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Die Merle-Trilogie 02 - Das steinerne Licht

Die Merle-Trilogie 02 - Das steinerne Licht

Titel: Die Merle-Trilogie 02 - Das steinerne Licht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
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hörig machte?
    Nicht alle anderen. Unke widerstand dem Zauber der Sphinx. Serafin hatte gar den Verdacht, dass Unke Lalapeja in ihrer wahren Gestalt durch die Gänge schleichen sah, eine Kreatur halb Mensch, halb Löwin, die sich auf den Samtpfoten einer Raubkatze vorwärts bewegte. Auch ihm war bereits aufgefallen, dass Lalapeja weniger Laute verursachte als jeder andere, weniger sogar als er selbst. Es mochte den Anschein haben, als liefe sie auf Menschenfüßen - die Wahrheit aber war eine andere.
    Die Sphinx war kein Mensch und würde nie einer sein. Warum also interessierte sie sich für Venedig und seine Bewohner? Was brachte sie dazu, eine Horde von Straßenkindern anzustiften, ein Attentat auf den Pharao zu verüben? Auf den Pharao! Serafin konnte noch immer nicht fassen, worauf er sich eingelassen hatte.
    »Unke«, flüsterte er im Halbdunkel der unterirdischen Kanäle.
    Sie sah ihn an, über den Rand des Tuchs hinweg, das ihre Mundpartie verdeckte. Sie nickte, einmal nur, ganz kurz.
    »Spürst du es auch?«, fragte er.
    Abermals nickte sie.
    »Was ist das?« Er rieb sich mit der Hand über den rechten Unterarm. Die Härchen standen aufrecht, und seine Haut kribbelte, als hätte er mit den Fingern in einen Ameisenhaufen gegriffen.
    »Magie«, sagte Unke.
    »Sphinxzauber, von den Kommandanten des Pharao gewirkt«, sagte Lalapeja, die mit einem Mal neben der Meerjungfrau stand, als hätte man die Finsternis in die Form einer jungen Frau gegossen.
    Unke warf ihr einen Seitenblick zu, sagte aber nichts.
    »Sphinxzauber?«, fragt Serafin. Er hoffte inständig, dass die anderen Jungen seine Unsicherheit nicht bemerkten. Zumindest Dario aber durchschaute ihn sofort und blieb neben ihm stehen.
    Serafin hob eine Hand und brachte den kleinen Trupp zum Halten. Er selbst, Dario und die beiden Frauen bildeten die Spitze. Tiziano, Boro und der klein gewachsene Aristide, den sie aufgrund seiner Wendigkeit und Geschicklichkeit ausgewählt hatten, waren ihnen bislang ohne ein einziges Widerwort, ohne Fragen oder zweifelnde Blicke gefolgt, entlang jener geheimen Kanäle, die außer Serafin nur eine Hand voll anderer Meisterdiebe kannte. Kanäle, die sich unter den Plätzen und Gassen der Stadt erstreckten und sich dennoch knapp oberhalb des Wasserspiegels befanden. An manchen Stellen war der Boden nass, an anderen bis auf Knöchelhöhe überspült; im Großen und Ganzen aber waren die geheimen Wege trocken. Trocken genug für eine Gruppe von Meuchelmördern.
    Mörder, wiederholte Serafin in Gedanken. Das war das Wort, das er bislang gemieden hatte wie ein Steinlöwe das Wasser. Er war Dieb, einer der besten, aber gewiss kein Mörder.
    »Was bedeutet das: Sphinxzauber?«, fragte er, diesmal gleich an Lalapeja gewandt. Er wusste, die anderen hätten das nicht mithören sollen, aber sein Gewissen verbot ihm, sie im Unklaren zu lassen. Falls sie geradewegs in eine magische Falle liefen, hatte jeder das Recht, darüber Bescheid zu wissen. Was sie taten, geschah aus freiem Willen, nicht aus Pflichtgefühl. Sie taten es für sich, nicht für die gottverdammte Stadt oder gar die Bürger, die sich bislang einen Dreck um die bettelnden Gassenkinder geschert hatten.
    Für sich. Für jeden Einzelnen von ihnen.
    Für mich, dachte Serafin.
    Auf den Gesichtern der Jungen las er noch etwas anderes: für Lalapeja. Das beunruhigte ihn beinahe mehr als das magische Kribbeln auf seiner Haut.
    »Sphinxzauber werden von -«, begann Lalapeja, wurde aber von Serafin unterbrochen:
    »Von Sphinxen gewirkt. Ja, das sagtest du bereits. Aber was richten sie aus?«
    Tiziano und Aristide starrten ihn mit geweiteten Augen an. So respektlos hatte noch niemand mit Lalapeja gesprochen.
    Doch sie kümmerte sich nicht darum. Mit einem Lächeln sah sie Serafin an, hielt ihn fest im Blick und fuhr fort: »Solch ein Zauber mag alles Mögliche bedeuten. Er kann jeden, der unter seinen Einfluss gerät, töten, und zwar auf mehr Arten, als Menschen sich ausmalen können. Er kann auch harmlos sein und lediglich jene warnen, die ihn ausgesprochen haben.«
    »Dann wissen sie jetzt, dass wir hier sind?«, fragte Dario alarmiert. Selbst im Dunkeln konnte Serafin sehen, wie sehr Dario schwitzte. Auch Serafins Stirn war feucht, und alle paar Schritte musste er sich mit der Hand durchs Gesicht wischen, damit die Rinnsale ihm nicht in die Augen liefen.
    »Sie würden es wissen - wenn ich den Zauber nicht blockiert hätte«, sagte die Sphinx, und nun wurde ihr Lächeln ein

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