Die Mission des Zeichners
weiter wachsen, um die Felder herum und weit darüber hinaus. Die Karte, die noch nicht einmal vollendet war - die Karte, bei deren Zeichnung er seinem Vater geholfen hatte -, wäre überflüssig. Und dann? Vor seinem Auge tat sich auf einmal die Zukunft auf. Nun, dann würde er natürlich eine andere zeichnen. Und danach war es durchaus möglich, dass noch eine folgte, bei der ihm dann sein Sohn half. Auf eine Weise war dieser Gedanke auch ein Gebet, und Spandrel sprach es sehr-andächtig.
NACHSPIEL
Juli 1722 - März 2000
47 Tragödie, Komödie, Geschichte
Geschichte ist die Geologie der Menschheit, sozusagen die Erforschung von Tragödie und Komödie, wie sie in den Ablagerungsschichten früherer Leben festgehalten ist. Der Tod kennt weder Gewinner noch Verlierer, sondern nur Menschen, die einmal gelebt haben und nie wiederkehren können. Was sie dachten, was sie glaubten, worauf sie hofften, das alles geht größtenteils verloren. Was von ihnen bleibt, ist Geschichte.
Das zur Verenigde Oostindische Compagnie gehörende Segelschiff Tovenaer Met Anfang Juli 1722 in Madeira ein. Ob dort Passagiere von Bord gingen, ist nicht bekannt. Fest steht jedoch, dass keiner ihrer Passagiere Java erreicht haben kann. In einem Sturm ging die Tovenaer Mitte Oktober 1722 vor der Küste von Neu-Holland (das später in Australien umgetauft werden sollte) mit Mann und Maus unter. In jüngster Zeit ist sie aufgrund ihrer wertvollen Fracht zum begehrten Ziel der mit Tauchgeräten ausgestatteten Schatzsucher geworden. Immerhin führte sie Gold- und Silberbarren mit sich, die gegen Tee, Textilien und Porzellan getauscht werden sollten, doch nun dient sie nur noch als von Wasser umschlossenes Denkmal für die holländische Handelsgesellschaft.
Es ist nicht anzunehmen, dass damals die Nachricht von ihrem Untergang England erreichte. So kann sie die junge Ehe von William und Maria Spandrel, die am Michaelstag desselben Jahres in der St. George the Martyr Church am Queen's Square in Bloomsbury feierlich geschlossen wurde, nicht getrübt haben.
Noch vor der Hochzeit der Spandrels hatte John Plunkets Aussage dazu geführt, dass Christopher Layer, George Kelly, Lord Grey and North, der Earl of Orrery und natürlich Bischof Francis Atterbury wegen Verrats und Planung einer Verschwörung verhaftet und unter Anklage gestellt wurden. Als das Parlament im Oktober wieder zusammentrat, gesellte sich auch der Duke of Norfolk zu ihnen in den Tower. Danach peitschte Walpole nicht nur die Aussetzung der Habeas-Corpus-Akte für ein Jahr durch das Parlament, wodurch Gefangene in ihren Rechten beschnitten wurden, sondern erhob darüber hinaus auf Angehörige der römisch-katholischen Kirche und Eidesverweigerer eine Sondersteuer von fünf Schillingen je Pfund, die zur Deckung der angeblich durch die Verschwörung verursachten Kosten dienen sollte.
Layer wurde wegen Hochverrats vor Gericht gestellt und zur Höchststrafe verurteilt: zum Richtplatz Schleifen, Hängen und Vierteilen. In der Hoffnung, von ihm belastende Aussagen gegen die anderen zu gewinnen, schob man die Hinrichtung immer wieder hinaus - ohne Erfolg. Schließlich musste Walpole einen Mangel an hieb- und stichfesten Beweisen einräumen. Darum wendete er gegen Atterbury und Kelly eine Bill of Pains and Penalty an, ein Gesetz, bei dem bloßer Verdacht ausreichte. Die schuldigen Adeligen wurden gegen Kaution auf Bewährung freigelassen. Kelly wurde wie der elende Plunket zu lebenslänglichem Gefängnis verurteilt, Atterbury ins Exil verbannt. Layer wurde im Mai 1723 von seinen Leiden erlöst, und einen Monat danach wurde Atterbury auf einem Kriegsschiff nach Frankreich verfrachtet, von wo er nie zurückkehren sollte. Von den vielen Jakobiten, deren Aufmarsch zur Verabschiedung des Bischofs Walpole erhofft und/oder befürchtet hatte, machte nur der Duke of Wharton seine Aufwartung.
Layers Kopf wurde dem Brauch gemäß vor dem Temple Bar auf einem Mast aufgespießt, nur um einige Jahre später in einem Sturm heruntergeweht zu werden und Dr. Richard Rawlinson, einem Theologen und Bischof, der den Eid auf den König verweigert hatte, fast buchstäblich in die Hände zu fallen. Dieser Mann war derart von seinem jakobitischen Eifer beseelt, dass er darum bat, mit dieser Relique in der rechten Hand beerdigt zu werden. Ob seinem Willen entsprochen wurde, ist nicht bekannt. Kelly schmachtete vierzehn Jahre lang im Tower, dann gelang ihm eine dramatische Flucht. Er trat wieder in die Dienste des
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