Die Moralisten
und schenkte sich einen Kognak ein, den er schnell austrank. Dann wandte er sich ihr wieder zu und sagte: »Was ich denke, ist hierbei Nebensache. Zwischen uns ist es aus.«
Sie mußte es ihm sagen. Vielleicht wandelten sich seine Gefühle, wenn er erfuhr, daß sie schwanger war. Sie mußte Geduld mit ihm haben. Das alles war zuviel für ihn gewesen. »Cesare, was soll ich denn nun anfangen? Ich bin. ich habe nicht.«
Er griff in den Schrank hinter sich, öffnete das Türchen in der Rückwand und nahm die kleine dunkle Flasche heraus. Er stellte sie vorn auf die Bar neben den Whisky. »Mir ist’s einerlei, was du anfängst, aber du hast die Wahl«, unterbrach er sie. »Was in dieser Flasche ist, weißt du. Ein paar Tropfen, und in drei Minuten ist alles vorbei. Ganz schmerzlos. Ich schenke sie dir!«
Als er an ihr vorbei zur Tür ging, folgte sie ihm und schrie:
»Cesare! Wohin willst du jetzt? Zu Ileana?«
Er lächelte böse und sagte mit leiser, brutaler Stimme: »Ja. Ich habe genug von dir. Ich habe es satt, mit dir auf grobem, nach Chlor riechendem Bettzeug zu liegen. Ich kann deine Umarmungen nicht mehr ertragen - du bist mir körperlich zuwider, weil du so gewöhnlich bist. Du hattest recht mit dem, was du bei unserer ersten Begegnung sagtest: Ileana kann mir in zehn Minuten mehr geben als du in zehn Tagen! Und das hast du wahrhaftig bewiesen!«
Sie griff nach seinem Rockaufschlag. »Du willst mich nicht mehr?« fragte sie dumpf.
Cesare stieß ihre Hand beiseite. »Das stimmt nicht ganz«, entgegnete er kalt. »Ich brauche dich nicht mehr.«
Die Tür klappte hinter ihm zu. Luke Nichols starrte noch einen Moment wie betäubt auf das Schloß, dann schlich sie langsam zur Couch zurück. Ihr Blick wanderte zu dem Giftflakon auf der Hausbar. Cesare hatte recht: Für eine Frau wie sie war das der einzige Ausweg.
Sie erhob sich, um hinzugehen, doch da überfiel sie jäh Übelkeit. Sie hastete ins Bad und beugte sich würgend über das Wasserbecken. Tränen brannten in ihren Augen. Sie sank auf die Knie und lehnte den Kopf an das kühle Porzellan. Tränen strömten ihr über die Wangen. Nun gab es keinen Zweifel mehr.
Siebenundzwanzigstes Kapitel
Cesare schloß Ileanas Zimmer auf und trat ein. Die Lampen brannten, und das Rauschen des Wassers im Bad war deutlich zu hören. Lächelnd ging er an die Tür und rief: »Ileana!«
Der Wasserhahn wurde zugedreht, und Ileana fragte: »Cesare, bist du’s?«
»Ja, ich bin wieder da«, antwortete er lachend.
»Und wie geht’s dir?«
»Prima!« rief er. »Komm schnell heraus, ich muß dir etwas Wichtiges erzählen!«
Ja, es wird Zeit für uns, dachte er. Mit den Abenteuern ist jetzt Schluß, ich muß eine Familie gründen. Den Namen nicht aussterben lassen, wie mein Vater mich mahnte. Damals war ich noch zu jung oder zu gleichgültig, um darüber nachzudenken.
Sie rief durch die geschlossene Tür: »Bitte, sei so lieb und reiche mir mein Schminkköfferchen herein, ja? Es steht auf dem Nachttisch.«
Er ging zum Nachttisch und ergriff das Kästchen am Henkel. Das Schnappschloß war nicht zu, der Deckel klappte auf, und ein Teil des Inhalts fiel zu Boden. Lächelnd bückte er sich, um die Sachen aufzuheben, warf die Lippenstifte und Puderdosen einfach hinein und begann die Karten und Briefe aufzusammeln.
Ohne großes Interesse betrachtete er sie. Was für Zeug die Frauen mit sich herumtragen! Kreditkarten, Rechnungen, Quittungen und so weiter. Sein Blick fiel auf den Dienststempel, den der letzte Brief trug. Absender: die Einwanderungsbehörde. Adressiert an Ileana. Mechanisch begann er zu lesen: »Auf Ersuchen von Mr. George Baker vom Federal Bureau of Investigation (FBI) teilen wir Ihnen hierdurch mit, daß Ihr Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltsvisums für Ausländer genehmigt wurde. Sie werden gebeten, diesen Brief und Ihren Paß zu unserer nächstgelegenen Dienststelle zu bringen, damit die entsprechende Eintragung ordnungsgemäß erfolgen kann.«
Langsam richtete Cesare sich auf, den Brief immer noch in der Hand. Das Kästchen ließ er unbeachtet liegen. Erst als er die Tür zum Bad schon geöffnet hatte, wurde ihm klar, was dieses Schreiben bedeutete. Sie hatte die ganze Zeit für Baker gearbeitet! Einen anderen Grund, ihr zu helfen, konnte der ja nicht haben.
Ileana, die im Morgenrock vor dem Spiegel stand, sah ihn eintreten und fuhr, über sein Gesicht erschrocken, herum. »Cesare! Was ist geschehen?« rief sie. Da bemerkte sie den Brief in seiner
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