Die mutigsten Mäuse der Welt: Das Wiedersehen (German Edition)
richtig Gefährliches und Aufregendes. «
Alistair schwieg; es war Folter, seinen Geschwistern nichts von dem Einsatz erzählen zu dürfen. Er war dankbar, dass Tibby Rose den Moment wählte, um das Licht zu löschen.
Es klopfte leicht ans Fenster und Alistair schlug die Augen auf. Im Mondlicht, das durch das Fenster strömte, sah er, dass Tibby Rose schon wach war. Sie kniete am Fußende ihres Bettes und zog die Riemen an ihrem Rucksack stramm.
Geräuschlos glitt Alistair aus dem oberen Stockbett, konnte jedoch ein leises Plumpsen nicht verhindern, als er auf dem Boden landete. Alice seufzte im Schlaf und murmelte etwas Unverständliches, wachte jedoch nicht auf. Alex, der das Bett über ihr hatte, lag still und unbeweglich da wie ein Felsbrocken. Trompetenstöße aus dem Zimmer nebenan, vermischt mit sanften Pfeiftönen, verrieten Alistair, dass auch seine Tante und sein Onkel fest schliefen. Es kam ihm unrecht vor, so ohne Abschied davonzuschleichen, und er zögerte einen Moment lang, doch als er zur Tür blickte, sah er, wie ihn Tibby Rose herbeiwinkte. Mit einem letzten Blick auf seine schlafenden Geschwister zog Alistair seinen Schal fest, schulterte seinen Rucksack und folgte Tibby hinaus auf den dunklen Gang mit den vielen geschlossenen Türen.
Während sie rasch auf den Ausgang zugingen, wurden sie begleitet von einer klingenden Symphonie aus Schnarchen und Schnauben, Röcheln und Pfeifen, Ächzen und Stöhnen, die durch die Stille des Schlaftrakts hallte.
Sie traten hinaus in eine in Mondlicht getauchte Welt. Die Felsen, die die Schule und Stadt umgaben, erhobensich schwarz und drohend gegen den von Sternen erleuchteten Himmel. Das Gras des Ovals schimmerte silbrig.
»Wo ist Oswald? « , fragte Alistair.
Wie als Antwort auf seine Frage spürte er plötzlich einen Windhauch, und die riesige Eule glitt von einem nahe stehenden Baum herunter und landete ein paar Meter entfernt von ihnen.
» Bereit? « , fragte der Nachtvogel mit seiner tiefen Stimme.
Die zwei Mäuse stellten sich ungefähr einen Meter auseinander, die Rucksäcke fest auf den Schultern. Alistair umklammerte die Enden seines Schals.
Oswald breitete seine Flügel aus, schlug ein paar Mal kurz damit, sodass er knapp über ihren Köpfen und etwas hinter ihnen schwebte. Die Zugluft zerzauste das Fell auf Alistairs Kopf. Gerade wollte er die Hand heben und es glatt streichen, da spürte er, wie sich die Fänge des Uhus wie ein Schraubstock um ihn schlossen. Er konnte sich nicht mehr rühren. Er schielte nach links und sah aus dem Augenwinkel, dass Tibby Rose ebenso festgehalten wurde.
» Okay, Tib? « , rief er, doch in dem Augenblick fing der Uhu mit seinen riesigen Schwingen zu schlagen an, und Tibbys Antwort wurde von dem Rauschen verschlungen.
Oswald musste wohl etwas erschöpft von seinem ersten Flug sein, denn es dauerte fünf Schläge seiner Flügel, bis er abheben konnte. Sein sonst so geschmeidiger Abflug schien ihn Mühe zu kosten. Endlich waren sie jedoch in der Luft und erhoben sich hoch in den sternenbedeckten Himmel. Die Gebäude unter ihnen wurden kleiner. Die Aula und der Schlaftrakt standen geduckt auf der einen Seite des Ovals, Cafeteria und Schule auf der anderen. Die Stadt Stetson kam mit ein paar funkelnden Lichtern am Fuß des großen Berges in Sicht. Und als sie noch höher stiegen, konnte Alistair die Felsen und Berge erkennen, die Stetson schützend umschlossen. Er spürte jetzt zudem den scharf entgegenkommenden Luftstrom.
Alistair hätte angenommen, dass es unmöglich war, bei dem Getöse des Flugwindes und den leicht ruckelnden Bewegungen, die Oswalds Schwingenschläge begleiteten, zu schlafen. Doch überraschenderweise fühlte er sich ziemlich müde ...
Als er einige Zeit später die Augen wieder aufschlug, kam es ihm vor, als würde er von einer kalten, feuchten Decke erstickt. Er brauchte eine Weile, bis er begriff, dass sie wohl durch eine Wolke flogen. Er wollte die Augen offen halten, bis sie aus dem Dunst herauskamen, aber die feuchte Luft brannte, daher schloss er sie wieder. Er rieb den Schal tröstlich zwischen den Fingern und versuchte, sich die Farben und Muster vorzustellen, die alle von dem blauen Streifen zusammengehalten wurden, der, wie er nun wusste, der Winns war. Träge ließ er die Gedanken schweifen und stellte sich den großen Fluss vor, der ganz Gerander von Norden nach Süden durchströmte. Er konnte es kaum fassen, dass er in ein paar Stunden dort sein würde, am Winns, in der
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