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Die Musik des Zufalls

Die Musik des Zufalls

Titel: Die Musik des Zufalls Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Auster
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Haufen Enttäuschunge n droht e un s da s Her z z u brechen . Aber währenddesse n liefe n di e Pokerabend e i n And y Dugan s Bür o in de r f ü nfte n Etag e wi e a m Schnürche n weiter . Di e habe n un s nie enttäuscht, auf die konnten wir uns durch dick und dünn verlassen.»
    «Un d dann» , unterbrac h ih n Nashe , «sin d Si e plötzlic h reich geworden.»
    «Gan z genau» , sagt e Stone . «Ei n Blit z au s heitere m Himmel.»
    «Knapp sieben Jahre ist das jetzt her», sagte Flower, der nicht abschweife n wollte . «A m vierte n Oktober , u m gena u z u sein. Sei t einige n Woche n hatt e nieman d meh r di e Gewinnzahl getroffen , un d de r Jackpo t wa r au f de n höchste n Stan d aller Zeiten angewachsen. Über zwanzig Millionen Dollar, falls Sie es glauben können, eine wirklich erstaunliche Summe. Willie un d ic h hatte n sei t Jahre n gespielt , un d bi s dahi n hatte n wi r noch keinen Pfennig gewonnen, nicht einen einzigen falschen Fuffzige r fü r di e Hundert e vo n D ollars, die wir eingesetzt hatten . Un d wi r hatte n auc h ni e dami t gerechnet . Di e Chancen sin d schließlic h imme r dieselben , gan z gleich , wi e of t man spielt . Zi g Millione n z u eins , da s Unwahrscheinlichst e vom Unwahrscheinlichen . Ic h glaube , wi r habe n di e Los e überhaupt nu r gekauft , u m darübe r rede n z u können , wa s wi r mi t de m Geld anfange n würden , fall s wi r zufälli g einma l gewinne n sollten. Da s wa r ein e unsere r Lieblingsbeschäftigungen : be i Steinberg mi t unsere n Sandwiche s sitze n un d Geschichte n ausspinnen , wie wi r lebe n würden , wen n wi r plötzlic h einma l Glüc k hätten . Ein harmlose s Spielchen , wi r ware n glücklic h dabei , unsere Gedanke n au f dies e Weis e schweife n z u lassen . Ma n könnt e das soga r therapeutisc h nennen . Ma n denk t sic h ei n neue s Leben aus , un d da s Her z s chlägt wieder ein bißchen weiter.»
    «Is t gu t fü r de n Kreislauf» , sagt e Stone.
    «Genau», sagte Flower. «Hält die Pumpe am Laufen.»
    In diesem Augenblick klopfte es an die Tür, und das Hausmädche n scho b eine n Teewage n mi t eisgekühlte n Drinks un d Sandwiche s her e in. Während der Imbiß herumgereicht wurde , unterbrac h Flowe r sein e Erzählung , doc h al s di e vie r sich dan n i n ihr e Sesse l zurückgelehn t hatten , ho b e r sofor t wieder an.
    «Willi e un d ic h habe n un s imme r ei n Lo s geteilt» , sagt e er.
    «Da s ha t meh r Spa ß gemacht , den n au f dies e Weis e ware n wir kein e Konkurrenten . Ma n stell e sic h vor , eine r vo n un s hätte gewonnen ! E s wär e undenkba r fü r ih n gewesen , de n Gewinn nich t mi t de m andere n z u teilen , un d anstat t un s darauf überhaup t ers t einzulassen , habe n wi r mi t de m Lo s g l eic h halbe - halbe gemacht. Einer von uns wählte die erste Zahl aus, der ander e bestimmt e di e zweite , un d dan n abwechseln d s o weiter, bi s all e Löche r ausgestanz t waren . Ei n paarma l habe n wi r den Jackpot nur um ein oder zwei Ziffern verfehlt. Verloren war ve r loren , abe r ic h mu ß sagen , da ß wi r dies e Beinah e - Gewinne ziemlic h aufregen d fanden.»
    «Sie spornten uns an», sagte Stone. «Und stärkten unseren Glauben , da ß alle s möglic h war.»
    «An dem bewußten Tag», fuhr Flower fort, «am vierten Oktobe r vo r siebe n Jahren , habe n Willi e un d ic h di e Löche r ein bißchen sorgfältiger ausgestanzt als gewöhnlich. Ich kann nicht sage n warum , abe r au s irgendeine m Grun d habe n wi r darüber diskutiert , welch e Zahle n wi r nehme n sollten . Ic h hatt e natürlich mei n ganze s Lebe n lan g mi t Zahl e n z u tun , un d d a bekommt ma n nac h eine r Weil e da s Gefühl , da ß jed e Zah l ein e eigene Persönlichkei t hat . Di e Zwöl f is t zu m Beispie l etwa s ganz anderes als die Dreizehn. Die Zwölf ist rechtschaffen, gewissenhaft , intelligent ; währen d di e Dreizeh n ein Einzelg änger ist, ein zwielichtiger Charakter, der ohne weiteres di e Gesetz e bricht , u m z u bekommen , wa s e r will . Di e El f is t ein rauhe r Bursche , de r vie l i m Freie n leb t un d ger n durc h Wälder wander t un d au f Berg e steigt ; di e Zeh n is t ein e ziemlich einfältige , n i chtssagend e Zahl , di e imme r tut , wa s ma n ih r sagt; di e Neu n is t tie f un d mystisch , ei n kontemplative r Buddha . Ich will Sie nicht damit langweilen, aber Sie verstehen wohl, was ic h meine . Da s is t alle s seh r privat , abe r jede r meine r Kollegen, mi t de m

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