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0054 - Die grüne Hölle von Florida

0054 - Die grüne Hölle von Florida

Titel: 0054 - Die grüne Hölle von Florida Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Tenkrat
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Dschungel. Dunstig, düster und unheimlich. Sumpfig und voller Gefahren. So bieten sich die Everglades von Florida an. Die einen nennen diesen Landstrich das Paradies, die andern bezeichnen ihn als Hölle.
    Langsam tuckerte Ed Melvilles Ausflugsboot durch diese verfilzte Einsamkeit. Melville war ein kleiner weißhaariger Mann mit weißem Stoppelbart, dem Rum sehr zugetan. Er war aufgeschwemmt und hatte fast immer glasige Augen.
    Und er war abergläubisch. Das ganz besonders. Was immer für verrückte Geschichten man ihm erzählte, er glaubte jedes Wort davon. Sein Kommentar dazu war stets der gleiche: »Es könnte sein. Alles kann sein. Der Teufel ist erfinderischer, als wir es uns in unseren wildesten Träumen ausmalen können.«
    Die schlammige Wasserstraße verengte sich.
    Beiderseits rückten Farne, Schlinggewächse und bizarr geformte Baumgebilde näher an das Boot heran. Kreischend nahmen Vögel Reißaus. Hinter der immer grünen Blattwand preschte ein Tier davon, das man nicht sehen konnte.
    Ed Melville nahm die speckige Mütze ab und wischte sich den Schweiß von der Stirn. Eine verrückte Gesellschaft war das, die ihn und sein Boot gemietet hatte. Zwei Mädchen und drei Männer. Jung, nett, übermütig und ausgelassen. Sänger waren es. Eine Gruppe, die an einem Wettbewerb in Fort Lauderdale teilnehmen wollte.
    Um zwischen den anstrengenden Proben auszuspannen, hatten sie Melvilles Ausflugsboot gechartert. Sie lärmten wie Kinder. Besonders die beiden blonden Mädchen kicherten ununterbrochen. Unbekümmerte Jugend.
    Aber die vier Sänger zusammengenommen waren nicht so verrückt wie ihr dicker Manager. Er hieß Butch Wooley und zückte in unregelmäßigen Abständen seinen großen Flachmann, um jeweils einen kräftigen Schluck Bourbon zu nehmen.
    Ed Melville leckte sich die Lippen, aber Butch Wooley bot ihm die Flasche nicht an. So blieb Melville nichts anderes übrig, als hin und wieder heimlich, wenn keiner ihn beobachtete, an seiner sorgfältig versteckten Rumflasche zu nuckeln.
    Der Manager der Gruppe hatte ziemlich einen in der Krone, als Ed Melville sein Ausflugsboot wieder auf heimatlichen Kurs brachte.
    Wooley stellte sich mit vorgewölbtem Bauch neben den Schiffseigner, legte ihm gönnerhaft die Hand auf die Schulter und sagte: »Prachtvolle Gegend, Mr. Melville. Sie sind zu beneiden.«
    »Ach, wissen Sie, wenn man diese Gegend jeden Tag sieht, wächst sie einem langsam, aber sicher zum Hals heraus.«
    »Da haben Sie recht. So geht’s mir mit New York. Ich lebe da. Aber ich finde die Stadt zum Kotzen.«
    »Warum ziehen Sie nicht weg?«
    »Wohin denn? San Francisco? Chicago? Washington? Ist alles New York – wenn Sie verstehen, was ich damit meine.« Butch Wooley strich sich eine fettige braune Haarsträhne aus der Stirn. Er wies mit dem Daumen über die Schulter. »Wie gefallen Ihnen meine Schützlinge, Mr. Melville?«
    »Nette Leute. Wenn sie so singen, wie sie aussehen…«
    »Soll ich Ihnen was verraten? Diese Leute werden den Wettbewerb gewinnen. Man führt sie bereits als Geheimtip. Die Konkurrenz hat gegen sie keine Chance. Der Song ist gut. Sie können ihn richtig bringen. Ihre Show kommt an. Sie können mich beim Wort nehmen, Melville, von diesen vier jungen Leuten wird man in Zukunft noch sehr viel hören. Die haben eine steile Karriere vor sich.«
    Ed Melville grinste. »Dann bin ich ja mit künftigen Berühmtheiten unterwegs.«
    »Darauf können Sie setzen.« Ed Melville warf einen Blick zum Himmel, der allmählich grau wurde.
    Er hatte die Fahrt zu sehr ausgedehnt.
    Das behagte ihm nun nicht. Er liebte die Dämmerung nicht. Sie war ihm unheimlich. Er hatte Angst vor ihr und vor allem, vor dem was sie in sich bergen konnte.
    Butch Wooley holte einen stumpfnasigen Colt Cobra hervor. Er zeigte dem Schiffseigner die Waffe und grinste.
    »Ein schönes Stück, wie?«
    Ed Melvilles Gesicht wurde ernst. »Woher haben Sie denn die Kanone, Mr. Wooley?«
    »Ein Typ, der dringend ein paar Dollar brauchte, hat sie mir angeboten. Ich hab’ sie gekauft.«
    »Wozu denn?«
    »New York ist ein Hexenkessel. Täglich werden Menschen überfallen. Bislang bin ich darum stets herumgekommen. Aber wo steht geschrieben, daß es mir ewig erspart bleiben wird?«
    »Und was tun Sie dann?«
    »Ich zieh’ die Kanone – und der Typ, der mir an die Brieftasche will, macht ne Fliege.«
    »Oder er dreht durch, wenn er die Waffe sieht und legt Sie um.«
    »Sie halten wohl nicht viel von Waffen.«
    »Überhaupt

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