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Die Mutter aller Stürme

Die Mutter aller Stürme

Titel: Die Mutter aller Stürme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Barnes
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Sachen sind nämlich bequem, und den ganzen
Fummel habe ich oben in Alaska gelassen.«
    Währenddessen zieht sie sich die Klamotten an. Nun, da sie
angezogen sind, sich einander vorgestellt haben und Jesse keine
Schmerzen mehr verspürt, haben sie sich offenbar nicht mehr viel
zu sagen.
    Es tritt ein langes, verlegenes Schweigen ein, bis sie dann sagt:
»Lamm tacos oaxaqueños, bist du damit
einverstanden?«
    »Äh, was?«
    »Zum Abendessen. Señora Herrera stammt aus der Provinz
Oaxaca, irgendwo in den Hügeln, und daher ist sie auf solche
Gerichte spezialisiert. Ich habe die Lamm tacos oaxaqueños schon bestellt, bevor ich ausging, und ich
habe ihrem Mann, Tomás, bei unserem Kommen gesagt, daß
du vielleicht zum Essen bleibst – erinnerst du dich
noch?«
    Er grinst. »Ich erinnere mich. Ja, das hört sich
wunderbar an. Äh – darf ich fragen…?«
    »Du darfst mich alles fragen, aber erst nach dem Essen –
laß uns jetzt hinuntergehen und zu Abend essen, als ob wir
Fremde wären und gerade erst Bekanntschaft
schließen.«
    »Alles klar«, sagt er, und sie ergreift seine Hand. Mehr
als alles andere überrascht es ihn, wie schüchtern sie sich
dabei gibt.
     
    Präsidentin Hardshaw hat fast die ganze Nacht nicht
geschlafen, und als sie in der Frühe ins Büro kommt,
weiß Harris Diem, daß etwas im Gange ist. Er unterbricht
seine Arbeit am Schreibtisch nicht. Das Summen im Kopf ist lauter als
je zuvor, aber letzte Nacht hat er der Versuchung widerstanden, in
den Keller zu gehen. Seine Standhaftigkeit verschafft ihm indes keine
Genugtuung.
    Sie hält sich bereits seit zwanzig Minuten im Oval Office
auf, ohne mit jemandem gesprochen zu haben, als ein leises Klingeln
ertönt. Er nimmt das Handy vom Gürtel und stöpselt es
in den Bildschirm ein, als er registriert, daß der Anruf von
Hardshaw kommt.
    »Ja, Chefin?«
    Sie wirkt etwas derangiert; was, zum Teufel, verheimlicht die
Präsidentin ihm?
    »Kommen Sie gleich zu mir ins Büro, Harris, wir haben
einen Haufen Arbeit zu erledigen.«
    »Ich bringe Kaffee mit«, sagt er und weist seine Leute
an, die übliche Kanne mit den zwei Tassen bereitzustellen. Er
weiß nicht einmal, warum die Präsidentin und er all die
Jahre schon dieses Ritual pflegen, daß er den Kaffee oder das
Frühstück mitbringt, aber irgendwie braucht er das
einfach.
    Dieses gute Gefühl ist indes wie weggeblasen, als Hardshaw
die Tasse nimmt, ihm bedeutet, Platz zu nehmen, und ihm dann
eröffnet: »Ich habe es heute morgen getan, Harris, also hat
es keinen Zweck, daß wir uns streiten. Ich kann und will nicht
die Verantwortung für mehrere Hundert Millionen Tote
übernehmen. Ich habe an die Menschheit gedacht – und ich
habe auch daran gedacht, daß Amerika seinen Platz in der Welt
ausfüllen muß.«
    Ihm wird flau im Magen. Er nimmt einen ordentlichen Schluck
Kaffee. »Dann haben Sie Rivera und die UN also in Kenntnis
gesetzt? Sie kennen die echten Zahlen?«
    »Und sie wissen auch, daß wir auf ihnen hätten
sitzenbleiben können, und sie wissen, daß der
ursprüngliche NOAA-Bericht eine vorsätzliche Falschmeldung
war. Sie wissen alles.«
    Das Summen in seinem Kopf wird nun so laut, daß er sich
fragt, ob es nicht nach außen dringt. Einen Augenblick spielt
er mit dem Gedanken, nach unten in den Keller zu gehen und einen
dieser Clips zu holen… aber er kämpft diese Anwandlung
nieder. »Dann… äh… wenn Sie es schon getan haben,
warum haben Sie mich dann gerufen? Sie hätten doch wissen
müssen, daß ich dagegen gewesen wäre.«
    »Weil ich Sie hier brauche und das Land Sie hier braucht,
wenn Rivera sich meldet. Womit jetzt jede Minute zu rechnen
ist.«
    Wie um ihre Worte zu unterstreichen, klingelt das Telefon; als
Hardshaw den Hörer abnimmt, avisiert der Sekretär:
»Generalsekretär Rivera, Frau Präsidentin.«
    »Stellen Sie ihn durch.«
    Riveras Bild erscheint auf dem Monitor, und er sagt: »Frau
Präsidentin, zunächst muß ich Ihnen zu diesem
meisterlichen Spiel gratulieren und Ihnen danken, daß Sie sich
entschieden haben, nicht gegen uns zu spielen, denn Sie hätten
sicherlich gewonnen.«
    Richtig, denkt Diem.
    Hardshaw nickt. »Dann verstehen Sie wohl alle
Implikationen.«
    »Die verstehe ich nur zu gut. Und ich glaube, daß wir
großes Glück haben. Nicht nur die UN, sondern wir alle.
Sie haben uns nämlich eine wichtige Option geschaffen.«
    Hardshaw wölbt eine Augenbraue. »Ich wüßte
nicht, welche.«
    »Die Option, den Zweiten Globalen Aufstand zu verhindern.
Denn wenn die

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