Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Menschenleserin

Die Menschenleserin

Titel: Die Menschenleserin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeffery Deaver
Vom Netzwerk:
holen.«
    »Nein, das hat er der Direktorin erzählt.« Pell verzog das Gesicht erneut zu einem belustigten Lächeln. »Warum reden Sie nicht mal mit ihm über die Sache? Sie haben scharfe Augen, Officer Dance. Mir ist nicht entgangen, wie Sie mich gemustert haben, um herauszufinden, ob ich die Wahrheit sage. Ich wette, Sie würden innerhalb kürzester Zeit feststellen, dass der Junge lügt.«
    Sie ließ sich nicht aus der Ruhe bringen, dachte aber daran, wie selten es war, dass ein Verdächtiger es merkte, wenn er kinesisch analysiert wurde.
    »Aber woher wusste er denn von den Beweisen in dem Schacht?«
    »Oh, das habe ich mir inzwischen zusammengereimt. Jemand hat meinen Hammer gestohlen, damit Herron ermordet und die Sachen dann in dem Brunnen deponiert, um mich zu belasten. Dabei hat er Handschuhe getragen. Diese Gummidinger, wie sie bei CSI auch immer alle anhaben.«
    Er war weiterhin entspannt. Die Körpersprache hatte sich nicht verändert. Er vollführte lediglich die üblichen Bewegungen, die so gut wie jede Unterredung begleiten, zum Beispiel Achselzucken oder kleine Gesten. Nichts wies auf Anspannung oder andere Gefühlsregungen hin.
    »Aber falls der Täter das vorgehabt hat, wieso hat er nicht damals die Polizei gerufen und ihr den Fundort des Hammers verraten?«, wandte Dance ein. »Warum sollte er mehr als zehn Jahre warten?«
    »Weil er ziemlich gerissen ist, schätze ich. Er hat auf den richtigen Augenblick gewartet und dann die Falle zuschnappen lassen.«
    »Und weshalb hat der wahre Mörder den Häftling in Capitola benutzt? Wieso hat er nicht direkt die Polizei verständigt?«
    Ein Zögern. Dann ein Lachen. Seine blauen Augen funkelten vor offenbar aufrichtiger Erregung. »Weil die ebenfalls darin verwickelt ist. Die Polizei. Na klar... Die Cops können den Fall Herron nicht aufklären und wollen irgendjemandem die Schuld zuschieben. Warum nicht mir ? Ich sitze ja bereits im Knast. Ich wette, die Bullen haben den Hammer selbst deponiert.«
    »Sehen wir uns das etwas genauer an. Sie sagen hier zwei verschiedene Dinge. Erstens, jemand hat Ihren Hammer vor Herrons Tod gestohlen, ihn damit ermordet und will Sie nun, nach all der langen Zeit, ans Messer liefern. Doch Ihre zweite Version lautet, die Polizei habe sich Ihren Hammer besorgt und ihn zu Ihrer Belastung in dem Brunnen platziert, nachdem Herron von jemand völlig anderem ermordet worden war. Das widerspricht sich. Es geht nur entweder das eine oder das andere. Was halten Sie für wahrscheinlicher?«
    »Hm.« Pell überlegte einige Sekunden lang. »Okay. Ich nehme Nummer zwei. Die Polizei. Es ist ein abgekartetes Spiel. Das muss es gewesen sein.«
    Sie sah ihm in die Augen, Grün in Blau. Nickte zustimmend. »Nehmen wir mal an, es trifft zu. Erstens, woher sollte die Polizei den Hammer haben?«
    Er dachte nach. »Aus der Zeit, als ich wegen dieser Carmel-Sache verhaftet wurde.«
    »Die Croyton-Morde 1999?«
    »Genau. In meinem Haus in Seaside wurde jede Menge Kram sichergestellt.«
    Dance runzelte die Stirn. »Das bezweifle ich. Beweisstücke werden zu gründlich dokumentiert. Nein, ich halte es für wesentlich glaubwürdiger, dass der Hammer erst kürzlich gestohlen worden ist. Wo könnte man heutzutage einen Hammer von Ihnen finden? Haben Sie hier im Staat irgendwelchen Grundbesitz?«
    »Nein.«
    »Könnten Verwandte oder Freunde Werkzeuge von Ihnen besitzen?«
    »Eigentlich nicht.«
    Was keine Antwort auf eine Ja-oder-nein-Frage war; es war sogar noch ausweichender als »Ich kann mich nicht erinnern«. Dance fiel außerdem auf, dass Pell bei dem Wort »Verwandte« seine Hände mit den langen, sauberen Fingernägeln auf die Tischplatte gelegt hatte. Das war eine Abweichung von seinem bisherigen Verhalten. Es bedeutete nicht, dass er log, aber er empfand eindeutig Stress. Die Fragen brachten ihn aus der Fassung.
    »Daniel, leben einer oder mehrere Ihrer Angehörigen in Kalifornien?«
    Er zögerte, musste bemerkt haben, dass Dance zu der Sorte gehörte, die jedes seiner Worte auf die Goldwaage legte – was zutraf -, und sagte dann: »Es ist nur noch meine Tante übrig. Unten in Bakersfield.«
    »Heißt sie auch Pell?«
    Wieder eine Pause. »Ja... Das ist gar keine so üble Idee, Officer Dance. Ich wette, die Deputies, die den Fall Herron versiebt haben, haben den Hammer aus ihrem Haus gestohlen und in dem Schacht deponiert. Diese Kerle stecken hinter der ganzen Sache. Warum sprechen Sie nicht mal mit denen?«
    »Also gut. Kommen wir jetzt zu

Weitere Kostenlose Bücher