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Die Memoiren des Sherlock Holmes Bd. 2

Die Memoiren des Sherlock Holmes Bd. 2

Titel: Die Memoiren des Sherlock Holmes Bd. 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur Conan Doyle
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Vertrag aus der Hand gaben, um ihn kopieren zu lassen?«
      »Kein Wort.«
      »Dessen sind Sie sicher?«
      »Absolut.«
      »Nun, wenn Sie nichts verlauten ließen und Mr. Phelps nicht davon gesprochen hat und niemand von der Angelegenheit wußte, dann muß der Dieb rein zufällig in den Raum geraten sein. Er sah seine Chance und nahm das Dokument an sich.«
      Der Staatsmann lächelte.
      »Da bin ich überfragt«, sagte er.
      Holmes überlegte einen Augenblick.
      »Es gibt noch einen sehr wichtigen Punkt, über den ich mit Ihnen sprechen möchte«, sagte er. »Sie äußerten, wenn ich es recht verstanden habe, sehr ernste Folgen seien zu befürchten, für den Fall, daß die Einzelheiten des Abkommens bekannt würden.«
      Über das ausdrucksvolle Gesicht des Staatsmanns ging ein Schatten. »Sehr ernste Folgen, wirklich.«
      »Und hat sich etwas ergeben?«
      »Noch nicht.«
      »Wenn das Abkommen im – sagen wir einmal – französischen oder russischen Außenministerium einträfe, würden Sie dann voraussichtlich davon erfahren?«
      »Ich würde«, sagte Lord Holdhurst mit bekümmertem Gesicht.
      »Da aber schon zehn Wochen seit dem Vorfall vergangen sind und Sie nichts gehört haben, darf man doch wohl annehmen, daß der Vertrag, aus welchem Grund auch immer, dort nicht angelangt ist.«
      Lord Holdhurst zuckte die Schultern.
      »Wir werden kaum annehmen können, Mr. Holmes, daß der Dieb das Abkommen gestohlen hat, um es einzurahmen und sich an die Wand zu hängen.«
      »Vielleicht wartet er auf ein höheres Angebot.«
      »Wenn er noch ein bißchen länger wartet, wird er überhaupt kein Angebot mehr bekommen. In einigen Monaten wird das Abkommen kein Geheimnis mehr sein.«
      »Das ist sehr wichtig«, sagte Holmes. »Natürlich kann man sich vorstellen, daß der Dieb plötzlich krank wurde…«
      »Zum Beispiel befallen von einem Nervenfieber?« fragte der Staatsmann und warf einen schnellen Blick auf Holmes.
      »Das habe ich nicht gesagt«, entgegnete Holmes unerschüttert. »Aber wir haben schon zuviel von Ihrer kostbaren Zeit beansprucht und möchten Ihnen, Lord Holdhurst, auf Wiedersehen sagen.«
      »Viel Erfolg bei Ihren Nachforschungen, wer immer der Verbrecher sein mag«, antwortete der Edelmann, als er sich mit einer Verbeugung von uns verabschiedete.
      Wir hatten Whitehall erreicht, da ließ sich Holmes wieder vernehmen. »Er ist ein feiner Kerl«, sagte er, »aber er hat Mühe, seine Stellung zu behaupten. Er ist nicht im entferntesten reich und hat vielen Zahlungsaufforderungen nachzukommen. Sicherlich haben Sie bemerkt, daß seine Schuhe besohlt sind. Und jetzt, Watson, möchte ich Sie nicht länger von Ihrer eigentlichen Arbeit abhalten. Ich werde heute nichts mehr unternehmen, es sei denn, ich erhielte eine Antwort auf mein Inserat. Aber ich wäre Ihnen sehr verbunden, wenn Sie morgen im gleichen Zug wie heute mit mir nach Woking fahren würden.«
      Also war ich am nächsten Morgen zur Stelle, und gemeinsam fuhren wir nach Woking. Er habe auf sein Inserat keine Antwort bekommen, sagte er, und überhaupt sei kein neuer Aspekt aufgetaucht. Wenn er es wollte, konnte er die völlig bewegungslose Miene eines Indianers annehmen, und so war es mir unmöglich, aus seinen Zügen zu schließen, ob er mit dem Stand der Ermittlungen zufrieden war oder nicht. Ich erinnere mich, daß er über das Bertillonsche System sprach und seiner überschwenglichen Bewunderung für den französischen Gelehrten Ausdruck gab.
      Unseren Klienten fanden wir wieder in der Obhut seiner ergebenen Pflegerin, er sah aber merklich besser aus als am Tage zuvor. Er erhob sich vom Sofa und begrüßte uns ohne Anstrengung, als wir eintraten.
      »Etwas Neues?« fragte er eifrig.
      »Wie ich voraussah, kann ich Ihnen nur Negatives berichten«, sagte Holmes. »Ich bin bei Forbes und bei Ihrem Onkel gewesen, und ich habe einige Nachforschungen in Gang gesetzt, die vielleicht etwas erbringen.«
      »Sie haben also den Mut nicht verloren?«
      »Keinesfalls.«
      »Gott segne Sie dafür, daß Sie das gesagt haben!« rief Miss Harrison. »Wenn wir Mut und Geduld bewahren, muß die Wahrheit ans Licht kommen.«
      »Wir haben Ihnen mehr zu berichten als Sie uns«, sagte Mr. Phelps und setzte sich wieder auf die Couch.
      »Das hoffte ich.«
      »Ja, wir haben in der Nacht ein Abenteuer erlebt, eines, das sich als sehr schwerwiegend herausstellen könnte.« Er

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