Die Muenze von Akragas
der Flotte aus den Panzerkreuzern Slawa und Zessarewitsch, den Schlachtschiffen Admiral Makarow und Bogatyr, sowie den Kanonenbooten Giljak und Korejez, bittet seine Vorgesetzten in Russland sofort um Erlaubnis, die Schiffe an den Ort der Katastrophe steuern zu dürfen, um dort Hilfe zu leisten. In jenen Jahren sind die Beziehungen zwischen Italien und Russland ausgezeichnet. Mit der italienischen Flotte im Geleit hat der König Vittorio Emanuele dem Zaren einen Besuch abgestattet, und der Zar zeigte großes Interesse an den Experimenten, die Marconi an Bord des Kreuzers Carlo Alberto durchführt. Beide Herrscher verbindet außerdem die Liebe zur Numismatik. Der Zar erwiderte den Besuch des Königs alsbald mit einer Reise nach Italien. Seither pflegen russische und italienische Kriegsschiffe sich gegenseitig Höflichkeitsbesuche abzustatten. Noch am selben Tag um 21 Uhr erreicht Litwinow die Einwilligung Russlands.
Der Admiral befiehlt augenblicklich, die Anker zu lichten und Kurs auf Messina zu nehmen, das er gut kennt, weil er schon einmal dort war. Er ahnt, welch eine ungeheure menschliche Tragödie und Zerstörung ihn erwartet, wenn er in Messina an Land geht. Darum versammelt er, während die Motoren mit voller Kraft auf Messina zusteuern, die Kapitäne aller Schiffe auf der Kommandobrücke und organisiert mit bewundernswertem Geschick die Hilfsmaßnahmen. Die dreitausend Männer, über die er verfügt, unterteilt er in viele kleine Gruppen, denen er jeweils genaue Aufgaben zuweist. Eine Gruppe wird Feldlazarette errichten und die Verwundeten versorgen, eine zweite wird die Schwerverletzten an Bord der Schiffe bringen, eine dritte wird für den Transport der Verletzten sorgen, die nicht mehr gehen können, eine vierte wird den Überlebenden Trost und Hilfe zukommen lassen…
An der Spitze der medizinischen Equipe soll Doktor Alexander Bunge stehen, weithin bekannt für seine Polarexpeditionen und den Mut, den er während der Belagerung von Port Arthur angesichts des unerbittlichen Kanonenbeschusses durch die Japaner bewies.
Litwinow bildet außerdem eine große Anzahl kleiner Gruppen, die jeweils nur vier Mann umfassen, und weist ihnen eine besonders wichtige Aufgabe zu: Sie sollen die lebendig Begrabenen aus den Trümmern ziehen. Das erfordert Gewandtheit, Entschlusskraft und praktischen Sinn. Jedem der Unteroffiziere an der Spitze dieser Gruppen, die mit allem Nötigen wie Spitzhacken, Schaufeln, Spaten, Seilen, Karren und Tragen ausgerüstet sind, ordnet der Admiral einen Kadetten mit einem Ingenieurstudium zu. Dessen Ratschläge können nützlich sein.
Zuletzt stellt Litwinow ein Dutzend bewaffnete Patrouillen aus jeweils drei Männern zusammen, denen ein nicht besonders angenehmer Auftrag erteilt wird: alle Fledderer hinzurichten, die sie beim Plündern in den Trümmern erwischen.
Als die Flotte am 29. Dezember um sieben Uhr morgens vor den Überresten des Hafens auftaucht und von den Schiffen der Kaiserlich Russischen Marine, auf denen die Flagge mit dem blauen Kreuz weht, Beiboote zu Wasser gelassen werden, weiß darum ein jeder der dreitausend Seeleute in diesen Booten ganz genau, was er zu tun hat, sobald er an Land geht.
Natürlich werden schon bald andere Helfer an den Ort der Katastrophe eilen, auch Matrosen und Kadetten einiger Kriegsschiffe der englischen Marine. Die Effizienz der zaristischen Mannschaften weckt so große Bewunderung bei den englischen Kadetten, dass einige spontan in den Dienst der russischen Unteroffiziere treten, welche die Tag und Nacht arbeitenden Hilfstruppen befehligen.
Die Berichte italienischer und ausländischer Reporter sind voller Lob über die Mannschaften, die Verschüttete bergen. Tatsächlich errechnet man am Ende, dass jede Gruppe pro Stunde einen Menschen aus den Trümmern hervorgezogen hat.
Zur legendären Symbolfigur dieser heroischen Helfer (die den Verlust von drei Männern zu beklagen haben) wird der Oberkanonier Polukin, ein wahrer Herkules, der ganz allein schwere Steinblöcke und Pfeiler anheben kann.
Innerhalb einer Tragödie von so gewaltigem Ausmaß spielen sich auch zahllose individuelle Tragödien ab.
Eine von ihnen bringt die Münze von Akragas wieder ins Spiel. Carlo Demaria, Anwalt und Leiter einer großen Import-Export-Firma, zählt zu den wichtigen Männern der vornehmen Gesellschaft Messinas. Er ist verheiratet und hat eine sechsjährige Tochter, Caterina. Die Familie lebt in einer hübschen, von einem kleinen Garten umgebenen Villa.
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