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Die Mütze

Die Mütze

Titel: Die Mütze Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wladimir Woinowitsch
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Ernstes«, plauderte Kukuscha, »es wird alles wieder gut. Hauptsache: Du regst dich nicht auf. Bei uns ist alles in Ordnung. Gestern hat übrigens der Jugendbuchverlag angerufen, dein Manuskript ist in den Satz gegangen. Und der Direktor von Lenfilm schreibt, dein
    Drehbuch ist inzwischen beim Regisseur. Ja, und was noch? Ach ja, die Wäsche aus der Wäscherei ist da. Und bei Tischka ist auch alles in Ordnung, nicht wahr, Tischka?«
    »Alles in Ordnung«, bestätigte Tischka.
    »Und was haben sie zu deinem Referat gesagt?«
    »Nichts Besonderes. Sie haben gesagt, das Referat wird in den Wissenschaftsberichten gedruckt.«
    »Er ist viel zu bescheiden«, sagte Kukuscha. »Akademiemitglied Trunow meinte, daß dieses Referat manche dickleibige Dissertation in den Schatten stellt. Hat er das gesagt oder nicht ?«
    »Doch, das hat er gesagt«, nickte Tischka.
    »Bei uns ist also alles in bester Ordnung, reg dich ja nicht auf, bleib ruhig liegen und sieh zu, daß du gesund wirst. Sobald du essen darfst, werde ich dir was Gutes bringen. Eine Bouillon ? Oder vielleicht etwas Süßes ? Oder hast du Lust auf etwas Saures? Soll ich dir Moosbeerensaft machen? Nein? Worauf hast du denn Appetit ? Wenn du es nicht sagen kannst, dann mach mir doch ein Zeichen, was du gerne möchtest.«
    Efim verzog das Gesicht und muhte etwas Unverständliches.
    »Was meinst du?« fragte Kukuscha und beugte sich über ihn.
    »Mm-muffe!«
    »Was? Was sagt er?« Kukuscha warf Tischka einen Blick zu, aber der zuckte schweigend mit den Schultern.
    »Was hast du gesagt? Nun gib dir doch Mühe, versuch es noch einmal!«
    »F-ffuffe!« wiederholte Efim.
    »Ach so, Mütze!« Kukuscha war überglücklich, daß sie es erraten hatte. »Du willst immer noch eine Mütze haben. Das heißt, dein Wille und die Begierden sind noch intakt, dann ist noch nicht alles verloren. Du wirst wieder gesund. Du kommst wieder auf die Beine, und du sollst deine Mütze haben. Du sollst sie haben. Nein, du brauchst nicht zu fürchten, ich würde dir eine kaufen. Ich werde sie dazu zwingen. Sie werden sie dir ans Bett bringen. Lukin persönlich wird sie dir bringen, das versprech ich dir.«
    In diesem Moment betrat eine ältere Krankenschwester mit einem ganzen Sortiment von Spritzen das Zimmer.
    »Genug«, sagte sie leise, »die Zeit ist um. Efim Semjonowitsch und ich haben einiges zusammen vor.«
    Später hörte ich, daß Kukuscha aus dem Krankenhaus direkt zu Lukin gefahren war, der sie äußerst widerstrebend empfangen hatte. Sie überschüttete den General mit Vorwürfen und verlangte, daß ihrem kranken Mann als eine kleine Wiedergutmachung eine angemessene Mütze zugeteilt würde.
    »Sein Zustand ist kritisch, und er braucht positive Emotionen«, erklärte Kukuscha.
    Das Gesicht des Generals war wie aus Stein und gab zu verstehen, daß von ihm keinerlei verlogene Humanität zu erwarten sei.
    »Zu meinem großen Bedauern sehe ich mich nicht in der Lage, etwas für Ihren Mann zu tun. Wir hatten die Absicht, ihm zu helfen, aber er reagierte herausfordernd und weigerte sich, seine Schuld einzugestehen.«
    »Schuld! ? Was hat das noch mit Schuld zu tun ?« rief Kukuscha aus. »Sie wissen doch, daß er im Sterben liegt. Gut, er wollte eine anständige Mütze haben, ja, er hat Karetnikow gebissen, aber er liegt doch im Sterben, er stirbt. Das ist doch eine Hinrichtung! Sind Sie etwa der Meinung, daß mein Mann die Todesstrafe verdient hat?«
    Lukin antwortete nichts. Sein Blick ging an Kukuscha vorbei, und seine Miene ließ erkennen, daß es ihm völlig gleichgültig war, ob Efim die Todesstrafe verdient oder nicht verdient hätte, und ob er sterben oder nicht sterben würde.
    »Hören Sie!« Kukuscha sprang auf und stand nun vor Lukins Tisch. »Pjotr Nikolajewitsch! Sagen Sir mir doch, was sind Sie für ein Mensch! Warum sind Sie so grausam ? Sie waren doch seinerzeit auch ein Opfer.«
    Einen Augenblick lang glaubte Kukuscha, daß diese Worte ihn getroffen hätten.
    »Ja«, sagte er und richtete sich in seinem Stuhl auf, »ich war ein Opfer. Aber ich litt um des Prinzips willen und nicht wegen einer Mütze. Und während ich litt, habe ich nicht ein einziges Mal« - plötzlich begann er am ganzen Körper zu zittern - »merken Sie sich das, nicht ein einziges Mal an unseren Idealen gezweifelt. Hier! Hier!« Und er tastete nach der Brieftasche.
    »Hier! Hier!« wiederholte Kukuscha wütend. »Das kleine Mädchen mit der Schleife! Aber einen Menschen umbringen, das geht ganz leicht!

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