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Die Meisterin der schwarzen Kunst

Die Meisterin der schwarzen Kunst

Titel: Die Meisterin der schwarzen Kunst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guido Dieckmann
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behalten, auch wenn die Last der Verantwortung, die er plötzlich zu tragen hatte, ihm nicht behagte. Plauderte er das Geheimnis aus, verlor er nicht nur seine Arbeit und seine Kammer im Haus des Druckers, auch der langwierige Kampf um das Zeitungsprivileg wäre umsonst gewesen. Er konnte sich gut vorstellen, wie der alte Waldemar Zorn triumphieren würde, wenn er von dieser Niederlage erfuhr.
    Nein, das durfte er nicht zulassen. Dann war es vermutlich besser, sich irgendeine Geschichte einfallen zu lassen, um bei Meister Carolus gar nicht erst einen Verdacht aufkommen zu lassen. David atmete tief durch. Der hohe Turm des Münsters schien vorwurfsvoll auf ihn herabzublicken. Warum hatte er dieser Versuchung nachgegeben? Würde er auch den Einflüsterungen des Teufels so leicht nachgeben, wenn dieser ihn eines Tages verführte?
    David ließ sich auf einem kantigen Mauervorsprung nieder, in dessen Nähe eine Schar farbenfroh gekleideter Gaukler die Bürger mit Glückstöpfen und Kunststücken unterhielt, und vergrub den Kopf zwischen den Armen. Das Lachen und Johlen der Menge berührte ihn nicht. Erst als eine Bettlerin mit Wanderstab ihn schüchtern am Ärmel zupfte, kam er wieder zu sich. Er griff nach seinem Gürtelbeutel und atmete erleichtert auf, als er das kühle Leder spürte. Gerissene Beutelschneider gab es auf dem Münsterplatz jede Menge. Meistens gingen sie so geschickt zu Werk, dass die Bestohlenen den Verlust ihrer Habe erst viel später bemerkten.
    Das Mädchen, das vor ihm stand, schien jedoch nicht zum Volk der Taschendiebe zu gehören. Aber was wollte sie dann von ihm? Für eine Dirne war ihre Kleidung zu unauffällig und sie selbst viel zu schmutzig.
    «Ich habe kein Geld», sagte David schroff. «Setz dich vors Münster wie die anderen Bettler und lass mich in Ruhe.»
    «Aber …»
    «Hörst du schlecht? Ich habe gesagt, du sollst deine schmutzigen Pfoten nicht an meinem Wams abwischen!»
    Das Mädchen fuhr erschrocken zurück. David sah ihre dunklen Augen ärgerlich aufblitzen. Als sie wortlos auf dem Absatz kehrtmachte und hocherhobenen Hauptes auf das Münster zu marschierte, stutzte er. Hatte er das Mädchen nicht schon einmal gesehen? Er beschloss, ihr zu folgen, doch sie lief so schnell, dass er sie erst am Nordportal des Münsters zu fassen bekam.
    «He, warte mal, kenne ich dich nicht irgendwoher?»
    Das Mädchen war mager und etwas verwahrlost, schien aber noch nicht lange auf der Straße zu leben. Sein knöchellanges Kleid roch streng, bestand aber aus gutem Tuch und wies einen ordentlichen Schnitt auf. Offensichtlich hatte es einen weiten Weg zurückgelegt.
    «Ich darf den feinen Druckergesellen nicht anrühren, aber er ist so dreist, seine Hände an meinem Ärmel abzuwischen», sagte das Mädchen vorwurfsvoll. «Vielleicht bist du so freundlich und reißt ihn mir nicht völlig vom Kleid. Ich besitze nämlich kein anderes mehr und würde ungern nackt ins Münster gehen, um meine Gebete zu sprechen.»
    David errötete. Gehorsam ließ er das Mädchen los und machte einen Schritt zurück. «Du bist Jungfer Henrika aus Mannheim, nicht wahr?», fragte er, als er sich ein wenig gefangen hatte. «Du hast uns in der Zollschreiberei bewirtet und das Gesinde befehligt. Damals glaubte ich, du wärest das Mündel des Festungsbaumeisters. Kannst du mir erklären, wieso du nun in dieser Aufmachung durch die Stadt läufst?»
    David blickte sie forschend an. «Wo steckt der Festungsbaumeister? Er wird dich doch nicht allein nach Straßburg geschickt haben?» Bevor Henrika antworten konnte, erklangen auf dem Platz Pfiffe, die von ärgerlichen Rufen begleitet wurden. Der Unmut galt einem mageren Mann, der sich von bewaffneten Bütteln durch die murrende Menge der Marktbesucher und Krämer schieben ließ. David kannte ihn. Die Ratsherren hatten ihn erst im vorigen Winter zum Marktaufseher ernannt. Mit ausdrucksloser Miene gab er seinen Männern den Befehl, den Karren der Gaukler zu umzingeln, die eben ihre Vorstellung beendet hatten. Das Mädchen mit dem Geldkorb packte er am Arm. Sogleich kam es zwischen ihm und den Fahrenden zu einem hitzigen Wortwechsel. Ein Weib aus der Menge kreischte: «Na endlich, wurde auch Zeit, dass ihr das liederliche Volk vor die Tore treibt!»
    Henrika machte einen Schritt zurück und schob das Tuch, das sie sich um den Kopf geschlungen hatte, tiefer in die Stirn. Das Geschrei des Marktaufsehers verunsicherte sie. Ängstlich spähte sie hinüber zu den Bütteln, die ihre

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