Die Monster von Templeton
verlasse, Ezekiel.› ‹Wundert mich, dass du einen zusammenhängenden Satz formulieren kannst, Ezekiel.› ‹Du bist nicht gut genug für mich, Ezekiel.› Mensch, leck mich, Willie Upton, wirklich, du kannst mich mal.»
Er stand auf, ließ sich dann aber wieder schwer in seinen Stuhl zurückfallen. Es trat erneut ein langes Schweigen ein, Vi schenkte Wein in die Gläser, und Felcher zog eine Schnute wie ein kleiner Junge, und perverserweise hätte ich am liebsten über den Tisch gelangt und seine hübschen, verzogenen Lippen berührt, aber bevor ich es tun konnte, gab Peter einen Seufzer von sich und sagte: «Wir haben das hier einfach getan, weil wir dich mögen, Willie, und weil du nicht glücklich bist, und wir wollen, dass du glücklich bist.»
Irgendwie war damit das Eis endgültig gebrochen. Bei dem schummrigen Licht leuchtete Vis Gesicht zufrieden auf. Alle außer mir fingen an zu essen. Ich kam mir kleiner und kleiner vor, während Vi Peter zu seinen Blinis mit Gänseleber und Feigenkompott beglückwünschte und Felcher über die Vorzüge des chilenischen Zinfandel gegenüber dem Cabernet aus diesem Land sprach und in dem Wein, den wir tranken, eine Note von Tabak und Schwarzer Johannisbeere herausschmeckte, und Peter sagte, einer der Frösche in dem von Quakenerfüllten Teich bringe ein astreines As-Moll zustande, das ihn vor Neid erblassen lasse.
An dieser Stelle fiel mir Clarissas Lieblingskalauer ein. «Kommt ein Frosch in den Laden. Fragt der Verkäufer: Was hätten Sie denn gern? Quaaarrk.» Allein schon bei dem Gedanken an Clarissa wurde ich weich. Ich sagte mit einer ganz kleinlauten Stimme. «Tut mir leid.»
«Wie bitte, Queenie?», fragte Felcher. «Konnte dich nicht hören.»
«Tut mir leid», sagte ich. «Ich bin einfach furchtbar launisch. Ich bin eine blöde Kuh.»
«Gut», erwiderte Felcher und lächelte mich an. Ich nahm ihn zum ersten Mal seit der Kneipe wieder als Ganzes wahr und bemerkte, dass er gut aussah. Er hatte schon ein bisschen abgenommen, war sauber rasiert und trug ein schönes Button-down-Hemd mit Manschettenknöpfen. Er ließ sich die Haare länger wachsen, was seine hohe Stirn gut kaschierte, erst recht im Halbdunkel des Tisches. Er hob sein Glas hoch und sagte: «Also, dann auf Willie.»
«Auf Willie», sagte Peter und fuhr sich mit dem Finger nervös über den Schnurrbart.
«Auf Willie», sagte meine Mutter. «Möge sie das finden, was sie braucht.» Sie hauchte mir durch die Kerzenflamme hindurch einen Kuss zu, und die Flamme geriet ins Flackern und wackelte und tanzte eine ganze Weile weiter.
Eines nach dem anderen erloschen die Teelichter, und ein Frosch war offenbar neugierig auf das erleuchtete Kickboard, denn er sprang darauf, es kippte um, und die Kerzen gingen zischend in dem trüben Wasser aus. Als meine Mutter die kleinen Schälchen mit Crème brulée aus der Küche geholt hatte und begann, sie auf dem Tisch abzufackeln, waren als einzige Lichtquellen nur noch die bläuliche Flamme des Bunsenbrenners in ihrer Hand und der kreisrunde Schein der Antimückenlampe auf dem Tisch zu sehen. Unsere Augen hatten sich an die Dunkelheit gewöhnt.
Während Vi den Nachtisch mit einer knusprigen Zuckerkruste überzog, erklärte ich schließlich Peter und Felcher, dass ich auf der Suche nach meinem Vater sei. «Mittlerweile hab ich die Spur schon bis Jacob Franklin Temple zurückverfolgt und durchforste jetzt seine Bücher nach Hinweisen darauf, ob er eine Geliebte oder so was hatte. Hazel Pomeroy sagt, was anderes gibt es nicht, deshalb muss ich mir meinen Kram aus den Romanen zusammensuchen. Ist alles ziemlich weit hergeholt.»
Peter, der schon reichlich beschwipst war, kicherte während meiner Erklärung die ganze Zeit vor sich hin, weil er Vis Kommunenalibi «einfach genial» fand. Felcher lehnte sich in seinen Stuhl zurück und schaute mich undurchdringlich an.
In diesem Moment trat aus dem tiefen Schatten unter den Lindenbäumen eine Gestalt hervor, die kurz vom Mond erleuchtet wurde. Ehe man sich’s versah, war Felchers Stuhl umgekippt, er lag auf dem Boden, und die Gestalt stand über ihn gebeugt, die Hände in die Seiten gestützt.
«Das ist es also, was du treibst», sagte eine ordinäre Stimme, und mir wurde mit einem schrecklich ernüchternden Gefühl bewusst, dass das Melanie war, Felchers-nicht-wirklich-bessere-Hälfte. Die in diesem Moment geradezu monströs wirkte. Platinfarbenes Haar bis zum Steißbein. Fäuste so groß wie Schinken. «Ich hab
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