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Die Musik des Zufalls

Die Musik des Zufalls

Titel: Die Musik des Zufalls Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Auster
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erklären sollen, warum e r sic h nich t meldet . Ic h stel l mi r vor , Scheiße , ic h stel l mi r vor, er ist so ’ne Art James Bond, einer von diesen Geheimagenten, di e fü r di e R e gierun g arbeiten , un d wen n e r mic h besucht, würd e sein e Tarnun g auffliegen . Immerhi n glau b ic h inzwischen de n ganze n Schei ß vo n seine m Ausbruc h au s dem Gefangenenlage r i n Vietnam , un d wen n e r da s geschaff t hat, muß er ja ein ungeheurer Draufgänger gewesen sein , stimmt’s? Ei n Supermann . Mein e Fresse , wi e ha b ic h nu r eine n solchen Schwachsinn denken können.»
    «Si e mußte n sic h irgen de twas zurechtlegen . S o wa s kann
    ma n unmöglic h unausgefüll t lassen . D a mach t de r Verstand nich t mit.»
    «Kan n sein . Abe r ic h ha b mi r wirklich einen Haufen Mist zusammengesponnen . Bi n ga r nich t meh r davo n losgekommen.»
    «Und wie war das, als er dann schließlich wieder aufgetaucht ist?»
    «Diesma l rie f e r vorhe r a n un d sprac h mi t meine r Mutter . Ich erinner e mich , da ß ic h scho n obe n i m Bet t war , un d si e ka m in mei n Zimme r un d erzählt e mi r davon . ‹E r wil l da s Wochenende mi t di r i n Ne w Yor k verbringen› , sagt e sie , un d e s wa r leich t zu merken , da ß si e saue r war . ‹Diese r Mistker l ha t vielleicht Nerven›, sagte sie andauernd. ‹Dieser Mistkerl hat v ielleicht Nerven. › A m Freitagnachmitta g komm t e r vo r unsere m Haus vorgefahren ; e r ha t eine n neue n Cadillac , eine n schwarzen , und ic h wei ß noch , da ß e r s o eine n forsche n Kamelhaarmante l trug un d ein e dick e Zigarr e rauchte . Vo n wege n Jame s Bond . E r sah aus w i e au s eine m A l Capon e - Film.»
    «Diesma l wa r e s Winter.»
    «Tiefste r Winter , un d saumäßi g kalt . Wi r sin d durc h den Lincol n - Tunnel, dann ins Plaza und von dort zu Gallagher’s an de r Fiftysecon d Street . Kan n mic h noc h gu t a n de n Laden erinnern. Von draußen das reinste Schlachthaus. Hunderte von rohen Steaks im Schaufenster, da könnte man glatt Vegetarier werden . Abe r drinne n is t e s nich t übel . A n de n Wände n hängen laute r Foto s vo n Politikern , Sportler n un d Filmstars , un d ich mu ß zugeben , da ß ic h gan z schö n beei n druck t war . Da s war wohl der ganze Sinn dieses Wochenendes, nehme ich an. Mein Vater wollte mich beeindrucken, und das ist ihm nicht schlecht gelungen . Nac h de m Esse n sin d wi r z u eine r Boxveranstaltung i m Garde n gegangen . A m nächste n Ta g wiede r dorthi n un d zwei Colleg e - Basketballspiele angesehen, und am Sonntag ins Stadion , w o di e Giant s gege n di e Redskin s spielten . Und glaube n Si e nicht , wi r hätte n obe n unter m Dac h gesessen.
    Fünfzi g - Yard - Linie , mei n Freund , di e beste n Plätz e de s Hauses. Tja , ic h wa r beeindruckt , ha t mic h glat t umgehauen . Un d w o wir auc h hinkommen , blätter t mei n Alte r di e Schein e vo n dem dicke n Bündel , da s e r i n de r Tasch e mi t sic h rumträgt . Zehner, Zwanziger , Fünfzige r – e r ha t überhaup t nich t richtig hingesehen . Ha t Trinkgelde r verteilt , a l s wä r da s ga r nichts, verstehen Sie, was ich meine? Platzanweiser, Oberkellner, Pagen . All e streckte n si e di e Han d aus , un d e r schnippt e ihnen di e Dollar s hin , al s gäb e e s kei n Morge n mehr.»
    «Si e ware n beeindruckt . Abe r habe n Si e sic h auc h amüsiert?»
    «Ni c h t s o richtig . Ic h meine , wen n da s da s Lebe n war , w o war ich dann all die Jahre gewesen? Verstehen Sie, was ich damit sage n will?»
    «Ic h denk e schon.»
    «E s wa r schwer , mi t ih m z u reden , un d di e meist e Zei t hatte ic h eine n Klo ß i m Hals , wa r völli g verkrampft . Das ganze Wochenend e ha t e r sic h aufgespiel t – mi r vo n seine n Geschäften erzählt , mic h mi t de r Nas e darau f stoße n wollen , wa s fü r ein tolle r Hech t e r wär , dabe i ha b ic h überhaup t nich t kapiert, wovo n zu m Teufe l e r d a eigentlic h redete . Un d daz u ha t e r mir eine n Haufe n Ratschläg e gegeben . ‹Verspric h mir , da ß d u die Hig h - Schoo l z u End e machst › – da s ha t e r zwe i - , dreima l gesagt
    – ‹Verspric h mir , da ß d u di e Hig h - Schoo l z u End e machst,
    dami t d u nich t i n de r Goss e landest. › Un d ich , s o ei n Benge l von Sechstkl ä ßler, was weiß denn ich von Hig h - Schoo l un d diesem ganze n Scheiß ? Abe r e r wollte , da ß ic h e s ih m versprach , also ha b ic h ih m mei n Wor t gegeben

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