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Die Morde des Herrn ABC

Die Morde des Herrn ABC

Titel: Die Morde des Herrn ABC Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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voller Sommersprossen, mit hohen Backenknochen, und über allem stand ein Schopf flammend roter Haare.
    «Was ist los, Megan?», fragte er. «Warum in der Küche? Um Gottes willen, rede! Ich habe erst vorhin erfahren, dass Betty…» Seine Stimme erstarb.
    Poirot schob einen Stuhl zurecht, und Fraser sank kraftlos darauf zusammen.
    Dann zog mein Freund eine kleine Flasche aus der Tasche, goss von deren Inhalt ein wenig in ein Glas, das er vom Küchenschrank genommen hatte, und reichte es dem jungen Mann.
    «Trinken Sie das, Mr. Fraser, es wird Ihnen gut tun.»
    Er gehorchte. Der Kognak brachte etwas Farbe in sein Gesicht, und Fraser setzte sich gerade auf. Er wandte sich nach Megan um. Sein Auftreten war nun wieder ziemlich ruhig und beherrscht.
    «Also ist es wahr? Betty ist tot – ermordet?»
    «Ja, es ist wahr, Don.»
    Ganz mechanisch fragte er: «Bist du jetzt gerade von London gekommen?»
    «Ja. Vater hat mich angerufen.»
    «Mit dem Neun-Uhr-zwanzig-Zug?»
    Seine Gedanken, die vor der Wirklichkeit fliehen wollten, klammerten sich an diese unwichtigen Einzelheiten.
    «Ja, mit dem Neun-Uhr-zwanzig-Zug.»
    Ein, zwei Minuten lang sprach niemand ein Wort. Dann sagte Fraser: «Und die Polizei? Unternimmt sie etwas?»
    «Sie sind oben und durchsuchen Bettys Zimmer.»
    «Hat man keine Ahnung, wer –? Weiß man nicht…»
    Er brach ab. Wie allen sensiblen, scheuen Menschen widerstrebte es ihm, grausame Tatsachen in Worte zu fassen.
    Poirot trat neben den jungen Mann und stellte eine Frage, stellte sie so beiläufig und fast wie gedankenlos, als handelte es sich dabei um ein ganz nebensächliches Detail.
    «Hat Miss Barnard Ihnen gesagt, wohin sie gestern Abend gehen wollte?»
    Fraser antwortete in derselben Art – gleichsam geistesabwesend.
    «Sie sagte, dass sie mit einer Freundin nach St. Leonards gehen wollte.»
    «Und glaubten Sie das?»
    «Ich –» Plötzlich erwachte der Automat zum Leben.
    «Was zum Teufel wollen Sie damit sagen?»
    Sein drohender Ausdruck, die aufgewühlte Leidenschaft, die mit einem Schlag aus seinen Blicken sprach, machte es mir begreiflich, dass ein Mädchen sich davor fürchten konnte, seinen Zorn hervorzurufen.
    «Betty Barnard ist von einem Geisteskranken getötet worden», sagte Poirot scharf, «und nur, indem Sie uns die absolute Wahrheit sagen, können Sie uns helfen, seine Spur zu finden!»
    Fraser sah Megan groß an.
    «Es stimmt, Don. Es ist jetzt nicht die Zeit, auf seine eigenen oder die Gefühle anderer Rücksicht zu nehmen. Du musst ihnen ehrlich Auskunft geben.»
    Donald Fraser warf Poirot einen misstrauischen Blick zu.
    «Wer sind Sie überhaupt? Gehören Sie zur Polizei?»
    «Ich stehe über der Polizei.» Das erklärte Poirot ohne die geringste bewusste Arroganz. In seinen Augen war diese Feststellung eine klare Tatsache.
    «Rede», ermutigte Megan den jungen Mann noch einmal.
    Donald Fraser schien nachzudenken.
    «Ich… weiß nicht recht», begann er zögernd. «Ich war nicht sicher. Als sie es mir sagte, glaubte ich ihr. Zweifel wären mir gar nie in den Sinn gekommen. Aber dann – vielleicht spürte ich irgendetwas in ihrem Benehmen… Jedenfalls begann ich mich zu fragen…»
    «Was?», fragte Poirot.
    Er setzte sich dem jungen Mann gegenüber und sah ihm in die Augen, als wollte er ihn hypnotisieren.
    «Ich schämte mich, so misstrauisch zu sein. Aber ich war eben misstrauisch. Ich wollte sogar zum Café gehen und irgendwo warten, bis sie herauskam. Ich ging auch wirklich hin. Aber dann fühlte ich, dass das doch nicht gut war. Betty hätte mich sehen können, und sie wäre bestimmt böse geworden, wenn sie bemerkt hätte, dass ich ihr nachspioniere.»
    «Was also taten Sie?»
    «Ich fuhr nach St. Leonards. Um acht Uhr war ich dort. Dann sah ich alle Autobusse ankommen und passte auf, ob sie aus einem aussteigen würde. Aber sie erschien nicht.
    Schließlich verlor ich einfach den Kopf. Ich redete mir ein, dass sie mit einem Mann ausgegangen und wahrscheinlich nach Hastings gefahren sei. Ich fuhr dorthin, ging durch alle Restaurants, stand vor allen Kinos herum und schlenderte über den Hafendamm. Blödsinnig! Sogar wenn sie in Hastings gewesen wäre, hätte ich sie unmöglich finden können. Und überhaupt waren ja die beiden vielleicht ganz woanders hingefahren.»
    Er unterbrach sich. Wie ausgeglichen sein Ton auch geklungen hatte, ich spürte doch die Verzweiflung und das bittere Weh, das ihm zu jenem Zeitpunkt das Herz zerrissen haben musste.
    «Nun, und dann

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