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Die mutigsten Mäuse der Welt: Das Wiedersehen (German Edition)

Die mutigsten Mäuse der Welt: Das Wiedersehen (German Edition)

Titel: Die mutigsten Mäuse der Welt: Das Wiedersehen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frances Watts
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Heimat seiner Familie. Der Winns ist ein Fluss und noch mehr als das. Er ist wie das Rückgrat, das unseren Kopf mit unseren Füßen verbindet. Seine Adern laufen durch unser Land und sein Wasser rinnt durch unsere Adern .
    Einen Augenblick verlor die eisige Luft etwas von ihrer Kälte, als sich Alistair daran erinnerte, wie er in Souris an einem Lagerfeuer am Ufer eines anderen Flusses gesessen hatte – mit dem geheimnisvollen nachtblauen Mäuserich, der geredet hatte, als würde er Alistair kennen. Wo befand sich Timmy vom Winns wohl gerade? Mit sorgenvoller Miene dachte er daran, dass Timmy womöglich irgendwo in Souris eingekerkert war – vielleicht sogar in dem gefürchteten Gefangenenlager in den Koller-Alpen, aus dem Sansibar kürzlich entflohen war. Timmy vom Winns, der die Freiheit mehr als alles liebte.
    Wo der Winns mich hinführt, dort will ich sein,
    denn ich und der Winns, wir sind immer eins.
    Das hatte Timmy an jenem Abend in Souris am Feuer gesungen. Wie überrascht er wäre, zu erfahren, dass Alistair den Winns nun wirklich sehen würde. Oder doch nicht? Irgendwie schien Timmy niemals überrascht zu sein. Es schien ihn ja auch nicht überrascht zu haben, auf Alistair und Tibby Rose zu stoßen ... Alistair streckte die Zehen näher an das Feuer, näher, noch näher – zu nah! Sie brannten!
    Mit einem Ruck wachte er auf. Ein eisiger Wind umwirbelte ihn, und als er sich im Griff des Uhus ein wenig bewegte, merkte er, dass das Brennen seiner Zehen nicht von Wärme kam, sondern von Kälte. Und nicht nur seine Zehen brannten. Seine Ohren, seine Nase, alles, das nicht von Oswalds Krallen umschlossen war, brannte – außer seinem Schwanz, der so taub war vor Kälte, dass er ihn überhaupt nicht mehr spürte.
    Er war nicht sicher, wie lange er geschlafen hatte, doch der Himmel zur Rechten hatte am Horizont eine blassgelbe Farbe angenommen: Der Morgen dämmerte bereits. Alistair spähte hinunter in die düstere Landschaft tief unten, doch es war immer noch zu dunkel, um Umrisse zu erkennen.
    Wieder schloss er die Augen und stellte sich wärmende Dinge vor: dass er am Feuer von Timmy vom Winns saß oder mit seinen Geschwistern vor einem prasselnden Feuer in der Wohnung in Smiggins Onkel Ebenezers heißen Kakao trank, der so intensiv nach Schokolade schmeckte. Aber es war schwierig, sich diesen Gedanken hinzugeben, weil der Wind eisige Nadelstiche in seine Füße trieb und mit eiskalten Fingern in seine Ohren kniff.
    Alistair öffnete die Augen. Der Himmel war jetzt vom blassen Grau der Morgendämmerung erleuchtet, und als er nach unten blickte, erschrak er, denn alles war weiß. Das Auf und Ab riesiger Berge erstreckte sich wie die Wellenkämme einer rauen See bis in weite Ferne.
    Wie seltsam. Happy Thompson hatte zu keinem Zeitpunkt erwähnt, dass sie über die Berge fliegen würden. Der Ursprung des Winns lag doch in den Gebirgsausläufern, hatte Slipper gesagt.
    » Huch « , rief Alistair laut aus, als sie mit einem plötzlichen Wuuusch von einer besonders starken Windbö seitwärts getrieben wurden.
    Verbissen steuerte der Uhu wieder auf Kurs und wehrte sich mit heftigen Flügelschlägen gegen die eisigen Windstöße.
    Alistair ließ den Blick über die schneebedeckten Spitzen und steilen, felsigen Abgründe gleiten. Auf eine Ehrfurcht gebietende Weise waren die Berge ein schöner Anblick. Er war nur froh, dass er sie aus der Ferne bewundern konnte; keinesfalls wollte er dort unten in der eisigen Kälte sein.
    Er schloss schnell die Augen, als ihm ein weiterer Windstoß ins Gesicht fuhr, so wild, dass er kaum noch Luft bekam.
    » Ist alles in Ordnung, Oswald? « , rief er, als sie weiter nach rechts abgetrieben wurden.
    Alistair spitzte die Ohren, doch der Uhu antwortete nicht. Seine Fänge schienen allerdings leicht zu beben, als würde er heftig atmen.
    Es herrschte ein kräftiger Westwind. War es möglich, dass sie vom Kurs abgetrieben wurden? Nach einem erneuten starken Windstoß wandte Alistair den Kopf und versuchte, Blickkontakt zu Tibby Rose zu bekommen, doch Tibby hatte die Augen fest geschlossen. Alistair konnte nicht erkennen, ob sie schlief.
    Oswald kämpfte weiter gegen den eiskalten Sturm an. Jeder Windstoß presste Alistair den Atem aus den Lungen, sodass er nach Luft schnappen musste. Er hielt den Blick auf die Berge unter ihnen gerichtet. Es war jetzt offensichtlich, dass sie immer weiter nach Osten getragen wurden. Der Wind nahm an Stärke zu, pfiff und heulte rasend um den Uhu

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