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Die Meisterin der schwarzen Kunst

Die Meisterin der schwarzen Kunst

Titel: Die Meisterin der schwarzen Kunst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guido Dieckmann
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fragte.
    Henrika warf einen zögerlichen Blick zu David, der ihr aufmunternd zunickte. Er sagte leise ein paar Worte, woraufhin rasch die Tür geöffnet wurde und eine Frau auf der Schwelle erschien. Sie war noch nicht alt, wirkte aber aufgrund ihrer Leibesfülle, des sittsamen grauen Kleides und der gestärkten Haube auf ihrem Kopf sehr gesetzt und streng. Die nach unten gezogenen Mundwinkel und der ernste Blick verstärkten diesen Eindruck. Mit rauer Stimme forderte sie David und Henrika auf, ihr ins Haus zu folgen. Nachdem die Tür hinter ihr ins Schloss gefallen war, änderte sich das Verhalten der Frau jedoch schlagartig. Mit einem befreienden Seufzer nahm sie David in die Arme und drückte ihn so fest, dass Henrika befürchtete, jeden Augenblick seine Knochen zerbrechen zu hören.
    «Lieber Vetter, warum hast du dich denn so lange nicht blicken lassen?»
    Halb besorgt, halb ärgerlich schob die Frau David durch einen Flur, der außer einer Nische für den Schlüsselkasten des Hauses völlig kahl war, in die geheizte Wohnstube. Diese war zu Henrikas Erstaunen so sauber, dass die Fußbodendielen im Schein der Öllampe zu glänzen schienen. Tauben oder andere Tiere hatten in der Stube offenkundig nichts verloren.
    Die Hausfrau befahl David sogleich vor den Kamin, dessen mächtiger Rauchfang mit hübschen Malereien verziert war. Dort musste er sich eine ausgiebige Musterung gefallen lassen, die mit dem Urteil endete, er habe immer noch kein Gewicht zugelegt, sei zu bleich für einen Jungen seines Alters und arbeite zu viel.
    «Ich würde ja deinem Meister Carolus, diesem weltfremden Trottel, gern mal die Meinung sagen», meinte die Frau schließlich. «Schließlich bin ich deine und Laurenz’ einzige Verwandte auf dieser Welt.» Sie sah Henrika an, als suchte sie eine Verbündete.
    «Aber wem würde es helfen? Ich kenne Meister Carolus noch aus der Zeit, als sein seliger Vater uns in der Confessio Tetrapolitana , dem heiligen Bekenntnis Straßburgs, unterwies. Er war Geistlicher, und eigentlich hätte sein Sohn ihm im Amt nachfolgen sollen. Der Ärmste hat es nie verwunden, dass sein Junge es sich in den Kopf gesetzt hat, Bücher zu drucken oder in Leder zu binden, anstatt sie zu studieren.» Sie machte eine Pause, um Luft zu holen.
    «Und nun hat er sich auch noch diesen Unsinn mit der Gazette in den Kopf gesetzt, der arme Narr. Was kümmert es mich, wenn auf einem Papier gedruckt steht, dass der Kaiser Schnupfen hat? Soll ich ihm dann nach Prag schreiben und Gesundheit wünschen? Ha. Gesundheit könnte sein Reich eher gebrauchen als der Alte in seiner Burg.»
    «Emma, ich möchte dir Jungfer Henrika Gutmeister vorstellen», unterbrach David den Redeschwall seiner Verwandten.
    «Sie ist das Mündel eines Baumeisters, der leider kürzlich unerwartet verstarb.»
    «Das arme Geschöpf», sagte die Frau. Sie warf Henrika einen mitfühlenden Blick zu und sah taktvoll über die schmutzige Kleidung ihres Gastes hinweg.
    «Du scheinst viel Schlimmes durchgemacht zu haben, armes Kind», wandte sie sich dann direkt an Henrika. «Bist du krank? Fühlst du dich erschöpft? Mein Mann wird nach dir sehen, sobald er wieder zu Hause ist.»
    Noch bevor Henrika erklären konnte, dass sie kerngesund war, ergriff David das Wort: «Wo steckt denn Ludwig? Wurde er noch so spät zu einem Kranken gerufen?»
    Die Frau winkte unwirsch ab. «Unsinn. Wir verdienen mit unseren Brieftauben und Hühnern mehr Geld als Ludwig zu seinen besten Zeiten als Wundarzt.»
    «Euer Mann ist Arzt?», fragte Henrika interessiert. Ihre Erinnerungen kehrten zu Meister Priem zurück, der ihr während ihrer Flucht mit seinem heilkundlichen Wissen geholfen hatte. Es schien ihr Schicksal zu sein, stets in den Häusern heilkundiger Menschen Aufnahme zu finden. Einen Herzschlag lang überlegte sie, ob das wohl an ihren sonderbaren Kräften liegen mochte, verdrängte den Gedanken aber gleich wieder.
    «Wundarzt und Chirurg, aber kein Studierter», antwortete Emma in einem Ton, der keinen Zweifel daran ließ, was sie von studierten Medizinern hielt.
    «Wird einem Fuhrknecht die Hand von einem Wagenrad zerquetscht, kommt er zu meinem Ludwig, um sie sauber abnehmen und den Stumpf verbinden zu lassen. Das macht ihm keiner nach. Ludwig schient auch gebrochene Arme und Beine, reinigt Wunden, schröpft und treibt ausgekugelte Schultern ins Gelenk zurück. In den letzten Jahren befasst er sich aber hauptsächlich mit der Augenheilkunde. Er hat die Kunst des Starstechens

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