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Die Morde des Herrn ABC

Die Morde des Herrn ABC

Titel: Die Morde des Herrn ABC Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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es hier überhaupt nur eine wirklich wichtige Frage zu lösen», antwortete Poirot nachdenklich, «und das ist die Frage nach dem Motiv für die Morde!»
    «Liegt das denn nicht auf der Hand? Ein alphabetischer Komplex. So nannten Sie es doch, nicht wahr, Doktor?»
    «Bien sûr, oui», stimmte Poirot ihm bei. «Ein alphabetischer Komplex. Gerade Verrückte haben ja immer besonders stichhaltige Gründe für die Verbrechen, die sie begehen.»
    «Aber, aber, Monsieur Poirot», mischte Crome sich ins Gespräch. «Denken Sie an Stoneman Anno 1929! Der versuchte doch schließlich, jeden Menschen umzubringen, der ihm nur im Entferntesten auf die Nerven ging.»
    «Gewiss.» Poirot wandte sich dem Inspektor zu. «Aber wenn Sie ein großer und wichtiger Mann sind, dann ist es nur richtig, dass Ihnen auch die kleinsten Belästigungen erspart bleiben. Wenn sich eine Fliege mit unbezwinglicher Hartnäckigkeit immer und immer wieder auf Ihrer Stirn niederlässt – was tun Sie dann? Sie versuchen diese Fliege totzuschlagen, und zwar ohne die geringsten Gewissensbisse. Sie sind wichtig – die Fliege ist es nicht. Also töten Sie die Fliege, und die Belästigung hört auf. Ihre Handlungsweise erscheint Ihnen durchaus richtig und berechtigt. Ein anderer Grund für das Töten von Fliegen ist der Hang zur Hygiene. Die Fliege ist eine nicht zu unterschätzende Gefahrenquelle für die menschliche Gemeinschaft, also muss sie vernichtet werden. Und genauso folgert das Gehirn eines geistesgestörten Verbrechers. Aber betrachten Sie nun einmal diesen besonderen Fall. Wenn die Opfer nach alphabetischen Gesichtspunkten ausgewählt wurden, dann können sie nicht beseitigt worden sein, weil sie dem Täter lästig fielen. Diese beiden Möglichkeiten zu kombinieren, würde denn doch zu viel zufälliges Zusammentreffen heißen.»
    «Das ist ein Gesichtspunkt», warf Dr. Thompson ein. «Ich erinnere mich an eine Frau, deren Mann zum Tode verurteilt worden war und die daraufhin die Geschworenen einen nach dem anderen tötete. Es dauerte eine ganze Weile, bis man die verschiedenen Morde miteinander in Verbindung brachte, so zufällig kamen sie einem vor. Aber wie Monsieur Poirot sehr richtig bemerkte: Es gibt keinen Mörder, der grundlos mordet. Entweder schafft er Leute beiseite, die ihm (wenn auch in absolut bedeutungslosen Dingen) im Wege stehen, oder er tötet aus irgendeiner Überzeugung heraus, bringt lauter Pfarrer oder Polizisten oder Prostituierte um, weil er fest daran glaubt, dass diese Menschen umgebracht werden müssen. Auch diese Variante trifft aber in unserem Fall nicht zu, soweit ich die Lage zu überblicken vermag. Mrs. Ascher und Betty Barnard können ihrer Herkunft nach unmöglich miteinander in Verbindung gebracht werden. Vielleicht handelt es sich auch um einen Geschlechtskomplex. Beide Opfer waren Frauen. Nach dem nächsten Mord werden wir klarer sehen…»
    «Um Himmels willen, Thompson, sprechen Sie nicht so beiläufig vom nächsten Mord!», unterbrach ihn Sir Lionel. «Wir werden tun, was in unseren Kräften steht, um diesen nächsten Mord zu verhindern!»
    Dr. Thompson unterdrückte eine zynische Antwort und schnäuzte sich dafür um so lauter.
    «Bitte, wie Sie meinen, mein Guter», schien dieses trompetende Geräusch auszudrücken, «wenn Sie nicht den Mut haben, den Tatsachen ins Auge zu sehen…!»
    Sir Lionel sah Poirot groß an.
    «Ich ahne, worauf Sie hinauswollen, Monsieur Poirot, aber wirklich klar sehe ich noch nicht.»
    «Ich versuche mir vorzustellen, was im Gehirn des Mörders vorgeht», erklärte Poirot. «Nach seinen Briefen zu urteilen, tötet er pour le sport, um sich zu amüsieren. Aber kann das wirklich sein? Und wenn es stimmt – nach welchen Gesichtspunkten wählt er dann seine Opfer aus, von der rein alphabetischen Ordnung abgesehen? Wenn er wirklich lediglich um seines Vergnügens willen mordet, dann würde er uns doch vermutlich seine Absichten nicht vorher bekannt geben. Heimlich und still ausgeführt, würden seine Verbrechen vielleicht unentdeckt bleiben und er straflos ausgehen. Aber nein! Er sucht ja, wie wir alle wissen, öffentliches Aufsehen, eine Bestätigung seiner Persönlichkeit. In welcher Art können die beiden Opfer, die er bis dahin ausgewählt hat, seine Persönlichkeit unterdrückt oder eingeengt haben? In welchen Zusammenhang könnte man ihn und die beiden Frauen bringen?… Eine letzte Vermutung: Ist sein Mordmotiv persönlicher Hass auf mich, Hercule Poirot? Fordert er mich in

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