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Die Mutter aller Stürme

Die Mutter aller Stürme

Titel: Die Mutter aller Stürme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Barnes
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heulenden Wind und strömenden Regen zu
errichten, und aus ihren Unterlagen geht hervor, daß bereits
sechs Pioniere bei dieser Aktion umgekommen sind), aber sofern die
Menschen sich überhaupt noch bewegen können, müssen sie dazu schlechte Straßen benutzen – und
viele jüngere Autofahrer haben, außer in der Fahrschule,
noch nie ein Auto manuell gesteuert. Daher ereignen sich laufend
Unfälle, und dann sitzen die Leute auf Straßen fest, die
jeden Augenblick auch unterspült werden können…
    Wir werden mindestens ein paar tausend Tote haben, überlegt Hardshaw. Unvorstellbar, daß die
Präsidentin der USA in Friedenszeiten über solche
Ressourcen verfügt und nicht imstande ist, etwas damit zu
bewirken.
    Sie entspannt sich; sie hat sich auf das Schlimmste eingestellt
und fühlt sich nun besser. Ja, es werden einige tausend Menschen
das Leben verlieren. Viele werden auf dieser Straße umkommen,
weil sie dem Evakuierungsaufruf der Behörden gefolgt sind, aber
von denen, die sich entschieden haben, in Hilo zu bleiben, werden
noch viel mehr sterben. Niemand wird dafür die Verantwortung zu
tragen haben; Hardshaws Stab wird dem Volk suggerieren, ›Das ist
ja schrecklich, aber da kann man nichts machen‹, falls die Leute
ohnehin nicht schon dieser Ansicht sind.
    Nun widmet sie sich den anderen Meldungen. Die Evakuierungsflotte
von Midway hat eine Kursänderung vorgenommen, um dem Sturm zu
entkommen – sie erinnert sich vage daran, daß es besser
sei, einen Sturm mit dem Bug oder Heck abzureiten als mit der
Breitseite – und versucht jetzt, die Gefahrenzone
weiträumig zu umfahren und Yokohama anzulaufen. Jedes Flugzeug,
das noch starten konnte, bevor die Wetterbedingungen die
Schließung der Flughäfen erforderten, fliegt die
Westküste an, und weil die Passagiere überwiegend aus
Angehörigen von Militärpersonal bestehen, werden die
Flughäfen von San Diego bis rauf nach Portland von Tausenden
junger Ehefrauen und ihrer Kinder überfüllt sein, die
verzweifelt auf Nachricht warten. Sie gibt eine kurze Anweisung
heraus, welche die Standortkommandanten zu ›humanitärer
Hilfe‹ verpflichtet, und weil die Lage so prekär ist, hat
Harris Diem bereits eine ähnliche Order herausgegeben.
    Es ist schon dunkel draußen, und es wird eine lange Nacht
werden. Morgen wird das Schlimmste vorbei sein; Brittany Lynn
Hardshaw betet, intensiver, aber mit weniger Glauben als bisher,
für eine Besserung der Situation.
     
    Die Nachtzone wandert weiter, überquert die Westküste
und legt sich über den Pazifik. Die XV-Kommunikationsanlagen
erfordern ein sehr breites Frequenzband, und weil so viele
Kanäle nach Hawaii durch vom Wind gekappte Antennen unterbrochen
sind, bestehen nur noch Telefon- und Fernsehverbindungen.
    Das macht Ed Porter jedoch nicht arbeitslos; als einer der besten
Redakteure von Passionet sitzt er als Sektionschef Pazifik in
Honolulu, und obwohl er vom Rest der Welt abgeschnitten ist, tut sich
hier auf Oahu auch genug. Er hat das Evakuierungsangebot abgelehnt,
weil er der Ansicht ist, hier oben, oberhalb der Stadt in den Dowsett
Highlands, auch in Sicherheit zu sein.
    Im Moment haben bloß zwei Korrespondenten eine Verbindung zu Passionet auf Oahu, was eigentlich zur Folge haben
müßte, daß Porter nur eine ziemlich dünne
Dokumentation zur Veröffentlichung vorzulegen hätte. Aber
wenn es jemals zwei Spezialisten gegeben hat, dann sind es Candy und
Billy, und überhaupt unterstellt Ed, daß Doug Llewellyn
weiß, was er tut.
    So schwer Ed diese Annahme indes auch fällt, denn die
Arbeiten für ›Traum-Flitterwochen‹ waren ein einziger
Krampf.
    Bill und Candy sind nicht modifiziert; Candys Brüste und ihr
Hintern sind wie gewachsen, Bills Muskeln sind kein bißchen
verstärkt, und keiner von beiden ist dafür ausgebildet,
eine Pseudo-Identität anzunehmen.
    Eigentlich sollte es ein Marketing-Gag sein – wir verkabeln
euch ein Vierteljahr vor der Hochzeit, und ihr macht ein Jahr
Luxus-Flitterwochen auf unsere Rechnung. Außerdem wurde der
Wettbewerb diskret manipuliert, nicht bei der Auswahl der Kandidaten,
aber es wurde doch sorgfältig darauf geachtet, daß die
Bewerber Ähnlichkeit mit Bill und Candy aufwiesen,
bodenständige junge Menschen aus dem Mittleren Westen der
Vereinigten Staaten, die sich etwas altmodisch kleiden und
überhaupt eher konservativ eingestellt sind.
    Candys Frisur hinkt der aktuellen Kurzhaarmode um etwa fünf
Jahre hinterher und ist etwas zu voluminös, ihr Make-up liegt
zehn

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