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Die Moselreise - Roman eines Kindes

Titel: Die Moselreise - Roman eines Kindes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hanns-Josef Ortheil
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irgendeines und nicht unbedingt eines über die Mosel. Papa aber liest während unserer Wanderungen fast nur Bücher, die auch in den Gegenden spielen oder aus den Gegenden kommen, durch die wir gerade wandern. Es ist sehr schön, mit Papa zu wandern, aber es wäre auch sehr schön, mit Mama zu wandern. Da ich aber mit Papa sehr oft schwimmen gehe und da ich wirklich für mein Leben gern schwimme, gehe ich vielleicht doch ein kleines bißchen lieber mit Papa als mit der Mama wandern. Das Wandern mit der Mama wäre aber auch sehr schön und bequem und bestimmt nicht so anstrengend wie das Wandern mit dem Papa.
    Papa und ich sind dann am Nachmittag in das Landesmuseum gegangen. Im Landesmuseum standen so viele Vitrinen, dass wir schon im ersten Saal des Museums wussten, das wir uns nicht alle Vitrinen würden anschauen können. Papa ist denn auch gleich voran gegangen und hat die Vitrinen mit den Überbleibseln der Kelten, und danach hat er die Vitrinen mit den Überbleibseln der Römer gesucht. Wir haben uns die Sachen, die man aus der Erde ausgegraben hatte, angeschaut, und dann hat Papa mir noch ein sehr schönes Relief gezeigt, auf dem einige Römer vor dicken, runden Weinfässern auf einem großen Moselschiff sitzen und die Mosel hinauf fahren. Papa hat mir eine Postkarte von dem Relief gekauft und gesagt, ich solle die Postkarte gut aufheben, denn sie werde mich immer daran erinnern, wie wir beiden Römer an der Mosel entlang gewandert seien, Weinproben zelebriert und uns sehr gut verstanden hätten. Als Papa das gesagt hat, kam mir das, was Papa gesagt hat, richtig
»feierlich« vor. Ich wusste nicht, was ich sagen sollte, und so habe ich, als Papa mir die Postkarte gegeben hat, Papa ganz plötzlich einen Kuß auf die Stirn gegeben. Ich glaube, Papa war überrascht davon, dass ich ihm einen Kuß auf die Stirn gegeben habe, denn er hat etwas merkwürdig geschaut und mich dann umarmt. Dann aber hat er gesagt: »Magnus Ausonius, laßt uns nun in die Thermen gehen!« Ich dachte, dass Papa mit den Thermen die Kaiserthermen meinte, das war aber nicht so, denn Papa meinte das Freibad an der Mosel, und er hatte bloß einen Papa-Witz gemacht. Wir sind dann zu dem Freibad gegangen und haben zwei Stunden in dem sehr schönen Freibad an der Mosel geschwommen und zusammen Federball gespielt.
    Papa-Witze
    Papa kann keine Witze machen, und er kann auch keine Witze erzählen. Wenn Papa versucht, einen Witz zu machen, macht sich Mama oft darüber lustig und sagt, dass der Witz, den Papa gemacht habe, ein typischer Papa-Witz sei. Papa-Witze sind nämlich nicht richtig komisch, sondern es sind Witze, die überhaupt niemand witzig findet. Da aber niemand Papa-Witze witzig findet, muss Papa die Witze erklären. Wenn er sie erklärt, sind es aber keine Witze mehr, denn Witze muß man nicht erklären, sagt die Mama.
    Am Abend haben wir dann die Mama wieder am Moselufer getroffen. Wir sind alle zusammen am Moselufer entlang und über die alte Römerbrücke gegangen, und dann sind wir alle zusammen wieder zurück gegangen. Das Moselufer war sehr schön erleuchtet, und wir haben ein Mosellokal
gefunden, wo man in einem großen Garten mit vielen Kastanien im Freien sitzen und essen konnte. Wir haben uns dann in den Garten gesetzt und zusammen eine große Käseplatte mit vielen Tomaten und Gurken und mit Meerrettich und scharfem Senf gegessen, und Mama und Papa haben eine Flasche Moselwein bestellt und zusammen den Moselwein getrunken. In dem Garten gab es auch Schaukeln und Rutschen, und so habe ich mit einigen anderen Kindern, deren Eltern auch Moselwein getrunken haben, etwas geschaukelt. Ein Kind hat mich gefragt, woher ich komme, da habe ich gesagt, dass ich ein Römer sei und aus den römischen Landen komme. Da aber hat mir das Kind den Vogel gezeigt und mich nichts mehr gefragt, und ich habe gewusst, dass ich einen Papa-Witz gemacht hatte.
     
    Wir sind wieder ziemlich spät in unsere Wohnung gegangen, und während des Rückwegs in unsere Wohnung haben Papa und Mama sich umarmt. Vor der Tür unserer Wohnung hat Papa mir den Schlüssel gegeben und gesagt: »Magnus Ausonius, aprite portam!« Da habe ich die Tür mit dem Schlüssel geöffnet, und wir sind alle zusammen in die schöne Wohnung gegangen, und danach habe ich die Tür ganz fest zugeschlossen, damit wir alle zusammen in Sicherheit waren und damit uns während der Nacht nichts passierte.

03. August 1963

    An diesem Morgen bin ich sehr früh aufgewacht, weil ich wusste, dass

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