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Die Musik des Zufalls

Die Musik des Zufalls

Titel: Die Musik des Zufalls Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Auster
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Zähle r steh t schon fas t au f achtzigtausend . Da s is t ’n e ganz e Meng e fü r ei n einziges Jahr.»
    «Allerdings» , sagt e Nashe.
    «Wars t d u Handelsreisende r ode r s o was?»
    «Ja , richtig , ic h wa r Handelsreisender . Ic h hatt e eine n großen Bezir k abzudecke n , un d deshal b bi n ic h vie l unterwegs gewesen . Si e wisse n schon , de n ganze n Kofferrau m voller Muster , au s de m Koffe r leben , jed e Nach t i n eine r anderen Stadt . Ic h bi n sovie l herumgefahren , da ß ic h manchma l nicht meh r wußte , w o ic h eigentlic h wohnte.»
    «Ic h g laub , da s würd e mi r gefallen» , sagt e Floyd . «Scheint mi r ei n gute r Jo b z u sein.»
    «Is t nich t übel . Ma n mu ß nu r ger n allei n sein , abe r wen n man dami t ers t einma l zurechtkommt , is t de r Res t gan z einfach.»
    Langsa m gin g Floy d ih m au f di e Nerven . De r Man n is t e i n Hohlkopf , dacht e Nashe , ei n ausgewachsene r Schwachsinniger, un d j e länge r e r sprach , dest o stärke r erinnert e e r Nash e an seinen Sohn. Beide hatten das gleiche verzweifelte Verlangen, sic h lie b Kin d z u machen , di e gleich e scharwenzelnde Schüchternheit , d e n gleiche n verlorene n Blick . We r Floy d sah, käme nie auf die Idee, daß er irgendeinem Menschen weh tun könnt e – aber er hatte Jack in jener Nacht weh getan, davon war Nashe überzeugt, und eben seine innere Leere, dieses riesige unausgefüllt e Loch , hatt e da s möglic h gemacht . Floy d wa r kein brutaler oder gewalttätiger Mensch, aber er war groß und kräftig un d z u alle m bereit , un d e r liebt e seine n Großvate r übe r alles. Da s stan d ih m deutlic h in s Gesich t geschrieben , un d wen n er de n Blic k i n Murks ’ Richtun g wan d te , schie n e r eine n Gott anzusehen . Großvate r hatt e ih m gesagt , wa s e r tu n sollte , un d da hatt e e r e s ebe n getan.
    Nach der dritten oder vierten Runde Bourbon fragte Floyd, ob Nash e Lus t au f ein e Parti e Billar d habe . I m Hinterzimmer stünde n ei n paa r Tische , sagte er, und einer davon wäre bestimm t frei . Nash e wa r inzwische n leich t angetrunken, stimmt e abe r dennoc h zu , erfreu t übe r di e Chance , vo n seinem Stuh l aufstehe n un d di e Unterhaltun g beende n z u können . Es wa r kur z vo r elf , un d i n de r Kneip e wa r e s leere r un d ruhiger geworden . Floy d fragt e Murks , o b e r mitmache n wolle , aber Calvi n sagte , e r bleib e liebe r sitze n un d trink e sei n Gla s aus.
    Si e trate n i n eine n großen , schlech t beleuchtete n Rau m mit vie r Billardtische n i n de r Mitt e un d eine r Reih e vo n Flippern und Computerspielen an den Wänden. Am Queueständer neben
    de r Tü r bliebe n si e stehen , u m ihr e Stöck e auszuwählen , un d als sie an einen der freien Tische gingen, fragte Floyd, ob es nicht interessanter wäre, wenn sie in aller Freundschaft um einen kleine n G eldbetra g spiele n würden . Nash e wa r ni e ein sonderlic h gute r Billardspiele r gewesen , sagt e aber , ohn e lange nachzudenken , ja . E r wollt e Floy d ein e vernichtend e Niederlage beibringen, und wenn es dabei um Geld ginge, würde das zweifellos seine Konzentration steiger n helfen.
    «Ic h hab e kei n Geld» , sagt e er . «Abe r wen n ic h nächste Woch e ausgezahl t werde , bekomme n Si e e s zurück.»
    «Ich weiß», sagte Floyd. «Wenn ich denken würde, du würdes t e s mi r nich t geben , hätt e ic h nich t gefragt.»
    «U m wievie l solle n wi r den n spielen?»
    «Wei ß nicht . Komm t gan z au f dic h an.»
    «Wi e wär’ s mi t zeh n Dolla r pr o Spiel?»
    «Zeh n Dollar ? I n Ordnung , hör t sic h gu t an.»
    Si e spielte n Poolbillar d a n eine m diese r holprige n Tische , wo ein Spiel einen Vierteldollar kostet, und während der ganzen Z ei t sagt e Nash e kau m ei n Wort . Floy d wa r nich t schlecht , aber Nash e wa r trot z seine r Trunkenhei t besser , un d a m End e spielte e r mi t ganze r Seele , setzt e sein e Stöß e s o geschick t un d präzise an , wi e e s ih m noc h ni e gelunge n war . E r wa r vollkommen glücklic h un d entspannt , un d nachde m e r de n Rhythmu s der klackenden Kugeln einmal erfaßt hatte, begann der Queue wie vo n allei n durc h sein e Finge r z u gleiten.
    Di e erste n vie r Spiel e gewan n e r mi t imme r größerem Vorsprun g (mi t eine r Kugel , mi t zwe i Kugeln , mi t vier , mit sechs) , un d da s fünft e Spie l hatt e e r gewonnen , noc h eh e Floyd auc h nu r einma l a n di e Reih e gekomme n war ; mi t de

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