Die Messermacher (German Edition)
fragenden Blick und den leicht genervten Blick der Verkäuferin ignorierte sie einfach. Mit Blick auf ihren draußen wie verrückt herumhüpfenden Hund verkündete sie:
„Ich muss los – Amigo hasst es, wenn er draußen warten muss. Man sieht sich …“, und schon war sie draußen.
„Wird Zeit, dass die mal wieder einen Roman verkauft“, murmelte die Verkäuferin mehr zu sich selbst, doch Reno hatte sie genau verstanden. Seine Augen waren zwar nicht mehr ganz so gut, aber seine Ohren schon. Schriftstellerin war sie also, folgerte er aus den Worten der Dame, die nun eifrig seine Waren aus dem Korb zog und alles eintippte. Amüsiert beobachtete er sie, denn es war eine uralte Kasse, ein riesiges schwarzes Ungetüm mit hohen Tasten und einer Kurbel an der Seite. Den Betrag, den er zu bezahlen hatte, konnte er an vier nach oben gehüpften weißen Tasten mit schwarzen Zahlen ablesen. Solche Kassen waren zu seiner Jugendzeit höchst modern gewesen. Es freute den alten Mann, dass es doch noch ein paar solche urige Dinger gab, die sogar noch einwandfrei funktionierten. Beim Klingeln der Kasse sprang die Schublade auf und dieser Ton versetzte Reno wieder in seine Schulzeit. Schon wieder wollte er sich von anderen Gedanken ablenken lassen, doch die Kassiererin holte ihn in die Gegenwart zurück:
„Haben Sie es nicht kleiner? Auf einen Zweihunderter kann ich nicht rausgeben! Wenn ich ehrlich bin, hab ich so einen noch nie gesehen“, gestand sie kleinlaut. Anscheinend schämte sie sich, das zugeben zu müssen.
Reno schaute bestürzt in seinen prall gefüllten Geldbeutel und musste feststellen, dass er außer Zweihundertern und sogar einem Fünfhunderter nichts Kleineres dabei hatte, und schüttelte bedauernd den Kopf.
„Was machen wir denn nun? Kann man bei Ihnen auch mit Karte bezahlen?“, fragte er hoffnungsvoll, obwohl er nirgends ein Eingabegerät sehen konnte.
„Nein, das haben wir auch nicht. Also entweder legen Sie die Sachen wieder zurück oder ich lege Sie Ihnen beiseite, Sie gehen zum nächsten Bankautomaten und kommen dann mit kleineren Scheinen zurück.“
„Wo ist der nächste Automat denn? Ich bin nämlich nicht von hier“, fragte Reno schnell, denn hinter ihm wurden zwei alte Damen langsam ungeduldig. Ja, die Rentner – die hatten nie Zeit!
„Gleich um die Ecke ist unsere kleine Sparkasse. Da gibt es auch einen Automaten. Soll ich die Sachen also zurücklegen?“, fragte die Verkäuferin nun ebenfalls etwas ungeduldig.
„Ja bitte. Das wäre wirklich sehr freundlich von Ihnen und entschuldigen Sie nochmals die Unannehmlichkeiten“, sagte er auch mit Blick auf die wartenden Frauen. Wie erwartet erlagen alle drei Damen seinem Charme und sie beteuerten, das wäre doch nicht so schlimm. Mit einem freundlichen Gruß verließ Reno das Lädchen um draußen sofort wieder den Kopf hängen zu lassen und schwer seufzend den Bankautomaten anzusteuern. Da hatte man nun über 1000 Euro in der Tasche und konnte erst nichts damit anfangen! Wo gab`s denn so was? Doch beim Automaten tat sich ihm die nächste Hürde auf, denn er hatte zwar seine Karte dabei, aber die Pin-Nummer vergessen! Er brauchte sie so gut wie nie, da er sein Geld immer am Schalter seiner Hausbank in Ottenbach abholte und dann immer bar bezahlte. Obwohl er kein waschechter Schwabe war, sah er es trotzdem nicht ein, für jede Zahlung mit der Bankkarte Gebühren zahlen zu müssen. Das hatte er nun davon – hier kam er nicht an Geld heran. Doch plötzlich musste er laut lachen und mit Schwung stieß er die Türe zum Schalterraum auf.
„So schwungvoll heute schon, der Herr?“, fragte eine hübsche junge Dame freundlich. „Was kann ich für Sie tun?“
„Ich wollte nur schnell einen Fünfhunderter kleinmachen. Können Sie mir den bitte in Fünfer, Zehner, Zwanziger und Fünfziger wechseln?“, fragte Reno hoffnungsfroh und knallte mit einem entwaffnenden Lächeln den lila Schein auf die Theke.
„Sie sind kein Kunde unserer Bank?“, fragte Frl. Heimlich (so stand es auf ihrem Namensschild).
„Nein, ich bin normalerweise bei der Volksbank, aber diese haben Sie hier im Ort ja nicht. Ich bin hier auf Urlaub“, stellte Reno klar und sah nun besorgt in das skeptische Gesicht des jungen Fräuleins. Diese war sich anscheinend nicht sicher, ob der Schein echt war und entschuldigte sich mit den Worten: „Bin gleich wieder da.“
Was sollte das nun wieder? War der Schein etwa gefälscht? Das konnte doch
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