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Die Meisterin der schwarzen Kunst

Die Meisterin der schwarzen Kunst

Titel: Die Meisterin der schwarzen Kunst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guido Dieckmann
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im Norden, auch bei uns brodelt es in allen Ecken des Reiches. Da gebe ich dem ehrenwerten Ratsherrn Waldemar Zorn recht. In welche Städte sollen die Kuriere des Druckers denn nun entsandt werden?»
    Carolus holte tief Luft, dann antwortete er nicht ohne Stolz: «Ich möchte meine Kuriere nach Rom, Venedig, Prag, Wien, Köln und Antwerpen schicken.»

    Nach der Ratssitzung gingen Carolus und David noch ein Stück weit gemeinsam. Erst auf dem Münsterplatz würden sich ihre Wege trennen. Den Drucker zog es nach Hause, er wollte seinen Gehilfen vom Ergebnis der Verhandlungen berichten und danach einen Bericht verfassen, der die Großzügigkeit und die Weisheit des Straßburger Rats betonte. So etwas konnte nicht schaden. Im Grunde durfte er mit den Entwicklungen des Tages zufrieden sein. Auch wenn der alte Waldemar Zorn gegen seinen Antrag gestimmt hatte, würde sich der Straßburger Rat dafür einsetzen, dass die Gazette auch außerhalb der Stadt verkauft werden durfte. Nun stand auch der Entsendung der Kurierreiter nichts mehr im Weg.
    «Du hast mir vorhin einen großen Schrecken eingejagt», sagte er zu David, als sie am alten Zollhaus vorbeiliefen. Er versuchte, ein strenges Gesicht zu machen, doch wirklich böse konnte er dem jungen Mann nicht sein. «Überlass es das nächste Mal mir oder deinem Bruder Laurenz, mit den Ratsherren zu verhandeln. Du hast noch nicht genug Erfahrung im Umgang mit diesen Männern. Ich denke, sie haben deinen anklagenden Ton überhört, weil du so jung bist, aber ein weiteres Mal werden sie dir so etwas gewiss nicht durchgehen lassen, und ich möchte dann nicht den Schaden davontragen.»
    Carolus wandte sich einem Stand zu und kaufte einer dürren Marktfrau ein köstlich duftendes Stück Schmalzgebäck ab. Mit Heißhunger biss er hinein. Kauend trug er David noch einige Besorgungen auf, der nur allzu gern einwilligte, um Carolus sein Auftreten vor den Ratsherren vergessen zu lassen. Außerdem freute er sich, nach dem stundenlangen Herumsitzen in der stickigen Ratsstube ein wenig durch die Gassen streifen zu dürfen.
    Kaum hatte sich David von seinem Meister verabschiedet und war ein paar Schritte gegangen, da stellte sich ihm auch schon ein hochgewachsener, schlanker Mann in den Weg. Es war Jeremias Zorn. Der junge Ratsherr hatte offensichtlich auf ihn gewartet.
    «Hast du deinen Meister verloren?», fragte er freundlich, während er mit flinken Blicken die enge Gasse absuchte. Doch außer einigen Mädchen, die schwatzend auf den Stufen eines Fachwerkhauses saßen und Hühner rupften, war niemand zu sehen. Es roch nach Abfällen, Moder und Fisch.
    David schüttelte den Kopf. Er fragte sich, was der junge Zorn ausgerechnet von ihm wollte. Im Rat hatte er sich für Meister Carolus verwendet, aber dass er sich dazu herabließ, mit einem Handwerksgesellen zu reden, erstaunte David. Am liebsten hätte er sich an dem Ratsherrn vorbeigedrückt, doch dies hätte Zorn mit Recht verärgert.
    «Es tut mir leid, dass der Rat nicht für die Boten deines Meisters aufkommen will», erklärte Zorn mit einem Lächeln, das sein sommersprossiges Gesicht mit dem rötlichen Bart spitzbübisch wirken ließ.
    «Dabei halte ich eure Idee für ausgezeichnet. Venedig und Köln sind Städte des Fernhandels, in Rom ballt sich die Macht des Papstes. Es wäre durchaus vorteilhaft für uns, wenn wir regelmäßig erführen, was der Heilige Stuhl und seine verfluchte Jesuitenschar gegen uns im Schilde führen.»
    «Diese Überlegungen haben Meister Carolus und mein Bruder auch angestellt, Ratsherr», sagte David vorsichtig. «Aber bis auf weiteres werden wir es uns ohnehin nicht leisten können, sie dorthin zu schicken. Es würde zu lange dauern, bis sie mit Nachrichten zurückkehren. Sie müssten ja in den entsprechenden Städten erst einmal vertrauenswürdige Personen finden, denen sie Nachrichten abkaufen können. Um den Wahrheitsgehalt zu bestätigen, würde ihnen keine Zeit bleiben.»
    Zorn nickte ernst. «Ich möchte dir ein Geschäft vorschlagen, mein Freund.»
    «Ein Geschäft? Ich verstehe nicht, was Ihr meint, Ratsherr. Warum wendet Ihr Euch nicht an Meister Carolus oder an meinen Bruder Laurenz?»
    Die Mädchen auf den Treppenstufen begannen, einander mit Federn zu kitzeln. Lautes Gekicher hallte von den feuchten, bemoosten Steinmauern der Häuser wider. «Nicht hier, Junge», flüsterte Jeremias Zorn. Mit einem Blick, der keinen Widerspruch zuließ, forderte er David auf, ihm in einigem Abstand zu

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