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Die Morde des Herrn ABC

Die Morde des Herrn ABC

Titel: Die Morde des Herrn ABC Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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gab ich es auf und kam hierher zurück.»
    «Um wie viel Uhr?»
    «Das weiß ich nicht… Ich ging den ganzen Weg zu Fuß, also muss es bereits Mitternacht gewesen sein, als ich daheim ankam.»
    Die Küchentür wurde schwungvoll aufgerissen.
    «Ach, hier sind Sie», sagte Kelsey erstaunt.
    Crome drängte sich an ihm vorbei, sah Poirot und die beiden Unbekannten scharf an.
    «Miss Megan Barnard – Mr. Donald Fraser», stellte Poirot höflich vor. «Dies ist Inspektor Crome aus London.»
    Dann wandte er sich wieder Crome zu.
    «Während Sie oben Ihre Untersuchung anstellten, habe ich hier unten mit Miss Barnard und Mr. Fraser gesprochen in der Hoffnung, irgendetwas zu erfahren, was Licht in die ganze Angelegenheit bringen könnte.»
    «So?» Inspektor Crome schien nicht zuzuhören, was Poirot sagte, sondern seine Aufmerksamkeit ungeteilt den beiden Neuankömmlingen zuzuwenden. Poirot zog sich in den Korridor zurück. Als er an Kelsey vorbeikam, fragte der junge Beamte höflich:
    «Und? Haben Sie etwas herausbekommen?» Aber da wurde sein Interesse von seinem Kollegen abgelenkt, und er wartete Poirots Antwort gar nicht ab.
    Ich ging Poirot nach.
    «Ist Ihnen etwas Besonderes aufgefallen, Poirot?»
    «Nur die erstaunliche Großmut des Mörders, Hastings.»
    Ich hatte nicht den Mut, ihm zu gestehen, dass ich nicht im Entferntesten begriff, was er damit sagen wollte.

13
     
    K onferenzen!
    In meiner Erinnerung lebt der ABC-Fall als eine Anhäufung von Konferenzen fort!
    Konferenzen in Scotland Yard. In Poirots Wohnung. Offizielle Konferenzen. Private Konferenzen.
    Diese besondere Konferenz galt dem Beschluss, ob man die mit den anonymen Briefen zusammenhängenden Tatsachen in den Zeitungen veröffentlichen sollte oder nicht. Der Mord in Bexhill hatte viel mehr Staub aufgewirbelt als der von Andover. Er war ja auch tatsächlich dazu angetan, eine breitere Öffentlichkeit zu interessieren. Erstens war das Opfer ein junges, hübsches Mädchen, und zweitens hatte er in einem bekannten, viel besuchten Badeort stattgefunden.
    Jede Einzelheit des Verbrechens wurde ungekürzt in allen Zeitungen breit getreten; täglich tauchten neue Vermutungen auf, die ebenfalls analysiert und gedeutet wurden. Der ABC-Fahrplan spielte eine wesentliche Rolle in diesen Artikeln. Die beliebteste Theorie war die, dass er in Bexhill selber gekauft worden sei und dass diese Tatsache wertvolle Schlüsse über die Person des Täters zulasse. Auch beweise sie, dass der Mörder per Zug gekommen sei und beabsichtigt habe, nach London zu reisen. Da der Fahrplan in den mageren Berichten über den Mord in Andover nicht erwähnt worden war, lag es kaum nahe, dass die öffentliche Meinung die beiden Verbrechen miteinander in Verbindung bringen würde.
    «Wir müssen uns zu einem Vorgehen entschließen», sagte Sir Lionel, der Commissioner der Londoner Kriminalpolizei. «Die Frage ist nur, auf welche Weise wir die besten Resultate erzielen. Sollen wir der Öffentlichkeit alle uns bekannten Tatsachen mitteilen, sie zur Mitarbeit auffordern, um nach dem Geisteskranken zu suchen…»
    «Der notabene keineswegs wie ein solcher aussehen wird», warf Dr. Thompson ein.
    «… um nach Verkäufen von ABC-Fahrplänen zu forschen und so weiter und so weiter? Demgegenüber würde es einen unbedingten Vorteil bedeuten, sich bedeckt zu halten, unbemerkt weiterzuarbeiten und unseren Mann nicht wissen zu lassen, worauf wir aus sind. Andrerseits weiß er natürlich ganz genau, dass wir manches wissen. Er hat ja schließlich selber die Aufmerksamkeit auf sich gelenkt, indem er diese Briefe schrieb… Nun, Crome, was sagen Sie dazu?»
    «Ich betrachte die Sache so, Sir: Wenn Sie die Angelegenheit publik machen, kommen Sie ABC entgegen, denn das ist es ja gerade, was er sucht – Aufsehen, Berühmtheit. Nur daran ist ihm gelegen. Glauben Sie nicht auch, Doktor?»
    Thompson nickte.
    Der Commissioner dachte über diese Ansicht nach.
    «Also sind Sie dafür, dass wir ihn ignorieren? Dass wir ihm den Ruhm, nach dem er strebt, verweigern? Und Sie, Monsieur Poirot?»
    Poirot antwortete nicht sofort. Als er schließlich sprach, setzte er seine Worte ungemein sorgfältig.
    «Eine Entscheidung ist schwer für mich, Sir Lionel», sagte er. «Ich bin schließlich sozusagen ein Hauptakteur, da die brieflichen Herausforderungen an mich gerichtet wurden. Wenn ich nun sage: Unterschlagen Sie diese Tatsache, machen Sie sie nicht publik – wird man mir diese Stellungnahme nicht als Eitelkeit

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