Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Mutter der Königin (German Edition)

Die Mutter der Königin (German Edition)

Titel: Die Mutter der Königin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philippa Gregory
Vom Netzwerk:
klar erkennen konnte. Es hätte ihm sicher das Herz gebrochen. Damals habe ich gedacht, dass ich versagt hätte, aber jetzt glaube ich, dass ich ihm so am besten gedient habe.»
    «Aber konntest du die Zukunft sehen?»
    «Manchmal», antworte ich. «Manchmal bekommt man aber auch nur einen flüchtigen Eindruck dessen, was sein könnte – wie bei den Karten oder den Glücksbringern. Manchmal sieht man nur die eigenen Wünsche. Und selten genug kommt es vor, dass man sein Herz in seine eigenen Wünsche legt und sie wahr machen kann. Den Traum einfach wahr machen.»
    «Durch Zauberei?», fragt sie atemlos. Der Gedanke bestrickt sie.
    «Ich weiß es nicht», gebe ich offen zu. «Als ich wusste, dass sich dein Vater in mich verliebt hatte und dass ich ihn liebte, wollte ich, dass er mich heiratet, dass er mich zu seiner Frau macht und mich nach England bringt, aber ich wusste auch, dass er das niemals gewagt hätte. Er dachte, ich stünde weit über ihm und er sei mein Untergang.»
    «Hast du ihn verzaubert?»
    Ich lächele, als ich an die Nacht zurückdenke, in der ich die Glücksbringer hervorgeholt habe und mir bewusst wurde, dass ich nichts anderes brauchte als meine Entschlossenheit. «Einen Zauber und ein Gebet und seine eigenen Wünsche zu kennen ist ein und dasselbe», sage ich. «Wenn du etwas Kostbares verlierst und in die Kirche gehst, vor dem kleinen Glasfenster des heiligen Antonius niederkniest und zu ihm betest, damit er das Gesuchte findet, was tust du dann anderes, als dich an das Verlorene zu erinnern? Was tust du dann anderes, als dir selbst zu zeigen, dass du es haben möchtest? Und was ist das anderes, als es zurückzurufen? Wenn ich bete, erinnere ich mich oft daran, wo ich etwas liegen gelassen habe, und gehe dorthin zurück, um es aufzuheben. Ist das die Antwort auf mein Gebet, oder ist es Zauberei? Oder lasse ich mich selbst vielleicht einfach wissen, was ich will und was ich suche? Das Gebet ist wie ein Zauber, und beides ist dasselbe wie deine Wünsche zu kennen, die dir das Gesuchte bewusst machen.»
    «Ein Zauber würde es zu dir zurückbringen, du müsstest es nicht mehr suchen!»
    «Ich glaube, dass ein Wunsch, ein Gebet und ein Zauber ein und dasselbe sind», wiederhole ich. «Wenn du betest, weißt du, dass du etwas willst. Das ist immer der erste Schritt. Dir bewusst zu machen, dass du etwas willst, dich nach etwas sehnst. Manchmal ist das das Schwerste von allem. Weil du den Mut brauchst zu wissen, was du dir wünschst. Du brauchst Mut, um dir einzugestehen, dass du ohne es unglücklich bist. Und manchmal braucht es Mut zu wissen, dass es deine Torheit war oder dein Fehlverhalten, weswegen du etwas verloren hast. Bevor du einen Zauber aussprichst, um dasjenige zurückzuholen, musst du dich selbst ändern. Das ist eine der grundsätzlichsten Veränderungen überhaupt.»
    «Wie?»
    «Sagen wir, eines Tages, wenn du verheiratet bist, wünschst du dir ein Kind?»
    Sie nickt.
    «Erst musst du die Leere deines Leibes spüren, und zwar in deinem Herzen. Das kann weh tun. Du brauchst den Mut, dich anzusehen und den Verlust, den du spürst, anzuerkennen. Dann musst du dein Leben ändern, um Raum für das Kind zu schaffen. Und dann musst du mit deinem sehnenden Herzen dasitzen und erfahren, dass du vielleicht nicht bekommst, was du dir wünschst; du musst der Gefahr ins Auge sehen, dir etwas zu wünschen – ohne die Erwartung, dass sich dein Wunsch erfüllen lässt.»
    «Aber das ist dir nie zugestoßen», behauptet sie.
    «In meiner ersten Ehe», sage ich leise, «wusste ich, dass mein Gemahl keine Kinder bekommen wollte. Aber ich musste erst spüren, dass ich anders war als er. Ich habe mich nach einem Kind gesehnt, und ich wollte geliebt werden.»
    «Hast du es dir gewünscht?», fragt sie mich. «Hast du ihn verzaubert, damit er sich ändert?»
    «Ich habe nicht versucht, ihn zu ändern, aber ich musste den Kummer kennenlernen, dass ich etwas im Leben vermisste. Ich musste den Mut finden, mir bewusst zu machen, dass ich den falschen Mann geheiratet hatte, denn er hatte mich nicht um meiner selbst willen gewählt und würde mir kein Kind schenken. Erst als ich das wusste, als ich begriffen hatte, dass ich ein ungeliebtes Mädchen war – wenn auch eine verheiratete Frau –, konnte ich mir wünschen, dass mich jemand liebt.»
    «Und dann hast du dir Vater gewünscht.»
    Ich lächele sie an. «Und dich.»
    Sie errötet vor Freude. «Ist das Magie?»
    «In gewisser Weise. Magie ist, wenn wir

Weitere Kostenlose Bücher