertig wirst«, sagte eine andere. »Du siehst aus wie ein vertrockneter Maisstängel, der beim leisesten Windstoß in der Mitte durchbricht.«
Und wieder eine andere sagte: »Ich habe nie gewusst, was Paulinus an dir gefunden hat. Keine Brüste, kein Hintern, … und das will eine Frau sein.«
Eines Nachmittags nach einem Besuch von Vaters Schwestern nahm mich eine Nichte meiner Mutter, die damals bei uns wohnte, auf den Arm und streichelte meiner Mutter den Rücken, bis ihr Schluchzen abebbte.
»Mama Kingsley«, flüsterte sie, »es gibt etwas, das ich dir schon lange sagen wollte, aber ich wusste nicht, wie ich es tun sollte.«
Meine Mutter schniefte.
»Als ich letztes Mal zu Hause war, habe ich gehört, wie meine Mutter und Tante Amaechi sich unterhielten.«
Meine Mutter spitzte die Ohren.
»Sie meinten, dass wegen der ganzen Probleme in Papa Kingsleys Familie nach dem Tod des Vaters vielleicht einer von den Verwandten deinen Unterleib zugeschlossen und den Schlüssel weggeworfen hat, damit du keine Kinder mehr bekommen kannst.«
Mein Großvater väterlicherseits war kurz nach meiner Geburt gestorben und hatte ein paar leere Landparzellen und Cassavefelder hinterlassen, um die sich seine überlebenden neun Söhne und fünfzehn Töchter von drei Frauen erbittert stritten. Die Zankereien hatten so viel Gift und Galle erzeugt, dass einige Verwandte sich gegenseitig verdächtigten, sie würden mit Hilfe von schwarzer Magie versuchen, die jeweils anderen zu zwingen, auf ihren Erbteil zu verzichten. Aus Oluchis Worten war zu schließen, dass die Familie meiner Mutter ihre Unfruchtbarkeit für ein Ergebnis solcher Machenschaften hielt.
Oluchi fuhr fort.
»Mama Kingsley, ich glaube, du solltest etwas dagegen unternehmen. In Ohaozara gibt es ein paar Hexendoktoren, die sehr viel Erfahrung damit haben, Unterleiber aufzuschließen. Vielleicht solltest du mit Papa Kingsley reden, damit ihr sie zusammen konsultieren könnt.«
Meine Mutter behauptet steif und fest, dass der Rat ihrer Nichte zum einen Ohr hineinging und zum anderen wieder hinaus. Sie und mein Vater hielten nichts von Hexenmedizin. Sie schluckten keinen Krokodilspfeffer und keine Tierbluttinkturen, und meine
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