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Die Mondspielerin: Roman (German Edition)

Die Mondspielerin: Roman (German Edition)

Titel: Die Mondspielerin: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nina George
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deutsches Wort mit ihm, so war sein Wille, und ihr Respekt vor dem Willen war gestiegen, seitdem sie einen eigenen besaß.
    Es hatte Minuten voller Glück gegeben, als Jeanremy und Laurine nach Babynamen fragten, und Sekunden voller Dankbarkeit, wenn Marianne aus ihrem Zimmer auf den rosaorange gefärbten Aven sah, in dem sich der Himmel und die Sonne spiegelten.
    Und da waren immer wieder diese Montage am Hafen von Kerdruc, als sie mit Freunden war, die Marianne liebte; mit ihnen redete, über Gott, Göttinnen, die Welt, die kleinen und großen Träume.
    Nun saß sie am Meer, in der Nacht aller Nächte. Neben sich hatte sie einen Klappschemel gestellt. Nur für den Fall, dass einer der Toten Platz nehmen mochte. Wenn sie kämen.
    Sie waren noch in jedem der vergangenen Jahre zu ihr gekommen. Mit geschlossenen Augen spielte Marianne ein Lied für die Toten, für die Frauen und für das Meer. Es hatte keinen Titel, ihre Finger entschieden selbst über die Melodie. »Sa-un«, flüsterte Marianne, so wie die Bretonen zu dieser Zeit ohne Zeit sagen, sa-un, raunten die Wellen zurück, bist du bereit für deine Reise in die Vergänglichkeit?
    Marianne vermeinte, Schritte zu hören, Lachen; sie vermeinte Windstöße zu spüren, als die Toten durch den Sand liefen und Spuren hinterließen.
    Bist du glücklich?, fragte ihr Vater. Er saß neben ihr, die Hände gefaltet, und sah in den schwarzen Atlantik.
    Ja.
    Mein Stehaufmädchen.
    Ich liebe dich, sagte Marianne. Du fehlst mir.
    Er hatte deine Augen, sagte ihre Großmutter, sie kam aus den Wellen auf Marianne zu. Ich liebte deinen Großvater und nach ihm keinen anderen. Es gibt dieses Glück selten, dass dich ein Mann im Leben so satt macht, dass du nach ihm keinen anderen mehr brauchst.
    War er ein Zauberer?
    Jeder Mann, der liebt, wie es eine Frau verdient, ist ein Zauberer.
    Marianne schlug die Augen auf. Ihre Finger hielten still.
    Der Strand war leer. Keine Spuren im Sand. Und doch … waren sie alle da. Die Toten, die Nacht und das Meer. Es schenkte ihr ein Lied von Mut und von Liebe, es kam von weit her; als ob irgendwo auf der Welt vor vielen Jahren jemand ein Lied gesungen hatte, für jene am Ufer, die sich nicht trauten, zu springen.

Interview mit Nina George
Wann haben Sie gemerkt, dass Sie ein Talent fürs Schreiben haben?
Als ein politisch inkorrektes Männermagazin mir 1992 einen Scheck über eine vierstellige D-Mark-Summe ausstellte, um eine meiner feministisch angehauchten, zornigen, halberotischen Kurzgeschichten zu drucken, die ich ausnahmsweise mal nicht der Schublade, sondern dem Postweg anvertraut hatte. Ich war knapp neunzehn und hatte die monologartige Story »Mann, sei doch einfach still« in zwei Nächten wie rasend heruntergetippt. Im Nachhinein gesehen, war das auch ein innerer Durchbruch: der Aufschrei einer jungen Frau gegen jede Art männerdominierter Systeme, eingegossen in eine belletristische Erzählung. Da bekam ich zumindest eine Ahnung, was Schreiben für mich sein könnte – Entladung, Ausdruck, mit Wörtern Bilder malen, ein Weg, um ungehörte und auch unerhörte Dinge in die Welt zu setzen.
Letztlich aber gab es keinen Gong, kein morgendliches Erwachen mit dem absoluten Gefühl: Ich habe Talent. Es ist vielmehr eine immerwährende Frage: Habe ich Talent? Und ein Hineinleben in die Antwort, über Jahre. Letztlich ist Talent nur der Anstoß, um schreiben zu wollen, das Handwerk jedoch nimmt den größeren Raum ein. Ohne Handwerk ist jedes Talent nur eine von diffuser Sehnsucht besessene, aber ungenutzte Kraft.
Meine Urgroßeltern waren französische Kunsttischler. Ein talentierter Lehrling musste vor der Kunst durch die Schule des Handwerks gehen und zig Stämme schnurgerade zersägen, bevor er an ornamentale Rahmen gehen durfte. Erst als ich sowohl durch journalistisches Training, durch Lesen von zentnerweise Literatur aller Genres und Qualität, als auch reichlich Selbstversuche lernte, meine Kraft gezielt einzusetzen, wurde aus dem Talent Können, aus dem Stammsägen die Wortschnitzkunst. Und ich übe immer noch.
Wie sieht Ihr Alltag als Schriftstellerin aus? Schreiben Sie Vollzeit oder haben Sie einen »Brotberuf«? Schreiben Sie mit der Hand oder mit dem Computer?
Es ist ein Alltag des beständigen Unberechenbaren, und die Vollzeit des Schreibens dauert täglich vierundzwanzig Stunden – denn vor dem rein physischen Schreiben (literarisches Tagebuch: Bleistift und festes Papier; Notizen: das ewige Moleskine, Servietten oder der

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