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Die Meisterin der schwarzen Kunst

Die Meisterin der schwarzen Kunst

Titel: Die Meisterin der schwarzen Kunst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guido Dieckmann
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Carolus dagegen war trotz seines Geschicks und seiner guten Einfälle immer ein Träumer und Zauderer geblieben.
    Und Laurenz?
    Es schmerzte David, dass Zorn seinen Bruder, den er wie keinen anderen Menschen verehrte, einen unzuverlässigen Weiberheld nannte, aber wenn er ehrlich war, so hatte der Ratsherr nicht ganz unrecht mit seiner Einschätzung. Während David und Carolus nicht selten bis spät in die Nacht in der Druckerwerkstatt saßen, über Probleme des Schriftsatzes oder die Formulierung einzelner Nachrichtenteile brüteten, machte sich Laurenz meistens aus dem Staub, indem er vorgab, noch wichtige Gespräche führen zu müssen. Gespräche, die den älteren Bruder meist in eine billige Schänke oder eine Badestube lockten?
    «Ich werde dir das nötige Geld für den Aufbau privater Nachrichtenkontore in fünf Städten zur Verfügung stellen», unterbrach Ratsherr Zorn Davids Überlegungen.
    «Und darüber hinaus werde ich auch die Kosten für die Kuriere deines Meisters übernehmen. Für Pferde, Zaumzeug, Übernachtung in ordentlichen Herbergen sowie für Waffen und Verpflegung, solange die Männer unterwegs sind.»
    «Aber Carolus wird kein Geld von Euch annehmen, Ratsherr», wandte David ein. Er war hin- und hergerissen. Einerseits erkannte er, welch großartige Möglichkeiten dieses Angebot für die Druckerei eröffnete, andererseits befürchtete er, seinen Dienstherrn zu hintergehen, wenn er eigenmächtig Geschäfte mit einem Angehörigen des Hauses Zorn abschloss. Selbst wenn diese Geschäfte der Zeitung nutzten. Hatte man ihm nicht immer wieder eingeschärft, dass es nur Ärger brachte, sich auf die Seite einer der sich befehdenden Patriziersippen ziehen zu lassen? Nun aber war genau dieser Umstand eingetreten.
    «Er muss ja nichts davon erfahren», redete Jeremias Zorn ihm mit leiser Stimme zu. «Es wäre mir sogar lieb, wenn kein schriftlich abgefasster Vertrag auf mich und mein Handelshaus als heimliche Geldgeber hindeutete. Dessen ungeachtet habe ich in nahezu allen Städten, von denen wir sprechen, vertrauenswürdige Geschäftsfreunde, die mir noch den einen oder anderen Gefallen schuldig sind. Auf meine Bitte hin werden sie Carolus’ Boten Schuldbriefe ausstellen und es mit der Rückzahlung ihrer Kredite nicht so genau nehmen. Weil sie ihr Geld nämlich von mir bekommen.»
    «Warum tut Ihr das alles, Herr?» Nachdenklich fuhr David mit der Hand über das Leder eines Buches, das vor ihm auf einem Tisch lag. Es fühlte sich kühl und trocken an. «Was wollt Ihr von mir?»
    Jeremias Zorn fixierte den Druckergesellen einen Moment, als wolle er sich davon überzeugen, nicht seinerseits einen Fehler zu begehen, indem er den jungen Mann ins Vertrauen zog, dann zuckte er mit den Schultern und erklärte: «Mein ehrenwerter Verwandter Ratsherr Waldemar Zorn vom Spiegel ist nicht so töricht zu glauben, die Straßburger Zeitung aufhalten zu können. Noch beschäftigt er eigene Avisenschreiber, die ihn mit Nachrichten versorgen, aber ich weiß aus sicherer Quelle, dass er gern ebenfalls ein Zeitungsblatt drucken möchte. Es wäre mir daher eine Genugtuung, deinen Meister zu unterstützen, denn wenn seine Gazette sich durchsetzt, wird das nicht nur Straßburg nützen, sondern dem alten Zorn zeigen, dass er nicht alles bekommt, was er will.»
    David sah die ausgestreckte Hand des jungen Ratsherrn vor sich, und nach kurzem Zögern schlug er ein.
    «Na, siehst du? Das war doch gar nicht so schlimm, oder?»
    «Ich nehme Euer Angebot an», sagte David leise. «Aber nur, wenn Ihr uns bei der Wahl der Kuriere und der Zusammenstellung der Gazette freie Hand lasst.»
    Der junge Zorn versprach es lächelnd.

    Davids Wangen glühten. Immer wieder sagte er sich, dass es keinen Grund gebe, sich Sorgen zu machen, schließlich hatte er weder einen Vertrag unterzeichnet noch im Beisein von Zeugen einen heiligen Eid geleistet. Auch stand Jeremias Zorn in dem Ruf, ein Ehrenmann zu sein, zumindest solange man die Leute befragte, die nicht auf der Seite des alten Ratsherrn Waldemar standen.
    David warf einen zweifelnden Blick zurück auf das hohe Patrizierhaus, vor dem ein kunstvoll geschmiedetes Schild das Apothekerhandwerk pries. Er war drauf und dran, umzukehren und dem Ratsherrn zu sagen, er habe es sich anders überlegt. Aber er fand nicht den Mut. Außerdem brauchte Carolus das Darlehen, auch wenn er niemals erfahren durfte, wer der Mann war, der ihm so großzügig unter die Arme griff.
    David musste es für sich

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