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Die Musik des Zufalls

Die Musik des Zufalls

Titel: Die Musik des Zufalls Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Auster
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vorstellt e un d da ß Juliett e dan n mi t Brüder n und Schwestern aufwachsen könnte, geriet er kurz in Versuc h ung, ih r eine n Heiratsantra g z u machen , abe r e r bracht e di e Worte nicht über die Lippen. «Ich werde bloß für ein Weilchen weg sein» , sagt e e r schließlich . «E s is t Zei t fü r meine n Besuc h in Northfield . Wen n d u willst , kanns t d u ger n mitkommen , Fiona.»
    «Sic h er . Un d wa s wir d au s meine m Job ? Dre i Tage
    Krankfeier n geh t ei n bißche n z u weit , ode r wa s meins t du?»
    «Ic h mu ß hin , wege n Juliette , da s weiß t du . E s is t wichtig.»
    «Viel e Ding e sin d wichtig . Ic h möcht e nu r nicht , da ß d u für imme r verschwindest.»
    «Kein e Sor g e, ich komme wieder. Ich bin jetzt ein freier Mann , un d ic h kan n tun , wa s mi r paßt.»
    «Wi r sin d hie r i n Amerika , Nashe . Heima t der gottverdammten freien Menschen, weißt du noch? Wir alle könne n tun , wa s un s paßt.»
    «Ic h wußt e ga r nicht , da ß d u s o patriotisc h bist.»
    «Darauf kannst du deinen letzten Dollar wetten, Freund. Mein Land , i n gute n wi e i n schlechte n Zeiten . Un d deshal b werd e ich darau f warten , da ß d u wiede r hie r auftauchst . Wei l ic h die Freihei t habe , mic h zu m Narre n z u machen.»
    «Ic h hab e di r gesagt , ic h komm e wieder . Da s wa r ein Versprechen.»
    «Ic h weiß . Abe r da s heiß t noc h lang e nicht , da ß d u e s halten wirst.»
    Davo r hatt e e s auc h ander e Fraue n gegeben , ein e ganz e Reihe kurze r Affäre n un d Abenteuer , abe r keine r vo n ihne n hatt e er irgendwelche Versprec h unge n gemacht . Zu m Beispie l die geschieden e Fra u i n Florida , ode r di e Lehrerin , mi t de r Donna ihn in Northfield verkuppeln wollte, und die junge Kellnerin in Ren o – si e all e ware n verschwunden . Fion a wa r di e einzige , die ih m etwa s bedeutete , un d vo n ihre r ersten zufälligen Begegnung i m Janua r bi s End e Jul i verginge n selte n meh r al s dre i Wochen, ohn e da ß e r si e besuchte . Manchma l rie f e r si e vo n unterwegs an , un d wen n si e nich t z u Haus e war , hinterlie ß e r lustige Nachrichte n au f ihre m Anrufbeantworte r – nu r um sie daran zu erinnern , da ß e r a n si e dachte . I m Lau f de r Monat e wurd e ihm Fiona s pummeliger , ziemlic h unbeholfene r Körpe r immer wichtiger : di e großen , fas t plumpe n Brüste ; di e ei n wenig schiefen Vorderzähne; das üppige, in einer Unzahl verrückter Kring e l un d Löckche n wallend e blond e Haar . Präraphaelitisches Haar hatte sie es einmal genannt, und obwohl Nashe die Anspielun g nich t verstande n hatte , schie n ih m diese r Ausdruck etwa s vo n ih r einzufangen , irgendein e inner e Eigenschaf t zu unterstreichen , di e ihr e Unansehnlichkeit zu einer Form von Schönhei t machte . Si e wa r s o ander s al s Thérès e – die dunkle, lässig e Thérèse , di e jung e Thérès e mi t ihre m flache n Bauc h und de n langen , vollkommene n Gliedmaße n –, abe r Fionas Unvollkommenheite n erregte n ih n imme r wiede r auf s neue, den n wen n e r mi t ih r in s Bet t ging , schie n da s meh r al s nu r Sex z u bedeuten , meh r al s blo ß di e willkürlich e Paarun g zweier Körper . E s fie l ih m imme r schwerer , sein e Besuch e z u beenden, un d di e erste n Stunde n au f de r Straß e ware n imme r von Zwe i fel n erfüllt . Wohi n fuh r e r den n eigentlich , un d wa s wollte er damit beweisen? Es kam ihm absurd vor, sich von ihr zu entferne n – nu r u m di e Nach t i n irgendeine m lumpigen Motelbet t a m Ran d de s Nirgendw o z u verbringen.
    Dennoch kreuzte er weiter unablässig a uf dem Kontinent herum , un d j e länge r e r dan n wiede r au f de r Straß e war , desto meh r fühlt e e r sic h i m Friede n mi t sic h selbst . Fall s di e Sache irgendeine n Nachtei l hatte , dan n nu r den , da ß si e einma l enden würde , da ß e r diese s Lebe n nich t ewi g s o weiterfü h ren konnte. Anfang s wa r ih m da s Gel d unerschöpflic h vorgekommen , aber nac h fün f ode r sech s Monate n hatt e e r scho n übe r di e Hälfte davo n ausgegeben . Langsam , abe r siche r wurd e da s Abenteuer zu einem Paradox. Dem Geld hatte er seine Freiheit zu verdanken , ab er jedesmal, wenn er sich damit einen Teil dieser Freihei t erkaufte , ga b e r auc h eine n gleic h große n Tei l davon auf . Da s Gel d hiel t ih n i n Bewegung , abe r e s wa r auc h ein Motor des Verlustes, der ihn unerbittlich wieder dorthin zurückführte ,

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