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Die Mutter aller Stürme

Die Mutter aller Stürme

Titel: Die Mutter aller Stürme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Barnes
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werden
unerträglich. Er hat Kopf- und Bauchschmerzen und das
Gefühl, sich übergeben zu müssen, wenn das nicht bald
aufhört. Als er sie nun anschaut, wo sein ganzes Begehren
verflogen ist – und die Anwandlung von Sadismus dazu –,
sieht er nichts als Verzweiflung und Begierde, und abrupt schiebt er
ihre Hände weg und löst sich von ihr.
    Sie steht keuchend und erregt da und fragt schließlich:
»Scheiße, bist du in Ordnung?«
    Damit hatte er nicht unbedingt gerechnet. Er schaut an sich
hinunter und sieht, daß sein Penis Blutergüsse und
Kratzspuren aufweist, wobei er an einigen Stellen leicht blutet.
Unvermittelt bricht der Schmerz durch, und er nimmt ihn in die Hand
und beugt sich nach vorne. »O Gott, auuu.«
    »Tut mir leid«, sagt sie.
    »Hat dir schon mal jemand gesagt, daß du wirklich
bekloppt bist, Lady?« Er hatte Blutkontakt; wenn sie also irgend
etwas hat, wogegen er nicht geimpft ist, wird er sich mit etlicher
Gewißheit infizieren; sein Penis fühlt sich an, als ob er
in einen Fleischwolf geraten wäre, und er faßt es nicht,
worauf er sich gerade eingelassen hat. Er muß hier weg und
einen Arzt aufsuchen.
    Und er muß urinieren. Es heißt, daß man
Giftstoffe aus den Schleimhäuten ausscheiden kann, wenn man es
sofort macht. Er schaut sich wie irre um, ortet das Bad, stürmt
hinein und uriniert wie ein Pferd, einen dicken Strahl – eine
Kombination aus Bier und Angst –, und es brennt wie Säure.
»Scheiße, mit wievielen Kerlen hast du das schon gemacht?
Was zum Teufel ist los mit dir?«
    Sie fängt an zu weinen. »Nur mit dir. Wirklich nur mit
dir.«
    »Und das soll ich dir glauben?« Hastig streift er sich
das Hemd über und knöpft es zu. »Mein Gott, ich glaube
es nicht, ich fasse es nicht, daß ich mich von dir habe
abschleppen lassen…«
    Jetzt weint sie richtig. »Ich habe sonst niemanden gehabt,
wirklich nicht, du bist der erste in diesem Urlaub, und das Netz gibt
uns alle drei Tage einen neuen Satz Testpräparate. Es tut mir
leid, daß ich dich verletzt habe, aber ich habe dich ja nicht
umgebracht, ich habe nicht, ach…« Sie starrt ihn mit leerem
Blick an.
    Er hat die Hose in der Hand und angelt sich gerade die Unterhose,
aber er zögert einen Moment; zumindest klingt es so, als ob sie
die Wahrheit sagte.
    »Mein Gott, was, zum Teufel, ist eigentlich los mit mir? Ich
habe dich ja nicht einmal nach deinem Namen gefragt.«
    »Jesse Callare.« Er zieht die Unterhose etwas langsamer
herauf und fragt: »Hast du eine Salbe da oder so etwas? Ich bin
verletzt.«
    »Oh, Scheiße, Jesse, tut mir wirklich leid.« Sie
eilt ins Bad und bringt eine Tube Hämorrhoidensalbe mit, eine
Sprühdose mit einem Antibiotikum und ein antiseptisches
Reinigungstuch. »Laß mich dich wenigstens verarzten. Ich
verspreche dir auch, vorsichtig zu sein; ich wollte dir das nicht
antun.«
    Sie kniet sich vor ihm hin, und bevor er noch zurückzucken
kann, hat sie ihn schon in der Hand. Er japst vor Schmerz, aber sie
geht wirklich sanft und vorsichtig zu Werke, säubert ihn schnell
und gründlich und sprüht ihn dann mit dem Antibiotikum ein.
»Mein Gott, ich hoffe, das ist passiert, nachdem du in meinem
Hintern warst; da gibt es nämlich alle möglichen Bakterien,
die eine Infektion auslösen können – hast du hier
einen Arzt? Du kannst auch zu meinem gehen, ich übernehme das
Honorar…«
    »Du wirkst so unglaublich besorgt und überlegt«,
stellt Jesse fest. Nach dem ersten Schmerz geht es ihm nach ihren
Verrichtungen wirklich schon besser, und ihre Besorgnis hat etwas
Tröstliches.
    Sie trägt die Salbe auf, und ihre beruhigende Wirkung ist
erstaunlich; er entspannt sich fast. »Jesse, Jesse, ich fasse es
nicht, daß ich das getan habe; bist du in Ordnung?«
    »Ging mir schon mal besser«, meint er, löst sich
sanft von ihr und zieht sich weiter an. Die Schmerzen sind jetzt
verschwunden, und die Angst hat sich auch gelegt.
    »Es hört sich wohl dumm an, aber ich möchte,
daß du zum Abendessen bleibst. Ich könnte versuchen, dir
alles zu erklären, aber die Entscheidung liegt bei
dir.«
    Seine Gefühle sind nicht mehr dieselben wie vorhin, aber eine
gewisse Kongruenz besteht dennoch – er könnte jetzt auf gar
keinen Fall verschwinden, denn er vergeht schier vor Neugier.
»Sicher, ich bleibe. Wird mir eh keiner glauben, hätte das
genauso gut auch erfinden können.«
    »Einen Augenblick, ich ziehe mir nur etwas an. Hoffe, du hast
keine Einwände gegen einen lappigen Pullover und eine
Schlabberhose; die

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