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Die Mutter aller Stürme

Die Mutter aller Stürme

Titel: Die Mutter aller Stürme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Barnes
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benimmt.
    Synthi hat anscheinend einen heftigen Orgasmus; sie starren sie
an, als ob sie Komparsen in einem Film wären, und einer von
ihnen winkt Jesse schüchtern zu, als ob er ihm zu seiner
Eroberung gratulieren wollte. Er möchte ihnen darlegen,
daß das gar nicht er selbst sei, daß das überhaupt
nicht seiner Art und seinem Wesen entspräche – aber da
haben sie sich bereits abgewandt und verlassen den Schauplatz.
    Sie beruhigt sich, ergreift wieder seine Hand und legt sie auf
ihre Schulter. »Meine Güte, es ist ein gutes Gefühl,
einen Orgasmus zu simulieren, ohne daß mir zehn Millionen Leute
über die Schulter schauen, die wissen, daß ich nur
simuliere. Wie gefallen dir nun die künstlichen
Bembel?«
    »Ich, sie sind…«
    »Sie fühlen sich an wie echte, stimmt’s? Aber warte
nur, bis sie auf und ab wippen, wenn ich dich reite. Komm, das Haus,
das ich gemietet habe, ist gleich um die Ecke. Das Personal wird es
zwar mißbilligen -Mrs. Herrera ist lieb, aber ihre Ansichten
stammen aus dem zwanzigsten Jahrhundert, und ihr Mann Tomás
ist eher ein Gärtner als ein Butler – nicht die geringste
Diskretion, wenn du weißt, was ich meine…«
    Er wird um die Ecke gezerrt, wobei ihm immer noch nicht klar ist,
was er von all dem halten soll. Er hat Schmetterlinge im Bauch, als
ob er sich übergeben müßte, und weiche Knie, aber auf
der anderen Seite erinnert er sich nicht, jemals schon eine solche
Erektion gehabt zu haben.
    Geistesabwesend überlegt er, daß es vielleicht nur noch
eine Frage der Zeit ist, bis so etwas softwaremäßig
ausgereift ist und dann echten Frauen vorgezogen wird, und am
liebsten wäre er jetzt ganz weit weg…
    Eine innere Stimme suggeriert ihm indessen, daß dies
vielleicht seine einzige Chance sei und er herausfinden müsse,
wie es wirklich ist.
    Das ›kleine Haus‹, welches sie gemietet hat, könnte
in den besseren Vierteln der Stadt ein Reihenhaus für vier
einheimische Familien abgeben; er ist schon oft daran vorbeigegangen,
und wenn er nun darüber nachdenkt, dann ist es auch das, was er
sich darunter vorgestellt hat. Als sie sich der Haustür
nähern, wird sie geöffnet – scheinbar beschränken
sich die Obliegenheiten des kleinen, muskulösen und farbenfroh
gekleideten Mannes, der die Tür öffnet, auf die
Observierung des Pfades.
    Trotz ihrer Vorwarnung wirkt der Diener weder erstaunt noch
echauffiert; er nickt nur und sagt: »Miss Waterhouse.
Möchten Sie…«
    »Wir gehen gleich ins Schlafzimmer, Señor
Herrera«, erwidert sie, »und danach wird dieser Herr
vielleicht noch zum Essen bleiben.«
    Jesse hat den Eindruck, sie würden die lange Marmortreppe
hinauf- und dann in den großen Raum schweben, der einem alten
Film entlehnt zu sein scheint. Alles ist mit rotem Samt
ausgeschlagen, und vielleicht war das auch mal erotisch, aber jetzt
erinnert es ihn nur an eines der renovierten Kinos, die in Oaxaca
oder San Cristóbal für die Touristen wiedereröffnet
werden. In seinen Kopf dreht sich alles – vielleicht hat er doch
mehr getrunken, als er dachte, und zudem sind sie ziemlich schnell
die Treppe hinaufgegangen.
    Den Vorzug der Kleidung von ›leichten‹ Mädchen hat
Jesse schon vor langer Zeit ermittelt – sie ist so weit
geschnitten, daß man leicht mit der Hand darunter fahren kann,
und ruckzuck ist die Trägerin entblättert. In diesem Fall
benötigt Synthi Venture, wenn sie es wirklich ist, nur wenige
Sekunden, die Sandalen abzustreifen, drei oder vier Knöpfe zu
öffnen, das Hemd von sich zu schleudern, den Büstenhalter
zu entriegeln und Rock und Schlüpfer auf einmal
herunterzuziehen.
    Jesse ist perplex; sie hat wirklich rotes Haar, nicht einen der
üblichen Farbtöne, und es ist auch nicht drahtig, wie es
durch die meisten Haartöner verursacht wird, sondern
natürliches, samtiges und gewelltes Haar mit einer
Rotfärbung wie in einem alten Comic-Heft, und der spärliche
Haarwuchs, der ihre Schamlippen nicht ganz verbirgt, ist eine Spur
heller. Sie kichert laut, und jetzt merkt er, daß sie wirklich
betrunken ist oder zugedröhnt mit irgendeinem Stoff (sie kann
sich wahrscheinlich alles leisten, was in dieser Hinsicht auf dem
Markt ist), oder vielleicht hat sie auch gerade ihr Lustzentrum im
Gehirn aktiviert; es wird ja gemunkelt, daß die XV-Stars
entsprechend verdrahtet seien.
    Sie dreht eine kleine Pirouette, und nun erkennt er die
dünnen weißen Narben an ihrem Hintern und den Schenkeln,
wo sie ›perfekt‹ modelliert wurde, und als sie sich dann
wieder zu

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