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Die meerblauen Schuhe meines Onkels Cash Daddy

Die meerblauen Schuhe meines Onkels Cash Daddy

Titel: Die meerblauen Schuhe meines Onkels Cash Daddy Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adaobi Tricia Nwaubani
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Mutter tanzte nicht nackt mit einem weißen Hahn um den Hals im Mondschein.
    »Ich habe immer nur zu Gott gebetet«, hatte Mutter mir gegenüber beteuert. »Ich wusste, dass er etwas tun würde, wenn er fand, dass die Zeit gekommen war.«
    Es war klar: Godfrey, Eugene und Charity waren der Beweis für Gottes Wirken. Das war das, wonach auch ich jetzt streben musste – dass Gott wirkte.
    Ich versicherte Olas Mutter noch einmal stammelnd, dass ich ihre Sorgen verstand, und eilte nach Hause. Dort suchte ich im Haufen meiner schmutzigen Wäsche nach dem Flyer, den mir der frühmorgendliche Evangelist ein paar Tage zuvor in die Hand gedrückt hatte. Mein ureigenes himmlisches Wunder.

5

    Früher, als Kind, war ich mit meinen Eltern regelmäßig in die Kirche gegangen. So regelmäßig, dass ich die Kunst perfektioniert hatte, augenblicklich einzuschlafen, wenn Pfarrer Benedict sagte, wir dürften uns setzen, und genau in dem Moment wieder aufzuwachen, wenn er uns befahl aufzustehen. Zu Beginn des Studiums jedoch kam mir der Gedanke, dass ich jetzt nicht mehr zur Kirche musste. Es war niemand da, der mit mir ging, niemand, der mich dazu ermahnte, und ich selbst sah keinen Sinn darin.
    Deswegen blieb ich einfach weg.
    An diesem Sonntag nun waren meine Eltern bereits zum Gottesdienst aufgebrochen, als auch ich mich auf den Weg machte, um meinen Anteil am göttlichen Wirken zu empfangen. Es war uns zwar in keiner Weise verboten, anderswo hinzugehen als in die »eine wahre Kirche«, aber ich verriet trotzdem niemandem, wohin ich gehen wollte. Alle waren sich einig, dass die Pfingstgemeindler ein bisschen seltsam waren.
    Aber ich machte schlechte Zeiten durch. Und schlechte Zeiten verlangten nach drastischen Maßnahmen. Nehmen wir zum Beispiel meine Tante Dimma, die Cousine meiner Mutter und ihre Busenfreundin. Vor einigen Jahren war sie von Lagos nach Port Harcourt geflogen, und die turbulente Reise hatte mit einer Bruchlandung auf der Rollbahn geendet. Kurz darauf war an ihrem Toyota Carina auf der Autobahn ein Reifen geplatzt. Dann war ein Ast von dem Baum gefallen, unter dem sie ihr Auto geparkt hatte, demselben Baum, unter dem sie fünf Jahre lang immer geparkt hatte, und hatte ihre Windschutzscheibe zerschmettert. Das alles passierte innerhalb von sechs Wochen. Tante Dimma musste sich nicht erst von einem Wahrsager erklären lassen, dass der Tod ihr auf den Fersen war. Jemand lud sie in eine Kirche ein, in der ihr versichert wurde, dass all ihre Feinde fliehen und all ihre Sorgen ein Ende haben würden. Und ob man es glaubt oder nicht, meine liebe Tante Dimma – ein Gipfel der Eleganz und ein Ausbund der Eitelkeit – folgte tatsächlich der Einladung. Bis in diese Tage war sie eine aufrichtige, Halleluja singende Pfingstgemeindlerin, die in Zungen redete und für sämtliche Lebenslagen einen Bibelspruch parat hatte.
    Ich nahm den Flyer von der Kommode und ging los.
    Es musste mindestens zwanzig verschiedene Kirchen geben, die an diesem Sonntag in derselben Straße um dieselbe Uhrzeit ihre Gottesdienste abhielten. Manche in Garagen, manche in Wohnungen, machen in Zelten, die neben den Gebäuden errichtet worden waren. Manche waren mit Lautsprechern ausgestattet, die ihren Gottesdienst live in die Welt posaunten. Mir tat jeder einzelne Bewohner jener Straße leid.
    Mein Ziel war, wie sich herausstellte, ein dreistöckiges Gebäude am Ende der Straße. Als ich den Saal betrat, leitete ein feuriger junger Mann die Gemeinde im Gebet an. Mit einem Mikrofon in der Hand schritt er forsch über eine Bühne, und seinem Mund entströmte ungehindert ein Wortfluss in allerlei rätselhaften Sprachen. Einige Gottesdienstbesucher saßen, einige standen und einige liefen umher. Aber alle Münder waren in Bewegung, alle waren mehr oder weniger ins Gespräch mit Gott vertieft. Eine unscheinbare Frau mit einem perfekten breiten Lächeln kam auf mich zu.
    »Willkommen«, grüßte sie.
    Ich schenkte ihr ein weniger breites Lächeln. Sie deutete mit der Hand und neigte den Kopf anmutig in die gleiche Richtung. Ich setzte mich neben eine Schwangere, die eine riesige schwarze Einkaufstasche von der Bank nahm, um mir Platz zu machen. Unmittelbar nach mir kam ein adretter junger Mann und setzte sich an meine andere Seite. Ehe ich mich versah, war die ganze Reihe voll.
    Vorne klatschte der feurige junge Mann langsam in die Hände, und sofort verstummte der Lärm.
    »Gelobt sei der Herr«, sagte er.
    »Halleluja«, sang die Gemeinde.
    »Gepriesen

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