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Die Mutter aller Stürme

Die Mutter aller Stürme

Titel: Die Mutter aller Stürme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Barnes
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Jahre hinter dem Trend und ist deutlich zu dick aufgetragen, und
ihre Gespräche handeln vorzugsweise davon, wieviel sie an jeder
Station ihrer Reise ausgegeben haben und was es dort zu essen gab.
Bills Kleidung entspricht seinem Status – er arbeitet als
Datensachbearbeiter bei einer Bank und nörgelt immer über
das Essen – wenn es nach ihm ginge, würde er sich
ausschließlich von Steaks, Pizza und Tacos ernähren, denn
er haßt ›fremdes Essen‹. Jedesmal, wenn er
feststellt, daß auch ihr neues Reiseziel keine Ähnlichkeit
mit Sylvania, Ohio, aufweist, wird er wieder knurrig.
    Ed Porter hält die beiden für die langweiligsten Leute,
mit denen er es jemals zu tun gehabt hatte, aber
›Traum-Flitterwochen‹ erzielt Rekord-Einschaltquoten, und
wenn er diese Sondersendung in den regulären Nachrichten
unterbringt, werden die Einschaltquoten noch weiter nach oben
schnellen.
    Im Moment logieren Bill und Candy noch immer im Royal Hawaiian
Hotel und sind außer einigen Managern, die gerade die
Schließung des Hauses und die Evakuierung in die Hügel
vorbereiten, die einzigen Anwesenden. Weil das Royal Hawaiian den Sturm bisher unbeschadet überstanden hat, zumal es
direkt am Strand von Waikiki steht, glaubt Ed Porter, daß Bill
und Candy dort sicher seien… aber falls nicht – Porter verdrängt diesen Gedanken. Natürlich sind sie
dort sicher.
    Aber falls doch nicht, wird Passionet den Mega-Hit des
Jahrzehnts auf den Markt bringen.
    Im Augenblick befinden sie sich in ihrem teuren Zimmer mit Blick
auf das Meer. Ed hat ihnen geraten, sich so anzuziehen, daß sie
gleich fliehen können, wenn es denn soweit käme, aber
natürlich verfügt keiner von beiden über die robuste
Kleidung, die hierfür erforderlich wäre, und außerdem
hat er Bill ja versichert, sie seien hier nicht in Gefahr, so
daß Candy sich in eines dieser verführerischen Negliges
aus billigem Glitzerstoff gehüllt hat, die seit den siebziger
Jahren des letzten Jahrhunderts für Jungvermählte
obligatorisch sind. Sie hat Jeans, Sportschuhe und ein sehr knappes
Top, das nicht unbedingt praktisch, dafür aber zwanglos wirkt,
an der Tür aufgestapelt, vermutlich in der Absicht, noch die
Kleidung zu wechseln, bevor das Hotel einstürzt.
    Bill hat seine Unterhosen, Hemden, Bermuda-Shorts, Socken und
Schuhe gleich daneben deponiert. Da steht er nun in seinen Bermudas,
und Ed entfährt ein glucksendes Lachen. Wo Candy glaubt, sich
noch rechtzeitig umkleiden zu können, ist Bill wohl der Ansicht,
daß er im Notfall auch noch die Unterwäsche wechseln
sollte.
    Porter schaltet eine emotionale Verbindung und
fühlt…
    …daß Bill sich mehr fürchtet, als er Candy
gegenüber eingestehen will, und obwohl in diesen ersten Wochen
bei Passionet alle wirklich nett zu ihnen gewesen sind,
muß er dennoch die Bilanz ziehen, dort keine wirklichen Freunde
zu haben. (Porter schreibt dieses Gefühl indessen seiner
generellen Befindlichkeit zu.) Bill fragt sich nun, wie, zum Teufel,
er überhaupt in diese Sache hineingeraten ist.
    Nicht, daß er sonst nicht hier wäre – es ist bei
ihnen schon Familientradition, die Flitterwochen auf Hawaii zu
verbringen; das gehört einfach dazu, genauso wie man Mitglied im
Sylvania Country Club ist, an die U von Toledo geht und später
den Familienbetrieb übernimmt, wie man entweder Presbyter oder
Methodist ist, die republikanische Partei wählt und an den
Veranstaltungen seiner alten Schule teilnimmt.
    Bill hat gewisse Schwierigkeiten mit dieser Kausalkette. Er
wäre ohnehin hier gewesen, aber ohne Passionet… nun,
vielleicht hätten sie nur ein oder zwei Tage im Royal
Hawaiian verbracht. Und vielleicht nicht einmal das. Die Wahrheit
ist, daß er nicht einmal weiß, was er hier überhaupt
noch soll; das Essen ist im Grunde auch nicht besser als zu Hause,
die Matratzen sind zu hart, das Ambiente ist museal, und die
Außenarchitektur ist im ›Zuckerbäckerstil‹
gehalten. In Strandnähe gibt es noch viele modernere Hotels, die
ihm auch zugesagt hätten.
    Candy zittert, aber nicht, weil ihr etwa kalt wäre.
    Warum hat er sich bloß von diesem Porter, der anscheinend
über jeden Mist lacht, überreden lassen, hier zu bleiben?
Porter hat sich in die Berge verdrückt, und Bill ist mit seiner
Frau noch immer hier unten…
    Meine Frau, denkt Bill und drückt Candy an sich. Das
war vielleicht auch der Grund, überlegt er. Er konnte
unmöglich vor ihr Angst zeigen. Wenn er allein mit Porter
gesprochen hätte, wäre es ihm vielleicht

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