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Die Merle-Trilogie 02 - Das steinerne Licht

Die Merle-Trilogie 02 - Das steinerne Licht

Titel: Die Merle-Trilogie 02 - Das steinerne Licht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
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kein Wort, das die Stimmung hob, und so stellte niemand weitere Fragen. Sie waren niedergeschlagen genug, ihre Furcht saß zu tief.
    Serafin führte sie durch verstaubte Gänge, so schmal, dass sie hintereinander gehen mussten. Sie passierten offen stehende Zellen, aus denen ein abscheulicher Geruch drang, auch wenn es lange her war, seit hier jemand festgehalten worden war.
    Draußen herrschte eine laue Wärme wie im Frühjahr, und doch hatten sie unter den Bleidächern alle Mühe beim Durchatmen. Die aufgestaute Luft der Bleikammern fühlte sich in ihren Lungen an wie heißes Wasser. Allein Lalapeja, deren Volk aus den großen Wüsten stammte, blieb davon unberührt. Sie und Unke flüsterten ein paar Mal miteinander, aber Serafin verstand nicht, was sie sagten.
    Schließlich gelangten sie in einen leeren Raum, der einst als Folterkammer gedient hatte. Serafin machte vor einer schmalen Eisentür mit eingelassenem Gitterfenster Halt. Sie war verschlossen, doch es dauerte nur wenige Augenblicke, da hatte er sie mit der Spitze seines Dolchs entriegelt. Hinter der Tür führten enge Stufen steil nach unten, augenscheinlich im Inneren einer Wand.
    »Diese Treppe endet hinter der Vertäfelung eines Saals im Obergeschoss«, flüsterte er. »Von jetzt an kein Wort mehr! Und macht euch bereit für das große Feuerwerk.«
    »Serafin?« Tiziano hielt ihn am Arm zurück, als er gerade vorausgehen wollte.
    »Was?«
    »Wenn wir es schaffen… ich meine, falls wir diese Sache überleben, wie kommen wir dann wieder hier raus?«
    Serafin atmete tief durch, nicht wegen der schlechten Luft, sondern weil er befürchtet hatte, dass jemand diese Frage stellen würde. Zugleich war er froh, es endlich hinter sich zu bringen. Er warf Lalapeja einen kurzen Blick zu, aber sie nickte nur aufmunternd und überließ ihm das Reden. Und damit wohl auch die Verantwortung.
    Serafin seufzte. »Ihr wisst alle, dass es nicht vorbei sein wird, wenn der Pharao tot ist. Seine Garde wird uns angreifen, und es ist nur zu wahrscheinlich, dass es innerhalb von ein paar Sekunden dort unten von Mumienkriegern nur so wimmelt. Ganz zu schweigen von den Horuspriestern und« - noch ein Blick auf Lalapeja - »den Sphinx-Kommandanten.«
    Boro stieß ein heiseres Lachen aus. Es sollte abgebrüht klingen, aber alle durchschauten ihn. »Wir sind so gut wie tot.«
    Serafin zuckte die Achseln. »Vielleicht. Vielleicht auch nicht. Unsere Schnelligkeit zählt. Wenn wir die Möglichkeit bekommen, uns zurückzuziehen, werden wir das auf demselben Weg tun. Diese Treppe hier hinauf, durch die Bleikammern, und die Wendeltreppe wieder hinunter zu den Geheimgängen.«
    »Und dann?«
    »Dann heißt es laufen.«
    »Nein«, widersprach Unke. »Das wird nicht nötig sein. Dort unten werden wir Hilfe bekommen. Ihr erinnert euch an die alte Anlegestelle unter der Calle dei Fuseri, oder? Das Wasserbecken, das wir eben gesehen haben?« Die Jungen nickten. »Dort wartet Unterstützung auf uns. Von dort aus können wir fliehen.«
    Dario stieß zischend Luft durch die Zähne. »Meerjungfrauen? «
    Unke gab keine Antwort, aber alle wussten, dass er Recht hatte.
    Auf den Stufen zogen sie ihre Waffen. Jeder hatte einen Revolver mit sechs Schuss, außerdem eine Tasche voller Munition. Dario, Boro und Tiziano trugen zudem Säbel. Unke besaß nur ein kleines Messer, nicht länger als ihr Daumen, doch es war schärfer als jede Klinge, die Serafin bisher gesehen hatte.
    Lalapeja schließlich war unbewaffnet. Serafin war sicher, dass sie über andere Mittel verfügte, um sich zu wehren. Sie war eine Sphinx, ein Wesen aus purer Magie. Sie war es, die sie alle zusammengeführt hatte. Und sie war - darauf hoffte er - der Schlüssel zum Untergang des Pharaos.
    Am Fuß der Treppe stießen sie auf eine weitere Tür, höher diesmal, die Rückseite einer Wandtafel. Es gab keinen Riegel, kein Schloss. Gesichert war sie durch einen geheimen Mechanismus an der Außenseite.
    Lalapeja trat zurück, schob sich hinter die Reihe der Jungen. So war es abgesprochen. Sie brauchte Zeit, um ihre Magie gegen den Pharao zu wirken, Zeit, die die anderen ihr verschaffen sollten.
    Serafin und Dario wechselten einen Blick, nickten sich zu, dann traten sie mit vereinter Kraft gegen das Holz. Mit einem stumpfen Bersten brach die Tafel aus der Wand und krachte auf der anderen Seite flach auf den Boden. Staub wallte auf, und für einen Augenblick hallte das Donnern des Aufpralls in Serafins Ohren nach.
    Mit einem wilden Aufschrei

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