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Die Mission des Zeichners

Die Mission des Zeichners

Titel: Die Mission des Zeichners Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Goddard
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sämtliche Unterlagen über seine Geschäfte mit der South Sea Company verbrannt, weil sie ohnehin bedeutungslos gewesen seien, wurde nicht gerade wohlwollend aufgenommen. Kein Wunder, denn diese Geschäfte hatten ihm einen Gewinn von fünfunddreißigtausend Pfund beschert. Er wurde schuldig gesprochen, seines Amtes im Parlament enthoben und in den Tower gesperrt, wo er schmachten sollte, bis man seinen Grundbesitz zerstückelt hatte und feststand, wie viele Teile davon, wenn nicht sogar alle, konfisziert werden sollten.
    In ganz London wurden Freudenfeuer entfacht, als die Nachricht bekannt wurde. Der öffentliche Zorn war fürs Erste besänftigt. »Bisweilen«, bemerkte Walpole, den Blick von Viscount Townshends Büro auf den von den Flammen erleuchteten Nachthimmel gerichtet, »muss es eben ein Opfer geben.«
    »Wird Aislabie denn genügen?«, fragte Townshend.
    »Ich hätte liebend gern auch noch Sunderland dabei. Aber der König ist von dem Kerl überaus angetan und erwartet von mir, dass ich das Unterhaus überrede, ihn zu verschonen.«
    »Werden Sie dazu in der Lage sein?«
    »Ich glaube, ja. Solange keine neuen Beweise auftauchen.«
    »Wie das Grüne Buch, zum Beispiel? Es bereitet mir große Sorgen, Robin.«
    »Ganz zu Recht. Wenn es in die falschen Hände fiele« -Walpole warf seinem Schwager einen bedeutungsschweren Blick zu - »könnten sie am Ende auch unseretwegen Freudenfeuer anzünden.«
    Die vier Reisenden aus England, die am Tag nach dem Schuldspruch gegen Aislabie in Turin eintrafen, hatten eine nicht minder strapaziöse Überquerung der Alpen hinter sich als Cloisterman. Die Klettereien ihrer Träger in den schwindligen Höhen des von Wind und Wetter zerfurchten Mont-Cenis-Passes hatten bei Estelle de Vries jedoch keine offenkundige Panik ausgelöst. Infolgedessen waren ihre männlichen Begleiter gezwungen gewesen, eine ähnliche Unbesorgtheit an den Tag zu legen und ihre wahren Gefühle hinter forschen Witzeleien und hochgeschlagenen Mantelkragen zu verbergen.
    Buckthorns und Silverwoods Darbietung war in dieser Hinsicht beinahe makellos gewesen, auch wenn Ersterer vielleicht etwas zu oft von Wölfen gesprochen und so eine gewisse Besorgnis verraten hatte, während Silverwood das Stöhnen der Träger über sein Gewicht eindeutig nicht mit Humor genommen hatte.
    Spandrel dagegen war es leicht gefallen, eine bei ihm unübliche Munterkeit zu zeigen. Die erstarrte Schönheit der Alpen war etwas, das zu erleben er nie erwartet hatte. Ebenso wenig hatte er damit rechnen können, die sexuelle Gunst von Estelle de Vries genießen zu dürfen. In mehr als einer Hinsicht hatte er eine neue Welt betreten. So ließ seine Euphorie weder Angst aufkommen, noch den Verdacht, dass Estelle ihn nicht liebte und nicht lieben konnte. Tatsächlich aber hatte sie den Liebesakt dazu benutzt, um ihn an sich zu binden, und das war ihr vollständig gelungen. Die Erinnerung an ihre Nacht zusammen in Genf war Spandrel bisweilen gegenwärtiger als das, was um ihn herum geschah. Wie eine unauslöschliche Flamme brannte sie in ihm weiter. Er gehörte Estelle voll und ganz, und sie gehörte - mit Vorbehalten - ihm. Zugleich war ihm diese Ungleichheit klar und auch, woher sie kam und was sie bedeutete. Er vergaß keineswegs, welche Versprechen er brach und welche Gefahren er ignorierte. Doch weil er zugleich ständig vor Augen hatte, was sie ihm gegeben hatte, konnte er einfach nicht widerstehen.
    Wegen der beengten Verhältnisse in den Berghütten konnten Spandrel und Estelle ihre Nacht der Leidenschaft nicht so bald wiederholen. Buckthorn und Silverwood durften nicht einmal ahnen, wie es zwischen ihnen stand. Noch ein Geheimnis, das sie miteinander teilten, das dunkelste und süßeste von allen. In einem geräumigen Gasthof, wie man ihn in der Hauptstadt Savoyens erwarten konnte, ließe sich dieses Geheimnis aber sicher wieder genießen und trotzdem weiter hüten.
    Doch Estelle sah das anders. »Wir dürfen nicht leichtsinnig werden«, mahnte sie in einem ihrer wenigen Augenblicke zu zweit. »Sollten Mr. Buckthorn und Mr. Silverwood je erfahren, dass wir uns lieben, würde sie rasende Eifersucht packen. Am Ende würden sie sogar bezweifeln, dass wir ihnen die Wahrheit über uns gesagt haben. Es ist nicht unter ihrer Würde, uns auszuspähen und durch Schlüssellöcher zu belauschen.«
    »Wir brauchen sie doch nicht mehr«, protestierte Spandrel. »Lass uns allein Weiterreisen.«
    »Wir haben vereinbart, dass sie mich nach

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