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Die Musik des Zufalls

Die Musik des Zufalls

Titel: Die Musik des Zufalls Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Auster
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Vince, stimmt’s?› sage ich, aber er schüttelt nur den Kopf und grinst. ‹Halt deinen Hut fest, Kleiner›, sagt er, oder so was ähnliches , ‹abe r o b du’ s glaubs t ode r nicht , d u siehs t de i nen Vate r vo r dir. › Tatsach e ist , da ß ic h ih m kein e Sekund e lang glaube . ‹Si e könne n nich t mei n Vate r sein› , sag e ich . ‹Mein Vate r is t i n Vietna m gefallen. › – ‹Klar , sicher› , sag t er , ‹das habe n all e gedacht . Abe r ic h bi n nich t gefallen , wi e d u siehst. Bi n geflohen . Si e hatte n mic h gefangengenommen , abe r ic h hab mi r eine n Tunne l gegrabe n un d bi n getürmt . Ha b lange gebraucht , hierherzukommen. › Jetz t wird’ s langsam überzeugender, aber ich habe noch immer meine Zweifel. ‹Soll da s heißen , Si e wolle n jetz t be i u n s wohnen? › frag e ich . ‹Nicht unbedingt›, sagt er, ‹aber das sollte uns nicht hindern, einander kennenzulernen. › Da s komm t mi r alle s seh r unwahrscheinlich vor , un d jetz t bi n ic h ziemlic h sicher , da ß e r mic h über s Ohr haue n will . ‹Si e könne n nich t mei n Vat e r sein› , sag e ic h noch einmal . ‹Väte r gehe n nich t einfac h weg . Di e lebe n z u Haus e bei ihre n Familien. › – ‹Manche Väter schon›, sagt er, ‹aber nicht
    alle . Scha u mal . Wen n d u mi r nich t glaubst , bewei s ic h e s dir. D u heiß t doc h Pozzi , ja ? Joh n Anthon y Pozzi . Un d dei n Vater mu ß ebenfall s Pozz i heißen . Stimmt’s? › Ic h nick e bloß , und dan n greif t e r i n sei n Jacket t un d zieh t ein e Brieftasch e raus.
    ‹Sie h di r da s an , Junge› , sag t er , un d dan n nimm t e r seinen
    Führerschein aus der Brieftasche und gibt ihn mir. ‹Lies m al vor, was auf diesem Papier steht.› Also lese ich es ihm vor:
    ‹John Anthony Pozzi.› Und Donnerwetter, da steht die ganze
    Sach e tatsächlic h schwar z au f weiß.»
    Pozzi unterbrach sich und trank einen Schluck Bier. «Also ich wei ß nicht» , fuh r e r fort . «Wen n i ch jetzt drüber nachdenke, komm t e s mi r vo r wi e ei n Trau m ode r s o was . A n einzelne Stelle n kan n ic h mic h erinnern , abe r de r Res t is t ganz undeutlich , al s o b e s vielleich t ga r nich t wirklic h passier t wär. Ic h wei ß noch , da ß mei n Alte r mic h au f ein e Spritzt o u r in seine m Cadd y mitgenomme n hat , abe r ic h wei ß nicht , wi e lange da s ging , un d ic h kan n mic h auc h nich t erinnern , worübe r wi r da gesproche n haben . Abe r ic h erinner e mic h a n di e Klimaanlage in dem Schlitten und an den Geruch der Lederpolster, ich erinner e mich , wi e peinlic h e s mi r war , da ß mein e Händ e s o von de m Ei s klebten . Vo r alle m abe r hatt e ic h woh l noc h immer Schiß . Obwoh l ic h seine n Führerschei n gesehe n hatte , kamen mi r jetz t neu e Zweifel . D a stimm t wa s nicht , sagt e ic h mir imme r wieder . Wen n de r T y p behauptet , e r is t mei n Vater , muß da s noc h lang e nich t stimmen . Könnt e auc h irgendei n Trick sein, ein Schwindel. All das geht mir durch den Kopf, während wi r i n de r Stad t rumfahren , un d dan n sin d wi r plötzlic h wieder vo r unsere m Haus . Komm t mi r vor , al s hätt e da s Ganze höchsten s ein e halb e Sekund e gedauert . Mei n Alte r steig t noch nich t ma l au s de m Wagen . E r greif t blo ß i n sein e Tasche , zieht eine n Hundert - Dolla r - Schei n rau s un d klatsch t ih n mi r i n die Hand . ‹Hier , Jack› , sag t er , ‹ein e Kleinigkeit , dami t d u weißt, da ß ic h a n dic h denke. › Scheiße . Sovie l Gel d hatt e ic h noc h nie i m Lebe n gesehen . Ic h hatt e noc h nich t ma l gewußt , da ß s o was
    wi e Hundert - Dolla r - Schein e überhaup t hergestell t wird . Also steig e ic h mi t diese m Hunderte r i n de r Han d au s de m Wagen, u n d ic h wei ß noch , wi e ic h be i mi r dachte : Tja , da s heiß t ja wohl , e r is t wirklic h mei n Vater . Abe r bevo r mi r irgendwas einfällt , wa s ic h sage n könnte , drück t e r mi r di e Schulter n und verabschiede t sich . ‹Bi s späte r mal , Junge› , sag t er , ode r s o was ähnlic h es , un d dan n starte t e r de n Wage n un d fähr t davon.»
    «Komisch e Art , seine n Vate r kennenzulernen» , sagt e Nashe.
    «Wa s Si e nich t sagen.»
    «Abe r wi e wa r das , al s Si e hie r in s Plaz a kamen?»
    «Da s wa r ers t dre i ode r vie r Jahr e später.»
    «Un d i n de r ganze n Zei t habe n Si e ih n nich t gesehen?»
    «Nicht ein einziges Mal. Als ob er

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