Die Messermacher (German Edition)
Gedanken. Sie wollte nur endlich wissen, was mit ihrem Opa geschehen war. Ihm durfte nichts passiert sein!
Warum meldete er sich denn nicht?
Vielleicht musste sie nur ganz fest an ihn denken – das hatte doch schon oft geklappt zwischen ihnen beiden. Eigentlich glaubte sie ja nicht an Telepathie, doch zwischen ihr und ihrem Großvater hatte das wirklich schon oft funktioniert.
„Ich geh mal kurz raus in die Sonne. Wie lange machen wir noch Mittagspause? Arbeiten wir heute überhaupt noch?“, wollte das Mädchen wissen und schnappte sich ihre moderne, großrandige Sonnenbrille.
„Ich denke, wir sollten so schnell wie möglich wieder zum Alltag zurückkehren. Das lenkt ab und wir haben doch so viele Aufträge, die termingerecht erledigt werden sollten. Noch ne halbe Stunde, dann gehen wir wieder an die Arbeit“, entschied Jakob, der sich als Ältester nun berufen fühlte, Entscheidungen zu treffen. Marianne und Tobias schauten sich zwar seufzend an, doch im Moment wollten sie ihrem Bruder auch nicht widersprechen. Er hatte ja in allen Punkten Recht – so würde die Wartezeit, bis Reno sich endlich melden würde, schneller vorübergehen. Dass er sich melden würde, war irgendwie allen klar. Einen anderen Gedanken ließen sie gar nicht zu.
Felix war Nora in den Garten gefolgt, doch als er sich zu ihr setzen wollte, wimmelte sie ihn unfreundlich ab, was eigentlich gar nicht ihre Art war. Beleidigt zog der Junge wieder ab, doch er wollte seiner Schwester nicht lange grollen, denn in dieser Ausnahmesituation reagierten alle nicht so wie gewohnt. Er selbst war ja normalerweise auch nicht so anhänglich, doch heute wäre er seiner Schwester am liebsten überall hin gefolgt. Wenn seine geliebte Mutter nicht da war, hielt er sich meistens an Nora. Mit seinem Vater zu kuscheln fand er dann doch etwas abwegig, ebenso wollte er sich nicht an Tobias oder Marianne hängen. Er mochte die zwei zwar sehr gerne, doch körperliche Nähe hatte er nur als Kleinkind zugelassen. Jetzt war er dafür doch schon zu alt, nur seine Mutter durfte ihn noch in den Arm nehmen und zu einer abendlichen Rückenmassage sagte er auch selten nein. Wenn er an Delfina mit ihrem weichen Körper und den immer nach Kokos duftenden Haaren dachte, bekam er eine fast körperlich schmerzende Sehnsucht nach seiner Mutter. Nur noch zwei Tage, dann konnte er sie wieder in die Arme nehmen und sich von ihr trösten lassen (wenn es niemand sah!).
Nora unterdessen hatte sich in die Hollywood-Schaukel gesetzt, ließ sich hin und her wiegen und dachte mit allen Fasern ihres Körpers an ihren geliebten Opa. Immer wieder murmelte sie: „Opa, bitte ruf an … bitte melde dich … Opa bitte!“ Eine halbe Stunde lang, bis ihr Vater zur Arbeit rief, hatte sie vor sich hin gemurmelt und gerade, als sie resigniert und traurig aufstand, um ins Haus zu gehen, läutete das Telefon.
8
Während der Befragungen im Hause Angerer war Reno in sein Camping-Häuschen gegangen und hatte sich ins Bett gelegt. Obwohl er total erschöpft war und sich seine Gedanken immer noch im Kreis drehten, hatte er zunächst nicht einschlafen können. Der blöde Köter von nebenan hatte auch immer mal wieder gebellt und so hatte es eine Weile gedauert, bis sich der erlösende Schlaf endlich eingestellt hatte.
Unruhig warf der alte Mann sich im Schlaf nun hin und her – es war nicht verwunderlich, dass er nach den nächtlichen Erlebnissen von Albträumen geplagt wurde. So wachte er nach 2 Stunden auch völlig schweißgebadet auf und wusste zunächst nicht, wo er sich befand. Erst als er Amigo, diesen ollen Kläffer, vom Nachbarhaus her bellen hörte, erinnerte er sich wieder. Doch was hatte er da gerade geträumt? Konnte es wirklich so gewesen sein, dass jemand anderes im Haus gewesen war und Adele mit einem Kissen erstickt hatte? In seinem Traum hatte er so etwas gesehen, aber nicht, wer es war. Wie konnte er das herausfinden? War es wirklich so gewesen oder hatte er einfach nur irgendetwas geträumt? Wer spukte gerade noch in seinen Gedanken umher? Er versuchte, sich darauf zu konzentrieren und allmählich wurde ihm immer klarer, wer ihn da mit der Macht ihrer Gedanken rief: Nora! Das arme Kind musste ja total verstört sein! Wie hatte er nur so egoistisch sein können? Womöglich hatten sie oder ihr Bruder die tote Adele gefunden. Oh mein Gott, meine armen Enkel! Das konnte er nie mehr gutmachen! Was würden sie nur von ihm denken, dass er sie so im Stich
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