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Die Mutter der Königin (German Edition)

Die Mutter der Königin (German Edition)

Titel: Die Mutter der Königin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philippa Gregory
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Jahren ahmt sie jede Geste ihrer großen Schwester nach und folgt ihr wie ein anhänglicher Welpe. Richard lacht mich wegen meiner abgöttischen Liebe zu den Kindern aus. Mein Liebling unter ihnen ist Anthony. Er ist jetzt neun, und nie hat man einen gescheiteren Jungen beim selbstvergessenen Lesen in der Bibliothek gesehen. Aber er liest nicht nur, er spielt auch gern mit den Dorfjungen und rennt so schnell wie sie, kämpft so hart wie sie, mit den Fäusten oder im Ringkampf. Sein Vater bringt ihm das Tjosten bei, und er sitzt auf dem Pferd, als sei er im Sattel geboren worden. Das Pferd und er sind eins. Er spielt mit seinen Schwestern Jeu de Paume und ist freundlich genug, sie gewinnen zu lassen, er spielt Schach mit mir und bringt mich zum Grübeln über seine Züge. Und was am süßesten ist: Er lässt sich für den Segen seiner Mutter auf ein Knie nieder, morgens und abends, und wenn ich ihm die Hand auf den Kopf gelegt habe, springt er hoch und lehnt sich ganz leicht an mich wie ein Fohlen, das neben seiner Mutter hertrabt.
    Mary wird dieses Jahr acht. Sie wächst dauernd aus ihren Kleidern heraus und ist ihrem Vater sehr zugetan. Sie folgt ihm überallhin, reitet den ganzen Tag auf ihrem dicken kleinen Pony neben ihm her und merkt sich die Namen der Felder und die Wege zu den Dörfern, damit sie ihm entgegenreiten kann. Er nennt sie seine Prinzessin und schwört, sie mit einem König ohne Reich zu verheiraten, damit er bei uns leben und niemand sie ihm je wegnehmen kann.
    Unser nächstes Kind ist nur ein Jahr jünger: Jacquetta ist zwar nach mir benannt, doch sie ist mir so unähnlich wie möglich. Auch sie ist Richards Tochter durch und durch, sie hat seinen leisen Humor und seine Ruhe. Sie hält sich von den Zwistigkeiten und Streitereien ihrer Geschwister fern, und sie lacht nur, wenn sie sich an sie wenden, damit sie ihnen als Richterin dient – vom Gipfel der Weisheit einer Siebenjährigen. In der Kinderstube sind meine beiden Jungen, John und Richard, sechs und fünf Jahre alt, so unbändig wie Welpen. Und in der polierten Wiege liegt der Säugling, das sanftmütigste Kind von allen: Martha.
    Während Richard die Männer für Calais zusammenruft und ihnen beibringt, wie man mit Lanzen umgeht, wie man einem Angriff standhält, im Angriff marschiert, muss ich mir dauernd sagen, dass dies genau das Richtige ist – ihn mit dem Segen all seiner Kinder loszuschicken. Aber irgendetwas bei dieser Einberufung und Verabschiedung erfüllt mich mit Grauen.
    «Jacquetta, hast du Angst um mich?»
    Ich nicke, fast schäme ich mich zu sehr, um ja zu sagen.
    «Hast du etwas gesehen?», will er wissen.
    «O nein! Dank sei Gott! Nein, das ist es nicht. Ich weiß nichts, gar nichts, nicht mehr, als dass ich Angst um dich habe», versichere ich ihm. «Ich habe nicht mehr versucht, in die Zukunft zu sehen, seit du mir nach Eleanor Cobhams Prozess gesagt hast, ich solle es lassen.»
    Er nimmt meine Hände und küsst sie, erst die eine, dann die andere. «Geliebte, du musst keine Angst um mich haben. Habe ich dir nicht immer gesagt, dass ich zu dir nach Hause zurückkomme?»
    «Ja.»
    «Habe ich dich jemals im Stich gelassen?»
    «Noch nie.»
    «Ich habe dich einmal verloren und mir geschworen, dich nie wieder zu verlieren.»
    «Du hast mich im Mondlicht gefunden.» Ich lächele.
    «Ich hatte Glück», sagt er, immer ein Mann der Erde. «Aber damals habe ich geschworen, dich nie wieder zu verlieren. Du hast nichts zu befürchten.»
    «Nichts», wiederhole ich. «Aber ich sollte dir sagen, dass ich wieder ein Kind erwarte. Im nächsten Sommer wird ein Neugeborenes in der Wiege liegen.»
    «Lieber Gott, ich kann dich nicht verlassen», sagt er sofort. «Das ändert alles. Ich kann dich nicht hier zurücklassen, allein mit den Kindern, mit der Aussicht auf ein weiteres Kindbett.»
    Ich hatte gehofft, er würde sich darüber freuen; ich bin entschlossen, meine Ängste zu verbergen. «Geliebter, ich bin neunmal niedergekommen, ich denke doch, ich weiß jetzt, wie es geht.»
    Er sieht mich sorgenvoll an. «Die Gefahr ist immer da», meint er. «Eine Niederkunft ist beim ersten Mal so gefährlich wie beim letzten. Du hast einen Sohn verloren, und ich dachte, dir bricht das Herz. Außerdem gibt es schlechte Nachrichten aus London. Die Königin wird dich an ihre Seite rufen wollen, und ich sitze in Calais mit Edmund Beaufort fest.»
    «Wenn du überhaupt ankommst.»
    Er sagt nichts mehr, und ich weiß, dass er an die Schiffe denkt

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