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Die Mutter aller Stürme

Die Mutter aller Stürme

Titel: Die Mutter aller Stürme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Barnes
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auf die Art
an, wie sie es immer tut, wenn sie sagt, »nicht schlecht
für ein altes Weib«, noch ein Spruch, den sie sich
abgewöhnen mußten, als Nahum vor zwei Monaten die Ansicht
vertrat, daß Oma nicht schlecht sei für ein altes
Weib.
    Man weiß im Grunde nie, was die Kinder sich merken, aber nun
umklammert Mark Dis Beine und fragt: »Zeit fürs
Bett?«
    »Betten!« bekundet Nahum seine Zustimmung, und die
aktuelle Philosophie wird dadurch legitimiert, daß es
überhaupt kein Problem ist, die beiden in das große,
bequeme, flache Bett zu bekommen; mittlerweile haben sie sich schon
so daran gewöhnt, daß Di oder Lori nur noch bei den
meisten Schläfchen anwesend sein müssen, nicht mehr bei
allen.
    Ein Zyniker könnte indessen anmerken, daß Di oft an
Schlafmangel leidet und daß das neue Regime nur deswegen
funktioniert, weil Lori zu Hause arbeitet. Ein fortgeschrittener
Zyniker könnte dann noch die Frage stellen, wann Eltern einmal
nicht an Schlafmangel gelitten hätten.
    Wie dem auch sei, diese Nacht gehen die Kinder ohne Umstände
zu Bett und schlafen auch gleich ein. Noch besser, Lori setzt sich
neben ihn auf die Couch, anstatt sich wieder an die Arbeit zu
begeben. »Wie ist deine Meinung?« fragt sie ihn.
    »In meteorologischer Hinsicht ist der Grund des Arktischen
Ozeans absolut bedeutungslos«, erwidert Di und nimmt von ihr
einen Brandy in Empfang. »Will sagen, die Temperaturen dort
unten kommen durch die Absorption globaler Erwärmung zustande
– wenn die Tiefsee sich erwärmt, verschwindet zwar ein
Regulativ des Systems, aber das Erdklima wird sich zumindest für
die kommende Generation nicht erwärmen, wenn die Computer recht
haben. Und bis dahin müßten wir die Emissionen eigentlich
unter Kontrolle und vielleicht sogar schon die Abkühlung
eingeleitet haben, von der anscheinend jeder glaubt, daß wir
sie durchführen wollen.
    Nein, ich ärgere mich nur über die Politik. Ich meine,
wir beide sind vor dem Blitz aufgewachsen. Wir wissen, wie
absurd es ist, den UN ein Mitspracherecht bei der ganzen
Angelegenheit einzuräumen. Und sie leisten auch keine
ordentliche Arbeit. Wenn sie Rußland nicht gezwungen
hätten, Sibirien in die Unabhängigkeit zu entlassen oder
die Vereinigten Staaten dazu veranlaßt hätten, sich von
Alaska zu trennen, wäre das alles sicher nicht passiert. Und
dann sind sie noch nicht einmal den Ursachen für diesen Konflikt
nachgegangen. Eine typische UN-Operation. Das ist alles. Wenn
›Präsidentin Großmutter‹ oder Harris Diem das
Kommando hätten, würde es die ganze Auseinandersetzung und
die Schlagzeilen überhaupt nicht gegeben haben –
Abdulkashim wäre ganz unspektakulär abgesetzt worden.
Dieser Bursche, Rivera, ist zwar intelligent, aber er hat auch eine
Profilneurose und sieht gern die Flugzeuge aufsteigen und die Bomben
fallen. Eines Tages werden wir es mit einem klügeren Aggressor
oder einem dümmeren SecGen zu tun bekommen, und dann
haben wir den Salat.
    Aber was die Meteorologie betrifft – in meinen Augen besteht
kein Grund zur Sorge. Die dort unten erzeugte Wärme wird die
Temperatur des Meeresbodens nicht einmal um ein hundertstel Grad
erhöhen, wenn sie sich erst im ganzen Ozean ausgebreitet
hat.«
    Sie schmiegt sich an ihn und meint: »Ich habe aber nicht
schon früher Schluß gemacht, um mit dir über
Meteorologie zu sprechen.«
    Die Antwort liegt ihm schon auf der Zunge, als das Telefon
klingelt. Der Anruf kommt vom NOAA-Büro, also muß er ihn
beantworten. Wahrscheinlich die gleiche Frage, die Jesse schon
gestellt hat, nur weniger höflich formuliert.
    Als er Henry Pauliss auf dem Bildschirm sieht, weiß er,
daß es eine größere Sache ist, und sein Vorgesetzter
sieht so aus, als ob man ihn gerade aus dem Bett geholt hätte.
Wahrscheinlich haben die UN dort unten etwas Verrücktes
angestellt und wollen, daß die NOAA das Problem löst, denn
die USA verfügen noch immer über das beste meteorologische
Institut…, deshalb gehen in Scuttlebyte auch immer
Angebote der UN ein, die NOAA zu übernehmen.
    Als ob er dem verärgerten Di den Wind aus den Segeln nehmen
wollte, eröffnet Henry mit einem Seufzer. »Ich möchte,
daß Sie mir sagen, ich soll wieder ins Bett gehen, nachdem ich
die Präsidentin angerufen und ihr gemeldet habe, daß kein
Anlaß zur Sorge besteht, damit sie den SecGen anrufen
und ihm das gleiche sagen kann.«
    »Ich würde Ihnen das nicht sagen, wenn es nicht
stimmte.«
    »Deshalb habe ich Sie auch angerufen. Es fällt
eigentlich

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