Die Mission des Zeichners
Bruder dankbar bei einem Kelch Champagner. »In Ostindien ist sie so weit davon entfernt, Schaden anzurichten, wie es sich alle Seiten nur wünschen können. Was Spandrel betrifft, so hat der Bursche wohl nie Schaden anrichten wollen. Und jetzt kann er auch keinen verursachen. Wir haben Atterbury im Sack.«
»Ist er verhaftet worden?«
»Noch nicht, aber Plunket erwärmt sich allmählich für die Vorteile, die ihm durch ein umfassendes Geständnis winken. Wenn er es ablegt... dann haben wir sie alle.«
»Ich kann also meinen müden Gliedern für eine Weile zu Hause Ruhe gönnen?«
»Allerdings. Genieße deine wohlverdiente Ruhe.«
»Und was machst du mit dem Phoenix House?«
»Ach, dafür schwebt mir schon jemand vor.« Robert zwinkerte seinem Bruder zu. »Wenn eine Stute dich abwirft, dann besteig eben eine sanftmütigere, lautet mein Motto.«
Unter unbändigem Gelächter füllten sie ihre Gläser nach.
Als zwei Tage später Sam Burrows in der Goat Tavern in Bloomsbury saß und sich wie jeden Samstagabend voll laufen ließ, bekam er - nicht völlig unerwartet - Gesellschaft von William Spandrel.
»Sie haben es also gehört, Mr. Spandrel?«
»Was soll ich gehört haben?«
»Zieren Sie sich nicht. Deswegen sind Sie doch gekommen.«
»Ich war weg, Sam, anscheinend hat Dick Surtees nach mir gefragt. Aber als ich ihn in seiner Unterkunft besuchen wollte, hat mir die Hauswirtin gesagt, dass er weggezogen ist - ohne eine Anschrift zu hinterlassen.«
»Das braucht Sie auch nicht zu wundern.« »Warum? Was ist passiert?«
»Bigamie, Mr. SpandreJ. Na ja, es wäre Bigamie gewesen, wenn sie Hochzeit gefeiert hätten. Aber Mr. Chesney hatte so ein Gefühl, Ihr Freund sei zu glatt, um echt zu sein, und hat die eine oder andere Erkundigung angestellt. Und was taucht da aus dem Nichts auf? Eine Ehefrau in Paris, mit der er sich rechtmäßig in der Kirche hat trauen lassen und die so lebendig ist wie Sie oder ich. Was meinen Sie, was für eine Staubwolke Mr. Surtees hinter sich gelassen hat! Aber es war doch nett von ihm, dass er versucht hat, Sie wissen zu lassen, dass die Luft rein ist.«
»Wie hat Maria das aufgenommen?«
»Ach, wie nicht anders zu erwarten: käsebleich und mit vielen Tränen. Doch jetzt geht es ihr wieder etwas besser. Aber noch immer verlässt sie kaum ihr Zimmer. Hat Trost nötig, würde ich sagen.« »Ach, wirklich?«
»Unbedingt. Wo ich doch jetzt den Mann sehe, der ihr helfen könnte. Sie haben nicht auch irgendwo eine Ehefrau versteckt, Mr. Spandrel, oder?« »Bestimmt nicht!«
»Und auch keine Leichen im Keller, die mit den Knochen klappern?«
»Nicht eine!«
»Na also! Sie sind genau der Mann, den sie braucht. Und in allem viel besser als Mr. Surtees, wenn es Sie nicht stört, dass ich meine Meinung zum Besten gebe.«
»Nein, Sam, das stört mich wirklich nicht.«
Am folgenden Morgen nahm Spandrel sehr früh seinen Platz für den Morgengottesdienst in der Church of St. George the Martyr ein und sah zu, wie sich nach und nach die Bänke um ihn herum mit den angesehenen Mitgliedern der Gesellschaft des Viertels füllten. Etwa zehn Minuten vor Beginn des Gottesdienstes betraten Mr. und Mrs. Chesney in Begleitung ihrer Tochter Maria die Kirche und schritten zu ihren privaten Stühlen weit vorne. Spandrel bemerkten sie nicht, doch er sah sie sehr wohl, vor allem Maria. Sie wirkte blass, was er nach Sams Schilderung auch erwartet hatte, und schmaler, als er sie in Erinnerung hatte.
Ein zärtliches Gefühl des Mitleids für Maria schlich sich in Spandrels Herz, ein Gefühl, das er kannte. Und wenn er nach der Messe draußen vor der Kirche ein kurzes, aber Hoffnung versprechendes Wiedersehen herbeiführte, könnte dieses Gefühl durchaus zu einem Wiederaufleben ihrer Zuneigung führen, die sie sich einmal gestanden hatten. Das wäre allerdings eine heikle Aufgabe, zumindest am Anfang, doch er traute sich zu, sie zu bewältigen. Eigentlich konnte er sich nicht erinnern, sich jemals einer Sache so sicher gefühlt zu haben wie dieser.
Die meisten Gemeindemitglieder knieten, und um nicht aufzufallen, ließ sich Spandrel ebenfalls auf die Knie sinken, und während er die Hände und die Augen schloss, bemächtigte sich seiner ein merkwürdig erregender Gedanke. Der Queen's Square war am äußersten Rand von London gelegen. Hinter den Gärten an seinem Rand erstreckten sich nach Norden, Osten und Westen offene Felder. Hier endete seine Karte, doch dabei würde es nicht bleiben. Die Stadt würde
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