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Die Memoiren des Sherlock Holmes Bd. 2

Die Memoiren des Sherlock Holmes Bd. 2

Titel: Die Memoiren des Sherlock Holmes Bd. 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur Conan Doyle
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auf, warf die schwarze Soutane und den Hut ab, womit er sich verkleidet hatte, und verstaute beides in einem Handköfferchen.
      »Haben Sie die Morgenzeitung gelesen, Watson?«
      »Nein.«
      »Sie wissen also nichts über die Baker Street?«
    »Über die Baker Street?«
      »Sie haben in unserer Wohnung einen Brand gelegt. Es ist nicht viel Schaden angerichtet worden.«
      »Du lieber Himmel, Holmes! Das ist unerträglich.«
      »Sie müssen meine Spur völlig verloren haben, seit sich ihr Mann mit dem Totschläger in Haft befindet. Sonst hätten sie nicht annehmen können, ich sei in meine Wohnung zurückgekehrt. Offensichtlich wurden Sie überwacht; so erklärt es sich, daß Moriarty zum Bahnhof kam. Sie haben nicht vielleicht einen Fehler auf Ihrem Herweg gemacht?«
      »Ich hielt mich genau an Ihre Anweisungen.«
      »Haben Sie den Brougham gefunden?«
      »Ja, er wartete.«
      »Erkannten Sie den Kutscher?«
      »Nein.«
      »Das war mein Bruder Mycroft. Es ist von Vorteil, wenn man in solchem Fall nicht einen gemieteten Mann ins Vertrauen zu ziehen braucht. Aber wir müssen uns überlegen, was wir jetzt in bezug auf Moriarty unternehmen.«
      »Da dies hier ein Expreß ist und er außerdem Anschluß an das Schiff hat, denke ich doch, daß wir ihn wirkungsvoll abhängen konnten.«
      »Mein lieber Watson, Sie haben anscheinend die Bedeutung meiner Worte nicht begriffen, als ich sagte, der Mann müsse als auf demselben intellektuellen Niveau wie ich stehend angesehen werden. Käme es Ihnen in den Sinn, daß ich mich, wenn ich der Verfolger wäre, so leicht täuschen ließe? Warum also haben Sie von ihm eine so geringe Meinung?«
      »Was wird er unternehmen?«
      »Was ich jetzt tun würde.«
      »Ja, was würden Sie denn tun?«
      »Einen Extra-Zug nehmen.«
      »Ist es dazu nicht schon zu spät?«
      »Auf keinen Fall. Der Zug hält in Canterbury; und dann gibt es am Schiff immer mindestens eine Viertelstunde Aufenthalt. Dort wird er uns auflauern.«
      »Man könnte meinen, wir sind Verbrecher. Sorgen wir doch dafür, daß er bei seiner Ankunft verhaftet wird.«
      »Das hieße die Arbeit von drei Monaten ruinieren. Wir würden den großen Fisch fangen, aber die kleineren gingen uns nicht ins Netz. Montag hätten wir sie alle. Nein, wir dürfen ihn nicht verhaften lassen.«
      »Was aber dann?«
      »Wir werden in Canterbury aussteigen.«
      »Und wie weiter?«
      »Nun, von da beginnt eine Reise quer durchs Land nach Newhaven, und von dort geht’s hinüber nach Dieppe. Moriarty wird wiederum das tun, was ich täte. Er wird nach Paris fahren, unser Gepäck auskundschaften und bei der Aufbewahrung zwei Tage auf uns warten. In der Zeit werden wir den Fabrikanten der Länder, durch die wir reisen, auf die Beine helfen, indem wir uns mit einigen Reisetaschen ausrüsten; wir nehmen unseren Weg in aller Ruhe über Luxemburg und Basel nach der Schweiz.«
      Ich bin schon zu oft gereist, um mich durch einen Verlust des Gepäcks ernstlich belästigt zu fühlen, aber ich gestehe, daß mich die Vorstellung ärgerte, vor einem Mann ausweichen und mich verstecken zu sollen, dessen Register schwarz von unaussprechlichen Niederträchtigkeiten war. Dennoch: Holmes begriff die Lage offensichtlich besser als ich. So stiegen wir denn in Canterbury aus und mußten feststellen, daß wir eine Stunde auf den Zug nach Newhaven zu warten hatten.
      Ich blickte noch ziemlich kläglich dem Gepäckwagen, der meine Garderobe entführte, hinterdrein, als Holmes mich am Ärmel zupfte und in die Ferne wies.
      »Da ist er schon«, sagte er.
      Fern von uns, in den Wäldern Kents, stieg dünner Rauch auf. Eine Minute später sauste eine Lokomotive mit einem Waggon um die einsehbare Kurve vor dem Bahnhof. Uns blieb kaum Zeit, einen Platz hinter einem Stoß Gepäckstücke zu finden, als das Gefährt ratternd und fauchend vorüberraste und einen Schwall heißer Luft in unsere Gesichter blies.
      Wir blickten dem über die Weichen rüttelnden und schwankenden Waggon nach. »Da fährt er nun. Die Intelligenz unseres Freundes ist doch begrenzt. Es wäre ein coup de maître gewesen, hätte er geschlußfolgert, was ich schlußfolgerte, und danach gehandelt.«
      »Und was würde er getan haben, wenn er uns erwischt hätte?«
      »Es gibt nicht den geringsten Zweifel daran, daß er einen Mordanschlag auf mich verübt hätte. Aber das ist nun einmal ein Spiel, in dem zwei spielen.

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