Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Memoiren des Sherlock Holmes Bd. 2

Die Memoiren des Sherlock Holmes Bd. 2

Titel: Die Memoiren des Sherlock Holmes Bd. 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur Conan Doyle
Vom Netzwerk:
machte ein ernstes Gesicht, als er das sagte, und etwas wie Furcht glomm in seinen Augen auf. »Hören Sie«, sagte er, »ich glaube allmählich, daß ich unwissentlich Mittelpunkt einer ungeheuerlichen Konspiration geworden bin und sowohl mein Leben als auch meine Ehre auf dem Spiel stehen.«
      »Ach!« rief Holmes.
      »Es klingt unglaublich, denn ich habe, soviel ich weiß, auf der ganzen Welt keinen Feind. Aber nach dem, was ich in der letzten Nacht erlebte, kann ich zu keinem anderen Schluß kommen.«
      »Sprechen Sie bitte.«
      »Sie müssen wissen, daß ich letzte Nacht zum allerersten Mal ohne Pflegerin in diesem Zimmer geschlafen habe. Ich fühlte mich soviel besser, daß ich glaubte, ohne Hilfe auskommen zu können. Dennoch ließ ich eine Lampe brennen. Nun, gegen zwei Uhr morgens war ich in einen leichten Schlaf gefallen, aber plötzlich fühlte ich mich von einem leisen Geräusch aufgeschreckt. Es hörte sich an, als nagte eine Maus an einem Brett, und ich lag einige Zeit lauschend und behielt den Eindruck, das Geräusch habe eben diese Ursache. Dann wurde es stärker, und auf einmal hörte ich vom Fenster ein metallisches Klirren. Alarmiert setzte ich mich im Bett auf. Jetzt gab es keinen Zweifel mehr, was das Rumoren bedeutete. Das leise Geräusch war dadurch verursacht worden, daß jemand ein Instrument durch die Ritze zwischen den Fensterrahmen trieb, und das lautere rührte daher, daß man den Wirbel hochzudrücken suchte.
      Dann vernahm ich ungefähr zehn Minuten lang nichts, so als ob der Eindringling abwartete, ob ich von dem Geräusch wach geworden sei. Dann hörte ich ein leises Knarren; das Fenster wurde langsam geöffnet. Ich konnte mich nicht länger beherrschen, denn meine Nerven sind nicht mehr das, was sie einmal waren. Ich sprang aus dem Bett und riß die Läden auf. Im Fenster hockte ein Mann. Ich sah wenig von ihm, denn er verschwand wie der Blitz. Er war in einen weiten Mantel gehüllt, der auch den unteren Teil seines Gesichts bedeckte. Nur in einem bin ich mir ganz sicher: Er hatte eine Waffe in der Hand. Es schien ein langes Messer zu sein. Ich habe es deutlich blitzen sehen, als er davonrannte.«
      »Das ist äußerst interessant«, sagte Holmes. »Und was taten Sie dann?«
      »Wenn ich kräftiger gewesen wäre, hätte ich ihn durch das offene Fenster verfolgt. So aber läutete ich nur und alarmierte das Haus. Es dauerte einige Zeit, denn die Glocke hängt in der Küche, und das Personal schläft oben. Schließlich rief ich, und daraufhin kam Joseph, und er weckte dann die anderen. Joseph und der Stallknecht entdeckten Spuren in den Blumenbeeten vorm Fenster, aber in der letzten Zeit hat ja solch trockenes Wetter geherrscht, daß sie den Versuch, der Spur über den Rasen zu folgen, als hoffnungslos aufgaben. Doch am Holzzaun, an einer Stelle, wo er an die Landstraße stößt, fanden sie, wie sie mir berichteten, Anzeichen, daß jemand hinübergeklettert war. Oben war von einer Latte etwas abgebrochen. Bis jetzt habe ich der örtlichen Polizei noch nichts davon gesagt, denn ich wollte erst Ihre Meinung hören.«
      Diese Geschichte unseres Klienten schien Sherlock Holmes außerordentlich zu beeindrucken. Er stand auf und ging in unkontrollierter Erregung im Zimmer hin und her.
      »Ein Unglück kommt selten allein«, sagte Phelps lächelnd, obwohl deutlich war, daß das Abenteuer ihn ziemlich mitgenommen hatte.
      »Sie haben wahrlich Ihren Teil abbekommen«, sagte Holmes. »Glauben Sie, daß Sie mit mir ums Haus gehen können?«
      »O ja, ein bißchen Sonne wird mir guttun. Joseph wird mitkommen.«
      »Und ich auch«, sagte Miss Harrison.
      »Ich fürchte, Sie werden uns nicht begleiten«, sagte Holmes und schüttelte den Kopf. »Ich muß Sie bitten, genau dort sitzen zu bleiben, wo Sie sind.«
      Die junge Dame nahm unlustig wieder ihren Platz ein. Doch ihr Bruder stieß zu uns, und wir vier verließen das Haus. Wir gingen über den Rasen bis unter das Fenster des jungen Diplomaten. Dort fanden wir, wie er gesagt hatte, Spuren im Blumenbeet, aber sie waren hoffnungslos verschwommen und unscharf. Holmes beugte sich kurz über sie und richtete sich dann achselzukkend wieder auf.
      »Ich glaube nicht, daß man damit etwas anfangen kann«, sagte er. »Gehen wir um das Haus und versuchen wir, herauszubekommen, warum der Eindringling sich ausgerechnet dieses Zimmer ausgesucht hat. Ich stelle mir vor, daß die größeren Fenster zum Salon und zum

Weitere Kostenlose Bücher