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Die Menschenleserin

Die Menschenleserin

Titel: Die Menschenleserin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeffery Deaver
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der Brieftasche. Woher könnte die stammen?... Wie wär’s damit? Was ist, falls es sich überhaupt nicht um Robert Herrons Brieftasche handelt? Was ist, wenn dieser hinterhältige Cop, von dem wir hier reden, einfach irgendeine Brieftasche gekauft und die Initialen R. H. in das Leder hat prägen lassen? Dann hat er die Brieftasche und den Hammer in dem Brunnen versteckt. Vielleicht letzten Monat. Oder sogar erst letzte Woche. Was halten Sie davon, Daniel?«
    Pell senkte den Kopf – sie konnte seine Augen nicht sehen – und sagte nichts.
    Alles lief genau so, wie sie es geplant hatte.
    Dance hatte ihn dazu veranlasst, die glaubwürdigere der beiden Erklärungen für seine Unschuld auszuwählen – und hatte ihm dann dargelegt, dass diese Erklärung keineswegs glaubwürdig war. Keine geistig gesunde Jury würde glauben, dass die Polizei Beweise gefälscht und Werkzeuge aus einem Haus gestohlen hätte, das Hunderte von Meilen vom Tatort entfernt lag. Pell begriff nun, welchen Fehler er begangen hatte. Er saß in der Falle.
    Schachmatt ...
    Ihr Herz schlug ein wenig schneller, und sie rechnete damit, dass er nun womöglich um eine Absprache mit der Staatsanwaltschaft bitten würde.
    Sie irrte sich.
    Sein Kopf ruckte hoch, und sein Blick bohrte sich voller Bösartigkeit in ihre Augen. Pell sprang so weit vor, wie er konnte. Nur die Ketten, die an dem mit Bolzen am Fliesenboden gesicherten Stuhl befestigt waren, hielten ihn davon ab, seine Zähne in Dances Fleisch zu vergraben.
    Sie keuchte erschrocken auf und zuckte zurück.
    »Du verdammte Schlampe! Oh, jetzt wird mir alles klar. Natürlich, du steckst auch mit drin! Ja, ja, schiebt alles ruhig auf Daniel. Ich bin an allem schuld! Ich bin ein einfaches Opfer. Und du kommst hier rein und tust ganz freundlich und stellst mir ein paar Fragen. Herrje, du bist genau wie die anderen!«
    Ihr Herz klopfte jetzt wie wild, und sie hatte Angst. Aber sie merkte schnell, dass die Fesseln halten würden und er sie nicht erreichen konnte. Sie wandte sich zu dem Spiegel um, hinter dem der Beamte bei der Videokamera mit Sicherheit aufgestanden war, um ihr zu helfen. Doch Dance sah in seine Richtung und schüttelte den Kopf. Der Fortgang der Sitzung war wichtig.
    Dann wich Pells Wut schlagartig einer kalten Ruhe. Er lehnte sich zurück, atmete tief durch und betrachtete sie erneut. »Sie sind Mitte dreißig, Officer Dance, und eigentlich ganz hübsch. Wie eine Lesbe sehen Sie nicht aus, also dürfte es einen Mann in Ihrem Leben geben. Oder gegeben haben.« Ein dritter Blick auf den Perlenring.
    »Falls meine Theorie Ihnen nicht gefällt, Daniel, lassen Sie uns doch eine neue aufstellen. Darüber, was wirklich mit Robert Herron passiert ist.«
    Es war, als hätte sie kein Wort gesagt. »Und Sie haben Kinder, richtig? Na klar, haben Sie. Das kann ich sehen. Erzählen Sie mir von ihnen. Erzählen Sie mir von den Kleinen. Noch nicht allzu alt und wenige Jahre auseinander, möchte ich wetten.«
    Das ging ihr nahe, und sie dachte sofort an Maggie und Wes. Aber sie versuchte, sich nichts anmerken zu lassen. Er weiß natürlich nicht , dass ich Kinder habe. Das ist unmöglich. Aber er verhält sich, als sei er sich sicher. Ist ihm an meinem Verhalten etwas aufgefallen? Etwas, das ihm verraten hat, dass ich Mutter bin?
    Der Verdächtige nimmt Sie genauso gründlich in Augenschein wie Sie ihn ...
    »Hören Sie, Daniel«, sagte sie besänftigend, »ein solcher Ausbruch hilft uns allen nicht weiter.«
    »Wissen Sie, ich habe Freunde draußen. Die sind mir noch was schuldig. Die würden Ihnen gern mal einen Besuch abstatten. Oder etwas Zeit mit Ihrem Mann und den Kindern verbringen. Ja, das Leben als Cop ist hart. Die Kleinen sind oft allein, nicht wahr? Bestimmt freuen sie sich über ein paar neue Spielkameraden.«
    Dance hielt seinem Blick stand, ohne mit der Wimper zu zucken. »Könnten Sie mir erzählen, in welcher Verbindung Sie zu dem Häftling in Capitola stehen?«, fragte sie.
    »Ja, könnte ich. Werde ich aber nicht.« In seinem unterkühlten Tonfall lag Spott, weil er andeuten wollte, dass sie als Vernehmungsspezialistin ihre Frage nachlässig formuliert hatte. »Ich glaube, es ist an der Zeit, dass ich in meine Zelle zurückkehre«, fügte er ruhig hinzu.

... Zwei

    Alonzo »Sandy« Sandoval, der leitende Staatsanwalt von Monterey County, war ein gut aussehender, rundlicher Mann mit dichtem schwarzem Haar und einem stattlichen Schnurrbart. Er saß eine Etage über den Haftzellen in

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